Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt
sie ebenfalls schlief, war durch den Schleier hindurch nicht zu erkennen. Abu Jabr ließ sich vom Steward die aktuelle Ausgabe der Al Riyadh bringen. Der König tagte in einer wichtigen Angelegenheit mit einigen Beratern der Shura , hieß es, doch kein Wort, worum es ging. Nun, vielleicht würde Zayd irgendwann davon erzählen.
In Heathrow gingen sie von Bord, Mandhur schlaftrunken an der Hand seiner Mutter. Der Flug war pünktlich gewesen, und alles schien glattzulaufen. Doch als sie den Transitbereich betraten, fasste Wasimah sich an den Kopf, nahm ihren Schleier ab und stopfte ihn in ihre schwarze Umhängetasche.
Das war es also, was Zayd gemeint hatte.
»Würdest du mir erklären, was du da machst?«, fragte Abu Jabr ruhig.
»Das seht Ihr doch.« Sie schüttelte ihr Haar aus, sodass es ihr frei auf die Schultern fiel. »Ich nehme den Schleier ab.«
»Das sehe ich. Meine Frage zielte darauf ab, zu erkunden, was dich dazu verleitet.«
»Wir sind nicht mehr auf saudischem Territorium. Ich passe mich den hiesigen Gebräuchen an.«
Er sah sie an. Es war ihm nicht klar gewesen, wie schön seine Schwiegertochter war, stolz und schön mit ihren grünen, funkelnden Augen, ihrer geraden Nase und ihrem glänzenden, vollen Haar. Sie war die Tochter eines syrischen Diplomaten und viel in der Welt herumgekommen; zweifellos kannte sie sich mit den Gebräuchen allerorten besser aus als er. Dennoch: So ging das nicht.
»Wasimah, dein Ehemann wünscht, dass du dich kleidest wie eine gottesfürchtige Muslima.«
Sie sah ihn mit zornblitzendem Blick an. »Nirgends im Koran steht, dass eine Frau sich verschleiern muss. Nicht ein Wort. Ich habe ihn gelesen. Ach was, ich kann ihn auswendig . Im Gegensatz zu meinem Ehemann übrigens, falls es Euch interessiert. Der Schleier«, zischte sie, »ist nichts weiter als eine saudische Sitte . Und wenn Ihr meine Meinung hören wollt: eine Un sitte.«
Die Wucht ihres Aufbegehrens, die schockierende Ungehörigkeit des Verhaltens, das sie an den Tag legte, traf Abu Jabr beinahe wie ein körperlicher Schlag. Er musste mehrmals tief durchatmen, um seine Haltung zu bewahren.
»Sag mir eines, Wasimah«, bat er schließlich mit verhaltener Stimme, »kanntest du die Sitten in Saudi-Arabien, ehe du Zayd geheiratet hast?«
Er entließ sie nicht aus seinem Blick, ehe sie antwortete.
»Ja.«
»Und bist du in irgendeiner Weise zu dieser Heirat gezwungen worden?«
Sie zögerte. Ihr Blick wanderte wie der eines gefangenen Tiers, das einen Ausweg sucht. »Nein«, gestand sie schließlich.
Er nickte ruhig. »Gut. Nun, der Mann, den du geheiratet hast, möchte, dass du ihm keine Schande machst. Entscheide bitte, wie du das tun willst.«
Wasimah musterte ihn misstrauisch, ohne etwas zu sagen. Hatte sie erwartet, dass er sie zwingen würde?
Er winkte Jalilah herbei, eine der Dienerinnen.
»Herr?«, hauchte sie. Ihre Augen über dem Schleier wirkten erschrocken angesichts der Auseinandersetzung.
Abu Jabr deutete auf ein Geschäft, das im Transitbereich Krawatten, Tücher und dergleichen feilbot. »Geh mit Wasimah«, gebot er ihr, »falls sie beschließen sollte, dort drüben ein Kopftuch zu kaufen.«
Vergangenheit
K eith! Ja, genau. Warum war ihm das nicht schon eher eingefallen? Wenn einer helfen konnte, wenn es jetzt noch einen Weg gab, am Ball zu bleiben, dann … Markus sah rasch auf die Uhr. Fast zehn. Da konnte auch ein Keith Pepper schon am Platz sein. Er wählte die Nummer, und bingo, er war da.
Und jetzt locker bleiben.
»Ich bin’s, oh alles wissender Meister der Informationen, Dompteur aller relevanten Daten. Mark. Und ich brauche eine Auskunft.«
Keith schien glänzender Laune und sich über den Anruf zu freuen.
»Sieh an, der Zwangsurlauber hat Sehnsucht nach der Firma. Wo treibst du dich denn gerade herum?«
»In New York. Ich muss unbedingt mit Rowe sprechen, aber es heißt, er sei nicht da. Weißt du, wo er sich herumtreibt?«
»Geht es um die Sache mit Murray?«
Markus wiegte den Kopf. »Im weitesten Sinne, ja. Aber die Geschichte ist zu lang fürs Telefon, die erzähl ich dir ein andermal.« Ein beunruhigender Gedanke kam ihm. »Würde man es erfahren, wenn Rowe krank wäre?«
» Man vielleicht nicht, ich aber schon«, erklärte Keith selbstbewusst. »Ich habe sozusagen Buschtrommel-Direktanschluss. Aber keine Sorge, ich schätze, Rowe ist schlicht und einfach zu Hause. Vielleicht denkt er über neue Geschäftsstrategien nach, wer weiß? Vielleicht ruht er sich aber
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