Ausgekocht: Ein Mira-Valensky-Krimi
über Droch herauszubekommen, ob Zuckerbrots Ermittlungen Fortschritte machen. Sie hätten beim Mittagessen über ganz andere Themen geredet, winkt Droch wie meistens ab. Da er mir nicht einmal einen kleinen Hinweis gibt, vermute ich, dass die Mordkommission nicht viel mehr weiß als wir. Nur eines bestätigt er: Die Suche nach dem Koch hat nichts Neues ergeben, auch die tschechischen Kollegen haben Peppi nicht gefunden.
Ich nehme mir Mittwoch und Donnerstag ganz offiziell frei, da kann ich keine Ablenkung durch das »Magazin« brauchen. Billy erzähle ich, dass ich nichts zu tun habe, als an der Wirtshausgeschichte dranzubleiben. Wann ich die fürs nächste Heft fällige Modereportage unserer freien Mitarbeiterin überarbeite, weiß ich nicht. Ich kenne unsere Moderedakteurin aber gut genug, um sicher zu sein, dass ich einiges zu tun haben werde. Sie hat zwar blaues Blut, aber keineswegs Tinte in ihren Adern, sie schreibt gleichermaßen gestelzt wie trocken. Aber sie hat Zugang zu den exklusivsten Veranstaltungen. In der Firma »Blaublut International« hält man eben zusammen.
Billy will es nicht zugeben, aber Guttners angekündigter Besuch macht sie nervös. Mich auch, ich gebe es auch nicht zu. Genauer noch als sonst kontrolliert sie die Gasträume.
»Die Speisekarte ist wie immer. Nichts Besonderes. Das, was ich sonst diese Woche auch gemacht hätte. Er soll nicht glauben, dass wir anders kochen, nur weil er da ist.«
»Hast du auch gar nicht notwendig.«
»Schaust du noch einmal nach, ob sich auch sicher kein Rechtschreibfehler auf der Speisekarte eingeschlichen hat?«
Ich finde keinen.
Früher als sonst räumen wir das Gemüse heraus, sehen alles durch. Was üblicherweise als noch ausreichend frisch durchgeht, kommt heute in den großen Topf mit Hühnerbrühe. Ich schwitze schon kurz nach zehn, mache mir Sorgen, ob es ausreicht, mehr oder weniger alles neu herzurichten.
»Mise en place, man muss auf alles optimal vorbereitet sein«, doziert Billy.
Wenn’s ihr hilft, leider kenne ich Situationen, auf die wir in letzter Zeit nicht vorbereitet waren, auf die wir wohl auch nicht vorbereitet sein konnten.
An meinem Backteig mäkelt sie herum, bisher war er ihr immer gut genug. Den Lehrling faucht sie an, weil er die Kartoffelscheiben nicht präzise einen Zentimeter dick geschnitten hat. Das war an anderen Tagen kein Problem. Sie jammert über die schlechte Qualität der Steinpilze und findet, dass der Rindslungenbraten nicht abgelegen genug ist. Wenn ich könnte, ich würde mich verrollen. Ich bin doch selbst aufgeregt genug.
Zum Glück sind außer dem von Guttner nur zwei Tische, einer für drei, einer für vier Personen, reserviert.
Billy schaut mich entgeistert an: »Ein Glück nennst du das? Wir müssen ihm doch zeigen, dass bei uns der Laden läuft, dass wir rundum zufriedene Gäste haben, viele Gäste.«
»Wer fährt schon Mittwochmittag zum Essen?«
»Die ganze Stadt ist voll mit Businessleuten, die andere zum Mittagessen ausführen.«
»Aber denen sind die zwanzig Kilometer zu uns zu viel.«
»Wären wir gut genug …«
»Du bist gut genug. Und die Mittwochmittage sind nie anders gelaufen.«
»Woher willst du das wissen?«
»Ich weiß es. So viel kann sogar ich herausfinden, glaube mir.«
»Weil du ja immer alles besser weißt.«
Jetzt nur keinen Streit mit Billy, das würde heute gerade noch fehlen. Ich bin an sich keine, die ihre Wut hinunterschluckt, aber es gelingt mir. Vielleicht macht mich dieses Wirtshaus noch zu einem neuen Menschen. Aber vielleicht kriege ich davon auch nur Magengeschwüre.
Beide anderen Tische haben ihre Vorspeisen schon bekommen, als Guttner pünktlich um dreizehn Uhr eintrifft.
»Soll ich ihn begrüßen?«, fragt mich Billy mit großen Augen und gar nicht mehr streitlustig.
»Natürlich. Du hast doch auch die anderen Gäste begrüßt. Du wolltest ihn nicht anders als alle anderen behandeln.«
Sie nickt, als ginge sie direkt zur Schlachtbank.
Ich kümmere mich weiter um die Hauptspeisen für die anderen beiden Tische. Natürlich muss heute alles, was rausgeht, besonders gut sein und hübsch aussehen, denn Guttner wird genau schauen, was rundum gegessen wird, hat mir Billy eingeschärft. Als ob ich das nicht selber wüsste. Außerdem: Auch ohne prominenten Gastrokritiker achtet Billy darauf, dass alles in Ordnung ist. Mahmet ist offensichtlich von der nervösen Stimmung angesteckt und lässt die Schüssel mit der Sesammarinade fallen. Da zu Mittag so
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