Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt
investieren, sondern tatsächlich ein neues Unternehmen gründen musste.
Mit anderen Worten: Wenn er auf Dauer in den US A leben wollte, konnte Block Explorations tatsächlich nur eine Etappe auf seinem Weg sein.
Bei einem der Gespräche, die sie nachts führten, nackt zwischen den zerwühlten Laken, fragte Amy-Lee: »Und du weißt gar nicht, wie dein Partner das macht, Öl zu finden?«
Markus schüttelte den Kopf. »Er ist eigen. Er hat versprochen, dass er es mir erklären wird. Aber ehrlich gesagt, muss ich das erst erleben, ehe ich es glaube.«
»Beunruhigt dich das nicht?« Sie legte ihren Kopf auf seine Brust, fuhr gedankenverloren mit dem Finger über seine Brustwarze.
»Beunruhigt es mich?« Er lauschte auf das Geräusch des Verkehrs, der nachts zwar leise war, aber trotzdem intensiv, immer da, nie nachlassend. »Nein. Ich hatte von Anfang an vor, ein Unternehmen zu gründen, mit OPI und OPM . Und genau das habe ich geschafft. Das sagt mir, dass ich schon ganz richtig liege.«
»Was heißt das – OPI , OPM ?«
» Other people’s ideas und other people’s money .« Verrückt, wenn er darüber nachdachte. Von Block kam die Methode, von PPP das Kapital – und ihm gehörte trotzdem ein Viertel der Firma! O Wunder des Kapitalismus! »Bloß die Einwanderungsbehörde spielt jetzt nicht so mit wie gedacht. Egal. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis ich eine Million zusammenhabe, und dann gründe ich eben ein anderes Unternehmen damit. Sag mal, was machst du da eigentlich?«
Sie hörte nicht auf, seine Brustwarze zu bearbeiten. »Hängst du denn nicht an Block Explorations ?«, fragte sie und tat, als merke sie nicht, was sie an anderen Stellen seines Körpers damit Aufregendes bewirkte.
Also zeigte er es ihr.
In der nächsten Ruhepause sagte er dann: »Ich bin Vice President . Mit anderen Worten, es geht noch eine Stufe höher. Ich hab’s also noch nicht ganz geschafft, nicht wahr?«
Gegenwart
B eim Nachhausekommen fand Dorothea eine Nachricht von Werner auf dem Anrufbeantworter vor, dass er später käme und sie nicht mit dem Essen auf ihn warten sollten. Er klang angestrengt. Sie aß mit Julian, der in einem fort redete, von irgendeinem Fußballspiel des Vf B Stuttgart, das heute Abend im Fernsehen kam. »Papa hat erlaubt, dass ich es anschauen darf!«, erklärte er immer wieder, obwohl sie ihm jedes Mal versicherte, sie hätte nichts dagegen. Er erläuterte ihr auch die Feinheiten der Mannschaftsaufstellung und rechnete ihr die daraus folgenden Chancen vor, aber dabei konnte sie ihm beim besten Willen nicht folgen. Dafür spendierte sie ihm eine Tüte Chips, mit der Julian sich, als es Zeit war, glücklich ins Wohnzimmer verzog.
Sie deckte den Tisch für Werner, während sie über Markus und seine eigentümliche Bitte nachdachte. Sie würde abwarten müssen, bis Werner in der Stimmung dafür war, ihr zu helfen.
Er kam kurz nach neun und wie von einer düsteren Wolke umhüllt. Er wirkte geistig abwesend, während er sie küsste, seinen Mantel auszog, ihr in die Küche folgte und dann, was er noch nie getan hatte, ein Glas aus dem Schrank nahm, am Wasserhahn füllte und in einem Zug austrank.
»Du warst heute bei deinem Bruder?«
»Ja«, sagte Dorothea.
»Und? Wie geht’s ihm?«
»Gut. Er hat noch diese Narbe, aber sie soll in den kommenden Tagen operiert werden.«
»Schön«, meinte Werner und wirkte, als hätte er kein Wort verstanden.
Sie fasste ihn am Arm. »Werner? Was ist denn mit dir?«
Er sah sie an, mit Augen, in denen Entsetzen schimmerte, stellte das Glas behutsam beiseite und sagte leise, fast flüsternd: »Siegmund ist tot.«
»Was?«
»Herzinfarkt. Heute Mittag, in Dhubai. Sein Flug wird aufgerufen, alle stehen auf, bloß er bleibt sitzen. Untermeyer war mit ihm unterwegs, hat neben ihm gesessen. Der war fertig, ich sag’s dir.« Langsam begann er, den Kopf hin und her zu drehen, fast so, als geschähe es gegen seinen Willen. »Einfach so. Tot, von einem Moment zum anderen. Und er war ein Jahr jünger als ich.«
Ein rundes, etwas aufgedunsen wirkendes Gesicht tauchte aus Dorotheas Erinnerung auf. Sie hatte Siegmund nur ein einziges Mal gesehen, an jenem Abend, als er und seine Frau zu Gast gewesen waren. Man hatte einander einen Gegenbesuch versprochen, aber dazu war es nie gekommen – die Termine, die Verpflichtungen, der Stress.
Und sie erinnerte sich an noch etwas. »Sein Knie hat damals die ganze Zeit gewippt. Hast du das bemerkt? Er stand wie unter Strom.«
Werner
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