Ausgeflittert (Gesamtausgabe)
meine Hände vor den Mund und rufe laut in Richtung Hafen: »Vielen Dank, Thomas Helmrich, dass du uns den Ausflug versaut hast. Jetzt habe ich mal wieder Streit. Zum zweiten Mal heute!« Beleidigt gehe ich zum Bug und lege mich aufs Sonnendeck. Minutenlang warte ich darauf, dass Tobias endlich den Anker wirft. Aber er macht keine Anstalten.
»Gibt es hier wenigstens etwas zu trinken?«
»Du kennst dich doch aus!« Ich sehe in den Kühlschrank. Das Angebot beschränkt sich auf eine Flasche Schampus und eine Flasche stilles Wasser. Champagnerstimmung herrscht nicht. Stilles Wasser passt viel besser zur Laune an Bord. Traurig betrachte ich meinen Skipper.
»Warum streiten wir ständig? Was ist los mit uns in diesem Sommer?« Tobias hält mit der linken Hand im Führerstand das Ruder, seinen rechten Arm legt er liebevoll um meine Schultern. Eine Erklärung hat er auch nicht.
»Hattet ihr Spaß?«, frage ich und meine eigentlich, hattet ihr wenigstens Spaß! Clara und Sarah haben eine meterlange Papierschlange gebastelt, die ich nun im Kinderzimmer aufhängen darf.
»Zehn Minuten nach eurer Abfahrt hat Mc Enroe für dich angerufen. Du sollst dich morgen bei ihm telefonisch melden. Seine Mobilnummer habe ich dir auf den Schreibtisch gelegt.« Tobias bringt Clara ins Bett. Ich bereite einen gemischten Teller mit den Köstlichkeiten vom Markt zu und Sarah liest in Sutters Buch weiter.
»Wein für die beste Tante Sarah der Welt.« Tobias bedankt sich fürs Clara Sitten mit einem Kuss auf die Wange. »Habe ich dich bei deiner Lektüre gestört?« Sie legt das Buch zur Seite und prostet ihm zu. Tobias schaut auf den Umschlag. »Ah, von Mike. Er ist ein entfernter Bekannter von uns. Wir haben ihn und seine verstorbene Frau auf einer Geburtstagsfeier kennengelernt.«
»Das Brot fehlt noch«, sage ich und schicke Tobi in die Küche, um das Baguette zu holen, als Sarah die Gelegenheit ergreift und mich mit ernster Miene ansieht.
»Was ist Mike denn nun wirklich? Ein enger Freund oder ein entfernter Bekannter?« Ich erstarre und laufe rot an.
»Die Salami ist vorzüglich. Luftgetrocknet und unheimlich scharf!«, antworte ich. Mein drohender Blick signalisiert ihr, sofort das Thema zu wechseln.
Die Abende im September werden schnell kühl, wenn sich die Sonne verzieht. Tobias fragt Sarah, ob sie Lust auf eine Partie Schach hat.
»Prima Idee«, finde ich und gebe vor, mich auf das Telefongespräch mit dem dicken John vorbereiten zu wollen. Ich klappe mein Notebook auf und sehe, dass Mike mir bereits zahlreiche Mails geschickt hat, die noch ungelesen in meinem Postfach liegen. Erst beantworte ich Nachricht für Nachricht und starte dann einen schriftlichen Chat mit ihm. Mike ist somit wieder auf dem neuesten Stand. Er weiß jetzt auch, dass Natascha Tobis Halbschwester ist und meine Eifersucht völlig unbegründet war. Selbst über das Zusammentreffen mit dem schlechtesten Liebhaber aus ganz Deutschland kann er sich amüsieren.
»Warum darf ich dich heute nicht sehen? Stell doch kurz die Webcam an.«
»Geht nicht. Wir haben Besuch. Ich will heute keinen dritten Streit. Drück mir für morgen die Daumen. Das Gespräch ist ganz wichtig für mich!« Ich beende die Unterhaltung und fahre den Computer herunter.
»Sarah hat mich schachmatt gesetzt. Tröstest du mich?« Ich setze mich zu ihm und kraule seinen Kopf. Sarah verabschiedet sich und lässt uns mit einer halben Flasche Wein zurück.
»Noch ein Glas oder lieber Schmusen?« Ich entscheide mich gegen den Wein.
Am nächsten Morgen ziehe ich mich an meinen Schreibtisch zurück und rufe das Büro der Mc Enroe Purchising Services an.
»Na, sicher kann ich mich an unser Treffen in München erinnern. Wissen Sie Marie, wir sind wie Trüffelschweine. Sie waren ein ganz besonders großes Exemplar. Und Sie haben tatsächlich die Zusammenarbeit mit QHS beendet? Darf ich fragen, warum?«
»Nach so vielen Jahren war die Zeit einfach reif.«
»Lassen Sie uns offen sprechen. Ich will Ihnen nicht verheimlichen, dass ich bereits mit Clausen gesprochen habe. Er ist seit über fünfzehn Jahren mein Geschäftspartner und ich würde sagen, er ist auch mein Freund.« Der Zug ist wohl abgefahren! Scheiß Männerseilschaften, denke ich und meine Mundwinkel fallen nach unten.
»Na, dann will ich Sie nicht in Versuchung führen, sich
( mit Ihrem breiten Fettarsch) zwischen die Stühle zu
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