Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt
illegal im Land bin und irgendjemand noch jede Menge Geld schulde.«
»Du bist verrückt.«
»Wahrscheinlich.« Am liebsten hätte er sie umarmt. Aber sie hatte seit ihrem Wiedersehen noch keine Berührung von ihm geduldet. Auch jetzt saß sie für sich, am anderen Ende der Couch, ein aufgeblähtes Muttertier und zugleich schöner denn je. »Ich finde schon einen Weg«, fügte er hinzu.
Sie nickte. »Ja, bestimmt. Hierher hast du ja auch gefunden. Und auch das, was du gesucht hast.«
Was habe ich denn eigentlich gesucht?, fragte sich Markus. »Ja«, sagte er. »Kaum zu glauben.«
Sie zog ein Kissen neben sich. »Willst du eigentlich morgen wieder gehen? Ich kann Xiao anrufen, dass er dich ein Stück fährt. Wenn du willst.«
Okay. Sie wollte ihn los sein. Das war hart, aber wahrscheinlich musste er das akzeptieren.
»Ich dachte eigentlich …«
»Was?«
»Na ja. Wenn es sowieso jeden Moment so weit ist, dann könnte ich unser Kind doch wenigstens noch sehen. Begrüßen.«
Amy-Lee schüttelte den Kopf. »Das halte ich für keine gute Idee.«
»Ich finde, das ist das Mindeste.«
»Das will ich aber nicht.«
»Wieso denn nicht?«
»Weil das bloß irgendwelche Gefühle aufwirbelt, und wer weiß, was man dann Dummes tut.« Schmerz war in ihrer Stimme zu hören.
Markus sah hinaus, folgte einem silbern schimmernden Vogelschwarm mit seinem Blick. »Das hier wirbelt sowieso Gefühle auf. Selbst wenn wir bloß hier sitzen.«
»Vergiss es.«
Er schüttelte den Kopf. »Nein. Das vergesse ich nie. So wenig, wie ich dich aus meinem Kopf gekriegt habe.«
»Hör auf«, sagte sie scharf.
»Ich möchte nicht, dass es aufhört. Willst du wissen, was ich möchte? Ich möchte hier neben dir sitzen, bis wir beide alt und grau sind. Das möchte ich.«
Amy-Lee drehte den Kopf weg, lachte humorlos auf. »Männer. Du siehst bloß meinen dicken Bauch, und das schüttet Hormone bei dir aus, das ist alles.«
»Ich sehe dich . Und ich kann nicht begreifen, dass ich es damals fertiggebracht habe zu gehen.«
»Du hattest Recht damit. Ich war eine dumme Nuss. Ein Flittchen, das auch noch stolz darauf war, wenn ihm alle Männer im Raum in den Ausschnitt gestarrt haben.«
Die Erinnerung, mit welcher Leichtfertigkeit er damals, an jenem Tag in New York, die Weichen seines Lebens gestellt hatte, verschlug Markus den Atem. »Es wäre alles anders gekommen, wenn ich nicht gegangen wäre …«, flüsterte er. Dann fiel ihm ein, was noch daran gehangen hatte. Was vielleicht sogar eine Rolle gespielt hatte. »Ich hätte Block an deinen Vater verraten müssen.«
Amy-Lee nickte langsam. »Ja. Block. Die verdammte Methode.«
Ein paar Sekunden lang war es ganz still. Irgendwo hörte man ein sanftes Knacken, wie von Holz, das sich ausdehnt.
Dann hörte Markus sie sagen: »Mein Vater hat verlangt, dass ich das Kind abtreibe.«
Es durchfloss ihn kalt. »Was?«
»Er hat gesagt, es würde …« Sie schüttelte den Kopf, Tränen in den Augen. »Ach was. Das wiederhole ich jetzt nicht.«
Markus streckte die Hand aus, berührte ihre Schulter, aber sie entzog sich ihm.
»Und dann?«, fragte er.
Sie hob die Achseln. »Das war der Bruch. Es gab nicht mal einen großen Streit. Ich bin einfach gegangen, nach Seattle, wo ich Freunde hatte. Bernice zum Beispiel. Später haben Dad und ich uns darauf geeinigt, dass er mir einen Teil seines Vermögens überschreibt und ich dafür den Kontakt mit ihm halte. Daraufhin bin ich hierhergezogen.« Sie holte zitternd Luft. »Vielleicht wird es besser werden, wenn das Kind da ist. Wenn ich sehe, dass er es akzeptiert. Aber wie früher wird es nie wieder sein … Wozu auch? Wenn ich heute daran zurückdenke, fasse ich es nicht, wie dumm ich war. Was ich mir angetan habe. Und dabei habe ich mich für so klug gehalten. Die Frau, die weiß, wie man das Leben anpackt. Unfug. Aber das habe ich erst begriffen, als ich das Kind zum ersten Mal in mir gespürt habe. Das hat alles verändert.«
Markus betrachtete den runden roten Webteppich, das vage Muster darin, und spürte, dass er es jetzt sagen musste, weil er es sonst nie sagen würde.
»Amy-Lee, ich würde gern bei dir bleiben. Oder dich mitnehmen. Was auch immer, Hauptsache, mit dir zusammen –«
Sie schüttelte den Kopf, mit zusammengepressten Lippen. »Nein. Das würde nicht gut gehen.«
»Aber wieso denn nicht?«
Sie umfasste ihren Leib, atmete tief und langsam und sagte leise, wie eine Beschwörung: »Weil du nie vergessen wirst, dass ich dir nur
Weitere Kostenlose Bücher