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Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition)

Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition)

Titel: Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uli Burchardt
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Wirtschaftswunderzeit. Natürlich, es gibt die Ausnahmen, die drei in die Karstadt Premium GmbH ausgelagerten Edelhäuser KaDeWe Berlin, Alsterhaus Hamburg und Oberpollinger München, die bieten tatsächlich Einkaufserlebnisse auf dem Stand des 21. Jahrhunderts, aber das durchschnittliche Karstadt-Haus in einer durchschnittlichen Stadt ist Mittelmaß pur.
    Der beste Beleg für die Mittelmäßigkeit von Karstadt ist, dass niemandem diese Kaufhäuser wirklich lieb und teuer sind und dass es niemanden gibt, der sie wirklich hasst oder übel findet. Karstadt ist eine Marke, die niemanden aufregt, weder positiv noch negativ. Starke Marken polarisieren. Porsche, Apple oder BMW werden immer Fans und Ablehner haben. Mittelmaß hat eine Marke dann erreicht, wenn sie egal ist.
    So wie Quelle. Als der größte Versender Deutschlands, das dickste Schiff in einem der größten Versandhandelsmärkte der Welt im Jahr 2009 pleiteging, war er einfach weg, sang- und klanglos untergegangen – und niemand regte sich wirklich darüber auf, niemand vermisste ihn, und niemand freute sich, dass er endlich verschwunden ist. Dass nichts so treffsicher an die seligen 50er Jahre erinnert wie eine Waschmaschine mit dem Namen »Privileg«, die es fortan nicht mehr geben sollte, verschmerzte die Republik wie in China umfallende Reissäcke. Keine Fans, keine Gegner, Mittelmaß eben.
    Verlorene Träume

    Mittelmaß ist ein Synonym für schlechte Arbeit. Die Frage ist: Wie kommt es dazu, dass einstmals stolze Unternehmen, die innovativ, kreativ, revolutionär gestartet sind und Wirtschaft und Gesellschaft geprägt haben, allmählich im Mittelmaß versinken, bis sie nur noch dahinsiechen und irgendwann still verscheiden?
    Rudolph Karstadt war ein Revolutionär. Als er 1881 sein erstes Geschäft in Wismar gründete, führte er Festpreise ein. Das war neu, denn bisher war es immer noch üblich, zu handeln und zu feilschen. Genauso kompromisslos ging er beim Einkauf vor, er umging den Zwischenhandel und kaufte zentral und direkt bei den Herstellern ein. Diese Innovationen katapultierten den Einzelhandel in eine neue Ära. Innerhalb von fünfzig Jahren konnte Karstadt fast 90 Kaufhäuser eröffnen. In der Wirtschaftswunderzeit nahm der Konzern so richtig Fahrt auf und wurde bis 1977 mit über 10 Milliarden D-Mark Umsatz das größte Handelsunternehmen Deutschlands. Neckermann wurde geschluckt, die Grimme- und Centrum-Warenhäuser wurden dem Konzern einverleibt, Hertie wurde übernommen und am Ende folgte Quelle – Karstadt wurde immer dicker … und immer mittelmäßiger. Die Innovationskraft aus der Gründerzeit war zwischenzeitlich verloren gegangen, Karstadt war nicht mehr Spitzenklasse, sondern nur noch groß.
    Diese Mittelmaßunternehmen sind nicht wirklich billig, aber sie sind Phänomene einer Billigkultur: fehlende Begeisterung und ein Mangel an Exzellenz in jeder Hinsicht. Die Mittelmaß-Wirtschaft geizt mit allem: mit Innovation, mit Kreativität, mit Ästhetik, mit Qualität, mit Wertmaßstäben und mit dem Geld. Wieso nur?
    Drei Jahre nach dem Tod des Gründers der Opel-Nähmaschinenfabrik begannen seine fünf Söhne, Autos zu bauen. Die Opel-Gang, bestehend aus Carl, Wilhelm, Heinrich, Fritz und Ludwig, war ein begeisterndes Quintett. Fritz und Ludwig waren Weltklasse-Radsportler und überzeugten ihren Vater Adam, neben den Nähmaschinen auch Fahrräder zu bauen. Opel war eine so hervorragend geführte Fabrik, dass sie Ende des 19. Jahrhunderts zum größten Fahrradhersteller der Welt wurde. Fritz und Wilhelm begannen die Autoproduktion voller Elan mit dem Kauf der Dessauer Motorwagenfabrik, die besonders leichtgängige Motorwagen produzierte, die technisch denen von Daimler und Benz teilweise klar überlegen waren. Fritz, ein begnadeter Konstrukteur, führte die Fließbandproduktion ein – zum ersten Mal in Deutschland –, und das war die entscheidende Innovation: Der Opel »Laubfrosch« konnte kostengünstig in Massenfertigung gebaut werden. Das Auto war klein und grün, statt wie damals üblich groß und schwarz, es war schnell, leicht, verbrauchsgünstig und technisch ausgereift. Im Jahr 1928 ließ Opel 42 771 Automobile vom Band und war damit Deutschlands größter Autobauer. Nebenbei stellte Fritz Opel mit seinem Raketenauto auf der Berliner AVUS mit 238 km/h einen neuen Geschwindigkeitsweltrekord auf und war 1929 der erste Mensch, der mit einer Rakete flog. Die Opel-Brüder waren Teufelskerle, die Fantastic Five der deutschen

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