Ausgekocht: Ein Mira-Valensky-Krimi
Abwaschen nicht viel.«
Billy seufzt. »Schon mal etwas von Hygienevorschriften gehört? Bei uns wird etwas genauer gearbeitet als in einem Privathaushalt. Aber nehmen Sie ihn mit. Ich besorge uns einen neuen.«
»Gibt es sonst Fortschritte?«, frage ich, ohne eine Antwort zu erwarten. Ausnahmsweise habe ich falsch getippt.
»Es ist ohnehin schon eine Presseaussendung draußen, deswegen kann ich es Ihnen sagen. Der Freund von Bachmayer ist verhaftet worden. Die Befragung der Nachbarn hat ergeben, dass er in der fraglichen Nacht im Innenhof gesehen worden ist. Außerdem sollen die beiden in der Zeit vor dem Mord einen fürchterlichen Streit gehabt haben. Es kommt aber noch besser: Auf dem Messer sind Reste von Fingerabdrücken des Lovers gefunden worden.«
Ich bin irritiert. Auf mich hat der junge Mann vollkommen harmlos, mehr noch, sympathisch und intelligent gewirkt. Vielleicht ist er so intelligent, dass er mich ausgetrickst hat?
»Aber warum sollte er mit einem Messer von Frau Winter zustechen?«
»Ablenkungsmanöver. Immerhin hat Bachmayer das Wirtshaus ziemlich kritisiert.« Der Beamte lacht schadenfroh.
»Wie passt das zu den anderen Vorfällen im Apfelbaum?«
»Gar nicht«, mischt sich der andere Beamte ein, »Bachmayers Lover hat einfach die Gelegenheit genützt. Aber das haben wir ja von Anfang an vermutet. Das sind zwei verschiedene Sachen.«
»Am Anfang wurde Billy verdächtigt«, erinnere ich die Polizisten.
»Nicht wirklich«, versichert mir der eine und verstaut den Fleischklopfer in einem Plastiksack, den Plastiksack in seiner Umhängetasche.
Sollen wir uns jetzt freuen? Ich hätte ausführlicher mit Bachmayers Freund reden sollen. Jetzt ist es zu spät. Eine Besuchserlaubnis für das Untersuchungsgefängnis bekomme ich auf keinen Fall.
Offene Fragen gibt es jedenfalls genug. Warum legt jemand in aller Ruhe den Fleischklopfer zurück und verliert dann das Messer? Während Billy versucht, in der nächsten Stadt einen halbwegs brauchbaren Fleischklopfer aufzutreiben, rekonstruiere ich noch einmal, was mir Onkel Franz gesagt hat. Der Täter kommt, Billys Auto ist noch nicht da, er probiert, ob die Hintertüre offen ist, geht dann in die Küche. Dort nimmt er das Messer. Er hört, dass im Hinterzimmer jemand ist, sieht sich um, entdeckt den Fleischklopfer. Er schleicht zum Zimmer, öffnet die Türe und schlägt Onkel Franz, der gerade am Fenster steht, von hinten auf den Kopf. Onkel Franz geht bewusstlos zu Boden. Der Täter eilt zurück in die Küche, wäscht den Klopfer ab, legt ihn wieder an seinen Platz. Er beschließt, dass er für heute genug angerichtet hat, und verlässt das Haus durch den Hinterausgang. Irgendwo am Wegrand hat er sein Auto geparkt, er nimmt nicht die Hauptstraße, sondern die schmalen Wege durch den Wald und ist auf und davon. Warum hat er das Messer verloren? Alles andere hat er systematisch, offenbar ohne Panik, erledigt. Ist er noch einmal gestört worden? Ist ihm auf dem Weg hinter dem Haus jemand begegnet? Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieser Jemand darüber schweigt. Die Polizei hat alle Bewohner rundum befragt. Niemand war um diese Zeit auf dem Feldweg unterwegs. Eine andere Möglichkeit: Vielleicht gibt es wirklich zwei Täter, und Täter Nummer zwei, der für die unangenehmen Streiche zuständig ist, hat Täter Nummer eins, den wirklich bösen, überrascht. Beide fliehen, vielleicht kennen sie einander gar, Täter eins verliert dabei das Messer. Das wären dann allerdings schon drei Täter insgesamt – zumindest wenn man davon ausgeht, dass die Polizei mit ihrer Verhaftung Recht hatte.
Freie Tage hin oder her, eigentlich sollte ich mir umgehend die Presseaussendung besorgen und nachfragen, ob eine mündliche Erklärung von Zuckerbrot folgen wird. Stattdessen setze ich mich in den Gastgarten, halte mein Gesicht in die Sonne und nicke ein.
Es ist Felix vom »Magazin«, der mich eine halbe Stunde später weckt, um mir zu erzählen, was ich ohnehin schon weiß. Zum Dank für seine Loyalität informiere ich ihn über die Sache mit dem Fleischklopfer.
Wir arbeiten im Apfelbaum bis drei in der Früh durch, das Prinzip Hoffnung hält uns aufrecht. Vielleicht gelingt es dank der Mithilfe von Guttner im letzten Moment, ein paar weitere Anmeldungen fürs Kulinarium zu bekommen. Daniel ist schon am frühen Abend aufgetaucht, um uns zu unterstützen. Heute hat das Offen Ruhetag. Zuerst will Billy ihn nicht in die Küche lassen, aber er setzt sich durch. Sieh mal
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