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Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt

Titel: Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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mitgezählt.
    Murray reichte ihm das Blatt mit der Stundenabrechnung, die aus dem Anmeldesystem stammte. »Es reicht gerade. Sie können die nächsten zwei Wochen freinehmen, und dann brauchen Sie nur noch zu packen.«
    Erst an dem Tag, an dem Taggard aus dem Marriott-Hotel in die Wohnanlage »Twelve Palms« umzog, fand er heraus, was der rätselhafte kleine goldene Pfeil an seiner Zimmerdecke zu bedeuten hatte: Er zeigte die Richtung nach Mekka an. In einem der Schränke lag, achtsam zusammengefaltet, ein Gebetsteppich. Die aktuell gültigen Gebetszeiten waren jeweils in großen goldenen Lettern auf einer Tafel an der Rezeption vermerkt; da sich jedoch zum größten Teil ungläubige Ausländer im Hotel aufhielten, verzichtete man darauf, sie über das Lautsprechersystem durchzusagen.
    »Twelve Palms« also. Die Wohnanlage bestand aus rund zweihundert modernen, geradezu luxuriösen Villen, etwa sechs Meilen vom Stadtzentrum entfernt, in westlicher Richtung gelegen und von einer Mauer umgeben. Die Mauer war neu; Anschläge auf Ausländer waren der Grund gewesen, sie zu errichten und noch ein paar bewaffnete Sicherheitsleute davorzustellen.
    In der Hauptsache wohnten hier Libyer, Ägypter und Syrer, aber auch einige Franzosen und Briten. Die Araber redeten nicht mit ihm, die Europäer dagegen konnten es kaum erwarten, ihm zu erklären, wie langweilig das Leben in Riyadh sei. »Kein Theater, kein Kino, keine Konzerte«, zählte ihm ein Engländer auf, der bei einer Bank arbeitete. »Alles verboten. Der einzige Vorteil ist, dass man einkaufen kann, ohne von Musik bedudelt zu werden.«
    Er solle nicht allein in die Stadt gehen, hatte ihn Myers gewarnt, ebenfalls mit dem Hinweis, dass immer wieder Attentate auf Ausländer verübt würden, vorzugsweise auf Amerikaner. Taggard ging trotzdem und verzichtete einfach darauf, Myers davon in Kenntnis zu setzen.
    Das Seltsame war, dass der Feind, das verhasste Amerika, trotz der arabischen Schrift und der fremden Trachten überall gegenwärtig war. Die jungen Leute trugen amerikanische Jeans, amerikanische Turnschuhe, amerikanische T -Shirts. An jeder Ecke fand sich ein anderer amerikanischer Fast-Food-Laden – McDonald’s, Pizza Hut, Kentucky Fried Chicken, Burger King und so weiter, alle waren sie vertreten. Und es war nicht zu übersehen, dass sie sich, wie überall auf der Welt, bei Kindern und Jugendlichen begeisterten Zuspruchs erfreuten.
    Als er die zweite Filiale unter dem großen goldenen M fand, ging er neugierig hinein, stellte sich mit in die Schlange, bestellte das Big-Mac-Menü. Es kostete fünfzehn Rial, und während er es verzehrte, rechnete er um, dass das ungefähr vier Dollar entsprach. Stolzer Preis, fand er, biss ab und beobachtete das Treiben. Etliche verschleierte Frauen kamen mit ihren Kindern, die voll heftiger Begehrlichkeit um die bunten Plastikfiguren verhandelten, die es zu manchen Menüs gab. Anschließend trugen sie ihre Tabletts in die abgegrenzten Familiensektionen. Taggard fragte sich, wie die Frauen überhaupt aßen: Hoben sie für jede Fritte ihren Schleier? Und was machten sie mit den Cheeseburgern? Es war unmöglich, das herauszufinden, denn die Familiensektionen waren natürlich vor Einblicken geschützt.
    Immer wieder durchstreifte Taggard die Stadt, beobachtete, suchte, ohne dass er hätte sagen können, was. Manchmal wurde ihm schlecht von der Hitze; dann nahm er ein Taxi zurück zu den »Twelve Palms«, legte sich in seiner klimatisierten Wohnung aufs Bett und sagte sich, dass er kein junger Mann mehr war und zu alt für solche Abenteuer. Doch bei nächster Gelegenheit zog er wieder los, hielt sich im Schatten, hatte trotzdem bald wieder das Hemd am Leib kleben und einen Sonnenbrand auf der Nase und auf dem Schädel, wo zu wenig Haare wuchsen, um vor der Sonne zu schützen, und zu viele, als dass er hätte Sonnenschutzmittel auftragen können.
    Er stieß auf Koranschulen und sah, wie die jungen Männer, die herauskamen, ihm finstere Blicke zuwarfen. Vor einer stellte er sich auf, einen Stadtplan in der Hand, mimte den Touristen und fragte auf Englisch nach dem Dirah Souk , dem berühmten Antiquitätenmarkt. Er wusste, dass dieser gleich um die Ecke lag, und zweifelsohne wussten es auch die Männer, die er fragte, doch sie schüttelten den Kopf und sagten: » No. We do not know. « Er bedankte sich, wie ein Tourist es getan hätte, versenkte sich wieder in das Studium seines Stadtplans und hörte, wie sie untereinander über ihn

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