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Ausgejodelt: Mira Valensky ermittelt in Wien: Ein Mira-Valensky-Krimi

Ausgejodelt: Mira Valensky ermittelt in Wien: Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Ausgejodelt: Mira Valensky ermittelt in Wien: Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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Sicher, es war eine Herausforderung, so ganz allein im Licht eines Scheinwerfers auf dieser riesigen Bühne zu stehen. Es gab noch keine Kulissen, stattdessen Koffer mit technischem Material, Kabel und jede Menge Staub. In der ersten Reihe saß die Jury, dahinter absolute Leere. „Ich fange noch einmal an“, sagte die Frau und kicherte. Man hätte sie nie antreten lassen dürfen. Das war Quälerei. Die Kameraleute amüsierten sich unüberhörbar.
    Danach wurden weinende Zwillinge und eine erboste Mutter auf die Bühne geführt. „Sie weinen sonst nie. Sie sind schon in den größten Hallen aufgetreten, und sie weinen nie. Sie haben sie zum Weinen gebracht. Warum müssen meine Kinder mit den ganzen Dilettanten zusammenstehen und sich alles anhören? Irgend so ein Idiot hat gesagt, dass sie kleine Kinder nur auf die Bühne bitten, um sie dem Mörder zum Fraß vorzuwerfen. Meine Kinder sind sensibel, kein Wunder, dass sie sich fürchten. Ich werde den Idioten verklagen.“
    „Wenn Sie wollen, kommen die Zwillinge später an die Reihe. Bis dahin können sie sich beruhigen.“ Das war die Stimme von Joe.
    „Das wäre das Mindeste. Meine Kinder sind Profis. Zwei Minuten, dann sind sie wieder fit. Sie freuen sich schon. Komm, sag, dass du dich freust, Max!“ Der Junge schniefte. Es war zum Kotzen.
    Eine angeblich echte Sennerin jodelte. Kühen wäre sofort die Milch sauer geworden. Obenherum sah die Sennerin allerdings wie Pamela Anderson aus. Und es war klar, dass sie ihre Oberweite, soweit es im Familienprogramm möglich war, nicht verbergen würde. Warum starrte Joe sie so an? Okay, ich starrte sie auch an.
    Drei Männer sangen ein Lied von einem Hirschen und einer Hirschkuh. Ich glaube, der Text war anzüglich. Ich verstand ihn aber nur zum Teil. Sie sangen wenigstens nicht falsch.
    Nach einem Typen, der die Coolen Kerle aus den Bergen imitierte – lange Haare, topmodischer Kinnbart, Koteletten, violette Tracht – und eine angebliche Eigenkomposition sang, die sich sehr nach „Yellow Submarine“ gemischt mit ein paar Jodlern anhörte, traten noch ein steppender Großvater und die Gruber-Familie an. Die Gruber-Familie war ein einheimischer Verschnitt der Kelly-Family. Ihr Lied handelte vom Glück, eine große Familie zu sein. Sie würden wohl gewinnen. Heile Familie und wahre Werte, das trifft die Fans ins Herz. Selbst die Regierung hätte da vor Freude geschluchzt.
    Nun kamen die Zwillinge dran. Die Mutter hatte sie gut dressiert: Jetzt strahlten sie um die Wette. Wie kleine aufgezogene Spielzeugaffen. Sie konnten nicht älter als zehn sein. Es dauerte, bis die Playbackmusik erklang, aber die beiden blieben brav stehen und lächelten.
    „Du“, begann das Mädchen nach einigen Takten, „singen wir ein Liedl?“
    „Ja“, sang sein Bruder, „ich bin der Bub und du das Mädel.“
    „Und zusamm’?“
    „Und zusamm’, da fang ma richtig an.“
    Sie nahmen einander an den Händen. „Die Schwester liebt ihr’n Bruader, des is jo auch a Guater. Das Mädel liebt den Bua, sie machen’s Türl zua. Die Mutter liebt den Vater, den altersschwachen Tatter. Des is so auf der Welt, dass man einander g’fällt. Des is so …“
    Ich hätte sie alle umbringen können. Jetzt. Sofort. Joe sah den beiden Kleinen ausdruckslos zu. Der Regisseur tuschelte und beugte sich zu ihm. Joe zuckte mit den Schultern. Jetzt redete der stellvertretende Fernsehdirektor mit dem Regisseur. Der „echte“ Heinrich mischte sich ein. Die Kinder sangen unterdessen so laut, wie man es ihnen beigebracht hatte, weiter. „Weißt was, Schatz? Ich geb’ dir einen Schmatz, Schatz!“ Einen Meter vor ihnen lag eine große Kabeltrommel. Aber die beiden sahen bloß geradeaus in das nicht vorhandene Publikum, lächelten, drehten sich, fassten einander wieder an den Händen.
    Die Entscheidung hatte nichts Feierliches. Der Regieassistent bat alle, auf die Bühne zu kommen. Der stellvertretende Fernsehdirektor dankte fürs Mittun, gab jedem Eintrittskarten für die Show am Wochenende und gratulierte der Mutter der gedrillten Zwillinge.
    „Schiebung!“, schrie einer. „Ich bin der Manager der Gruber-Familie. Es ist da nicht mit rechten Dingen zugegangen. Ich werde das an die Medien weitergeben! Das kann nicht …“
    Der stellvertretende Fernsehdirektor hatte ein Funkmikrophon und übertönte ihn mit samtweicher Stimme spielend: „Also noch einmal allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern herzlichen Dank. Und viel Spaß am Samstag! Wie Sie aus Ihren

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