Ausgebrannt - Eschbach, A: Ausgebrannt - Ausgebrannt
Anfang. Markus löste die Wohnung in Paradise Valley auf und mietete ein kleines Apartment in Brooklyn, das im Grunde nur aus einem heruntergekommenen Zimmer mit Dusche, Toilette und Kochnische bestand, aber trotzdem sündhaft teuer war. Doch egal, es war nur eine vorübergehende Bleibe; er würde sich natürlich etwas richtig Luxuriöses zulegen, sobald das richtig große Geld floss. Außerdem verbrachte er sowieso fast jede Nacht bei Amy-Lee, holte mehr als ein halbes Jahr ohne Sex nach und häufte ein massives Schlafdefizit an. Doch was sein musste, musste sein, und wozu gab es Kaffee und dergleichen? Er trank viele Tassen starken Kaffees frühmorgens in Amy-Lees herrlicher Dreizimmerwohnung an der Upper Eastside, von der aus man die Sonne über dem Atlantik aufgehen und Queens in flüssiges Gold tauchen sah.
Block dagegen zog es vor, weiter im Hotel zu wohnen. Die Anwälte waren damit sehr zufrieden, denn das, so erklärten sie, mindere die Gefahr, dass es zu Problemen mit der amerikanischen Einwanderungsbehörde INS bezüglich ihres unzureichenden Visa-Status komme. Dass Block im Hotel wohne, dokumentiere seine »Rückkehrabsicht«, und das machte anscheinend alles leichter.
Markus war das egal. Er weigerte sich, Rückkehrabsichten zu demonstrieren, nicht einmal zum Schein. Er hatte nicht die Absicht, zurückzukehren, und basta.
Jetzt ging alles Schlag auf Schlag. Ein Büro wurde angemietet, die ersten Leute eingestellt – Sekretärinnen und Buchhalter, die sofort begannen, die Firma zu organisieren, ferner Geologen und Bohrtechniker, die ihre Arbeit erst einige Zeit später aufnehmen würden. Auslöser und Dirigent dieses Wirbelsturms war der von PPP kommende dritte Geschäftsführer, ein hochgewachsener, etwas pausbäckiger Mann Ende dreißig, der den klangvollen Namen James Whitney Thurber jr. III trug. Er hatte langes, welliges Haar und wirkte auf den ersten Blick wie eine zu männlich geratene Frau, war aber verheiratet, mit einer ziemlich bekannten Schauspielerin gar, mit der er drei Kinder hatte. Und er hatte es drauf, das war unbestreitbar. James Whitney Thurber und so weiter verstand etwas davon, Firmen aus dem Boden zu stampfen. Er wusste, welche Formulare auszufüllen waren, er wusste, was man beachten musste und was man besser bleiben ließ, er wusste, wo man Leute herbekam und wie man die richtigen aussuchte. Er mochte nicht sympathisch sein – die Kälte, die er in manchen Momenten ausstrahlte, war regelrecht verstörend –, aber er war ein Geschenk des Himmels.
Markus blieb zunächst nicht viel mehr zu tun, als sein fertig eingerichtetes Büro zu beziehen. Sogar seine neuen Visitenkarten lagen schon auf der Schreibunterlage: Mark S. Westman, Vice President . Er konnte sich kaum daran sattsehen.
Doch als er Amy-Lee stolz eine davon zeigte, lachte sie nur und gurrte: »Weißt du, was mich an dir fasziniert hat?«
»Na, du wusstest, dass mir eine steile Karriere bevorstand!«
Sie nahm sein Ohrläppchen zwischen die Zähne, schüttelte den Kopf und ließ erst los, als er heftig protestierte. Das tat weh!
»Ich bin eine Frau, die manchmal nur mit dem Unterleib denkt«, flüsterte sie ihm ins gepeinigte Ohr. »Ich habe dich gesehen und wollte dich haben. So war das. So einfach.«
»Ich bin schockiert«, erwiderte Markus, aufs Höchste geschmeichelt.
Nur die Aufenthaltsberechtigung blieb ein ungelöstes Problem, ein Stachel im Fleische. Die erhoffte Green Card war, wie ihm der Anwalt auseinandersetzte, noch in weiter Ferne.
»Sie kommen für die Kategorie EB - 5 in Frage, als Permanent Resident Investor . Aber dazu müssen Sie eigenes Geld investieren, mindestens eine Million Dollar im Regelfall, und dann dauert es immer noch drei Jahre, bis eine Green Card erteilt wird.«
Also bekam er wieder einmal nur ein zeitlich befristetes Visum – mit einer Arbeitserlaubnis, das an ein Beschäftigungsverhältnis mit seiner eigenen Firma gebunden war! »Es lebe die Bürokratie«, war sein Kommentar.
Bei Block gestaltete sich der Papierkrieg noch schwieriger, da es für diese Art von Visum – was den Österreicher sehr ergrimmte – eine Rolle spielte, ob man einen anerkannten Studienabschluss vorweisen konnte oder nicht. Schließlich wurde eine Behelfslösung gefunden, die zumindest die nächste Zeit überbrücken würde.
Markus studierte die einschlägigen Bestimmungen genauer und fand heraus, dass man, um eine Green Card auf dem Weg über Investment zu erhalten, nicht nur einfach Geld
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