Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt
der Kronprinz.«
»Wir sind der Ansicht«, sagte Miller, »dass Sie der neue König werden sollten.«
Abu Jabr sah den Amerikaner mit einem Gefühl des Erstaunens an. Er legte eine respektvolle Haltung an den Tag, ohne Zweifel, aber dennoch ging von seinen Worten eine eigenartige Geschäftsmäßigkeit aus. So, als könne man alles managen , wie die Amerikaner das gerne taten; jedes Problem bewältigen, wenn man es nur mit genügend Tatkraft anging.
Und er … König? Der jüngste, der letzte Sohn Ibn Sauds? Viele der Enkel seines Vaters waren älter als er und kamen für eine Nachfolge eher in Frage.
»Ich war«, sagte er gelassen, »in der Stunde der Not ebenfalls nicht da.«
»Man hat Sie fortgelockt. Ihr Sohn Zayd war der Organisator der Explosion am Hafen von Ras Tanura. Er wusste, wie riskant dieser Plan war, und wollte seine Familie in Sicherheit wissen.«
»Ich habe wenig Erfahrung in diesen Dingen«, sagte Abu Jabr.
»Aber Sie genießen großes Ansehen in der Bevölkerung Eures Landes. Man vertraut Ihnen nach wie vor. Das ist viel wichtiger als Erfahrung«, sagte Miller. »Und Sie sind ein Sohn Ibn Sauds.«
Ja. Aber gezeugt mit einer Sklavin. Daraus einen Anspruch auf den Thron ableiten zu wollen war … kühn.
Abu Jabr nahm eine Dattel, lutschte sie aus und legte den Stein beiseite. »Ich muss darüber nachdenken«, erklärte er.
Miller verneigte sich, seine beiden Begleiter taten es ihm nach. »Das verstehen und respektieren wir, Euer Hoheit. Sie sollten sich allerdings nicht zu lange Zeit lassen mit Ihrer Entscheidung. Die Dinge entwickeln sich nicht zum Besseren.«
Der mit den hellen Augen fügte hinzu: »Die dringlichste Maßnahme wäre, dass eine legitime saudische Regierung – Ihr zum Beispiel – die Sperrung der Auslandskonten veranlasst, ehe die Flüchtigen diese leergeräumt haben.«
Abu Jabr sah den Mann an und nickte. Er begriff, wie das laufen sollte. Er würde König sein, aber seine amerikanischen Berater würden ihm sagen, welche Entscheidungen er zu treffen hatte.
»Ich werde darüber nachdenken«, beschied er seine Besucher und erhob sich. »Morgen um diese Zeit werde ich Sie meine Entscheidung wissen lassen.«
In einer Fernsehansprache kündigte der amerikanische Präsident an, die allgemeine Wehrpflicht wieder einzuführen. Er begründete diese Entscheidung sehr ausführlich. Die Herausforderungen der Gegenwart und die besondere Rolle der Vereinigten Staaten von Amerika darin erforderten, alle Reserven zu mobilisieren, um sie zu bewältigen. Die Wehrpflichtigen würden insbesondere bei Notlagen im eigenen Land eingesetzt werden, wenn es darum ginge, Recht und Ordnung aufrechtzuerhalten, den Schwachen und Notleidenden zu helfen und bedrohtes Eigentum zu schützen.
Kritiker deuteten diese Entscheidung anders. Die USA , sagten sie, machten sich bereit, um jeden verbliebenen Tropfen Öl zu kämpfen.
Kapitel 43
K rieg ums Öl zwischen US A und Russland?, titelte ein Boulevardblatt und illustrierte das Ganze mit einem Foto brennender kuwaitischer Ölfelder aus dem letzten Golfkrieg, in das ein B 2 -Bomber einmontiert war.
Der Ton der diplomatischen Noten nahm täglich an Schärfe zu. Die Amerikaner pochten auf Verträge, die Russen auf … nun ja, so genau verstand niemand, worauf eigentlich. Sie schienen auf alle Fälle zu dem Entschluss gekommen zu sein, das Öl am Kaspischen Meer lieber selber behalten zu wollen.
Ein in der Ölindustrie angesehener Berater erklärte, das Vorkommen sei ohnehin kaum zu realisieren. Es handle sich nur um ein kleines Ölfeld, dessen Erschließung außerdem den Bau einer Pipeline erforderlich mache – kurzum, es rechne sich nicht. Doch auch diese klare Feststellung änderte nichts an den Gewittern in den hohen Schichten der weltpolitischen Atmosphäre.
In dieser Situation sackte auf einmal der Druck in der Gasleitung ab, die aus Russland gen Westen und schließlich nach Deutschland führte. Die mit russischem Gas betriebenen Kraftwerke fielen aus, die Stromnetze brachen reihenweise zusammen. Ein Drittel Deutschlands war für mehrere Stunden völlig ohne Strom. Insgesamt dauerte es fast einen halben Tag, bis dank massiver Stromimporte aus Frankreich alles wieder lief, wie es sollte.
»Ein bedauerlicher Fehler auf unserer Seite«, versicherte ein zerknirscht wirkender Sprecher von Gazprom , dem russischen Energiekonzern. Eine Gasquelle sei versiegt, und der zuständige Techniker habe wegen einer Reparatur von Messeinrichtungen versäumt,
Weitere Kostenlose Bücher