Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt
begann, unruhig in der Küche auf und ab zu tigern. »Na klar. Für seine Verhältnisse war er damals die Ruhe selbst. Du hättest ihn mal in der Kantine sehen sollen.«
»Aber das ist ungesund. Er hätte auf seine Frau hören sollen.«
»Na klar. Aber was soll man denn machen, wenn es der Job verlangt?«, stieß Werner hervor. Er blieb keuchend stehen. »Das blüht mir demnächst auch, so ein Reiseleben, wenn die das Entwicklungsprojekt mit Brasilien tatsächlich aufsetzen. Womöglich noch schlimmer. Weißt du, wie lange man nach Südamerika fliegt? Der Horror.«
Dorothea schluckte. Endlich machte er sich auch die Sorgen, die sie plagten, seit von diesem Projekt die Rede war. »Setz dich doch«, sagte sie. »Iss erst mal was.«
»Ich kann jetzt nichts essen.«
»Steht das mit Brasilien denn schon fest?«
»Nein, aber …« Er verstummte, sah sie an. Sie nahm ihn in die Arme, und so standen sie dann erst einmal.
Bis Julian hereingeschlappt kam, die Cola aus dem Kühlschrank holte und sich in aller Gemütsruhe – er hatte nur einen desinteressierten Seitenblick für sie beide übrig – sein Glas randvoll schenkte. Er schien alle Zeit der Welt zu haben; ganz im Gegensatz zu seinem an Fußballabenden ansonsten üblichen Verhalten, das eher dem eines Düsenjägers im Tiefflug glich.
Dorothea räusperte sich. »Hast du nicht Angst, dass du ein Tor verpasst oder so etwas?«
»Nee«, maulte er. »Da kommen bloß so blöde Nachrichten.«
»Die sind bestimmt gleich vorbei.«
»Sie haben gesagt, alle nachfolgenden Sendungen verschieben sich um eine halbe Stunde.« Julian begutachtete sein Glas und kam zu dem Schluss, dass es intransportabel war, solange er nicht etwas davon abtrank. »Und in den anderen Sendern kommt genau das Gleiche.«
Dorothea, die Werner immer noch umarmt hielt, merkte, wie er sich wieder anspannte. Sie ließ ihn los, selber beunruhigt. »Was sind denn das für Nachrichten?«
»Irgendwas mit Arabien.«
Sie wechselte einen Blick mit Werner, dann eilten sie beide ins Wohnzimmer. Auf dem Bildschirm redete, von Blitzlichtern umzuckt, ein alter Mann in arabischer Kleidung vor einem Wald von Mikrofonen.
»… Lage ist unter Kontrolle«, sprach eine Stimme im zögernden Duktus einer Simultanübersetzung über das Bild, »die Feuerwehr hat die Brände erstickt … bis auf einen, der aber … demnächst ebenfalls gelöscht sein wird und … keine Gefahr mehr darstellt; man hat die Situation unter Kontrolle … Das Militär schützt, ähm, mögliche weitere Ziele vor Angriffen … Und man wird noch in dieser Nacht – der saudische Innenminister betont das – noch in dieser Nacht mit den Reparaturarbeiten beginnen.«
Das Bild wechselte in ein Studio, wie es für solche Sondersendungen üblich war. Hinter dem Pult raschelte ein Sprecher mit Unterlagen. Ein Studiogast saß steif da und wartete. Explosion in den saudischen Ölhäfen war, so stand es auf einem Monitor zu lesen, das Thema.
»So weit also der, ähm, saudische Innenminister«, sagte der Sprecher, als er bemerkte, dass er wieder auf Sendung war. Er wandte sich an seinen Gast. »Professor Schulz, Sie sind Experte für Fragen der Ölversorgung. Was bedeutet der Ausfall der Häfen? Stehen wir vor einer Ölkrise?«
Der Angesprochene lächelte nachsichtig. »Nein. Saudi-Arabien ist zwar der größte, aber nicht der einzige Erdölproduzent. Europa bezieht nur etwa zwanzig Prozent seines Bedarfs aus Saudi-Arabien, die USA sogar nur acht Prozent. Und das Öl ist ja da, wie gesagt, es geht nur darum, dass man es im Augenblick nicht in die Tankschiffe umladen kann. Was ich mir allerdings vorstellen kann, ist, dass die Märkte reagieren. Saudi-Arabien hatte bis jetzt die Rolle des so genannten swing producers inne, die das Land bis zur Reparatur der Häfen nicht mehr ausüben können wird. Das bedeutet –«
»Was heißt das, swing producer ?«
»Das heißt einfach, dass Saudi-Arabien seine Produktion in dem Maße steigert oder drosselt, wie Öl nachgefragt wird. Die anderen Erdöl fördernden Länder produzieren so viel, wie sie können, die Saudis dagegen immer nur das, was darüber hinaus nötig ist. Das heißt im Grunde, dass sie den Ölpreis bestimmt haben.«
Der Moderator machte große Augen; offensichtlich hatte er davon noch nie gehört. »Ähm … eine ganz schöne Machtposition, oder?«
Der als Professor angesprochene Studiogast rückte seine Brille zurecht. »Ja, wobei man sagen muss, dass sie das im Grunde nie ausgenutzt haben. Sie
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