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Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt

Titel: Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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nichts.
    »Nigeria … Ich erinnere mich, dass das mal durch die Nachrichten ging. Irgendwas Politisches. Muss lange her sein, über zehn Jahre. Noch in meiner Schulzeit.« Ja, jetzt fiel es ihm wieder ein. Henner hatte er geheißen, der schlaksige Typ aus der Parallelklasse. »Ein Schulkamerad hat immer Flugblätter von Amnesty International verteilt. Da ging es um Nigeria. Irgendein Regimekritiker sollte hingerichtet werden, und dagegen gab es Proteste.«
    Block schaute hinaus aufs Wasser. »Ken Saro-Wiwa. Er war ein Schriftsteller.«
    Henner war kurz darauf mit der vollbusigen Blonden aus der Klasse darunter gegangen, genau. Vera oder Verena; hinter der waren alle her gewesen. »Ehrlich gesagt, hat mich Politik noch nie sonderlich interessiert«, erklärte Markus. »All die Leute, die an die Macht wollen. Ist mir schon zu kompliziert, mir nur die ganzen Namen zu merken.«
    Block gab einen unwilligen Brummlaut von sich. »Politik ist nicht kompliziert. Das kommt Ihnen nur so vor, wenn Sie von der falschen Seite draufgucken. Wenn Sie den richtigen Blickwinkel einnehmen, wird alles so einfach wie das kleine Einmaleins.«
    Markus warf ihm einen Seitenblick zu, kurz nur, denn der Verkehr erlaubte nicht mehr. »Und was ist der richtige Blickwinkel?«
    »Öl«, sagte Block.
    Markus bemühte sich, nicht zu seufzen. Irgendwie war klar gewesen, dass so etwas kommen würde. »Ist das nicht ein bisschen … Einseitig? Ich meine, okay, Öl spielt sicherlich eine gewisse Rolle in der Politik, aber …«
    »Ich sag Ihnen mal ein Beispiel, dann können Sie das selber beurteilen.« Block sah einen Moment nachdenklich aus dem Fenster auf die vorbeihuschende Landschaft von Wisconsin. »Dieses schöne Land hier zum Beispiel. Mit seinen weisen, klugen, großartigen Präsidenten. Sagt Ihnen der Name Ronald Reagan noch etwas?«
    »Der an Alzheimer gestorben ist? Klar. Vierzigster Präsident der USA , von 1980 bis 1988 . Hat mit seiner Politik wesentlich zum Zerfall der Sowjetunion beigetragen.«
    »Halten Sie ihn für einen der großen Präsidenten?«
    Markus kaute eine Weile nach der Antwort. »Hmm. Jedenfalls kein unwichtiger, oder? Soweit ich weiß, hat er die USA damals mit seiner Politik der Steuersenkungen und des freien Marktes aus der Rezession geholt. Und mit dem Geld hat er die Sowjets in einen Rüstungswettlauf getrieben, an dem sie kaputtgegangen sind.«
    »Wussten Sie, dass es allen Ernstes eine Initiative gibt, seinen Kopf neben die anderen vier Gesichter in den Mount Rushmore zu meißeln?«
    Markus sah kurz zu ihm hinüber. »Das ist jetzt ein Witz, oder?«
    »Mit so etwas mache ich keine Witze, das dürfen Sie mir glauben.«
    »Warum nicht gleich heiligsprechen?«
    »Wahrscheinlich gibt es auch welche, die das anstreben, aber soweit ich weiß, war Reagan Protestant. Wie auch immer, jetzt erzähle ich Ihnen mal, wie seine Regierungszeit aus der Ölperspektive aussieht.« Block verschränkte die Arme. »Heute weiß man, dass die Sowjetunion schon dicht vor dem Kollaps stand, als Reagan an die Macht kam. Die sowjetische Regierung war damals mehr als je zuvor auf harte Währung angewiesen, deshalb haben sie Öl produziert und verkauft, so viel sie nur konnten. Das hat auch funktioniert, erst recht, nachdem 1978 der Schah von Persien stürzte, Ayatollah Khomeini an die Macht kam und die Islamische Republik Iran den Ölexport einstellte. Im Jahr 1981 , zu Beginn von Reagans Präsidentschaft, kostete der Barrel Rohöl über siebzig Dollar, umgerechnet in heutige Kaufkraft. Die Sowjetunion profitierte davon, in den USA herrschte Krisenstimmung. Aber inzwischen lief die Ölförderung aus der Nordsee, wo man nach der Ölkrise 1973 zu bohren begonnen hatte, auf vollen Touren. Bei dem Preis war sie sogar rentabel. Es war auch rentabel, Vorkommen in Alaska und im Golf von Mexiko zu erschließen. Und zu allem Überfluss brauchten damals auch Länder wie Nigeria und Venezuela, eigentlich OPEC -Mitglieder, derart dringend Geld, dass sie beschlossen, die vereinbarten Förderquoten zu ignorieren. Was war die Folge? Ungefähr in der Mitte von Reagans Amtszeit brach der Ölmarkt in sich zusammen, und der Ölpreis begann eine Talfahrt, die über fünfzehn Jahre lang dauern sollte. Die Sowjetunion, für die der Ölexport eine der Haupteinnahmequellen gewesen war, geriet in wirtschaftliche Schwierigkeiten – der Anfang vom Ende. Aus Sicht der USA dagegen hieß das, dass Energie auf einmal wieder billig war, Transporte in alle Welt kosteten

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