Ausgekocht: Ein Mira-Valensky-Krimi
muss ich lachen.
»Wie erklären Sie sich die Morde an Bachmayer und an Baumann?«
»Fragen Sie Billy Winter. Hat man nicht bei ihr das Messer gefunden?«
»Aber warum hätte sie …?«
»Bachmayer hat sie verrissen. Wenn Sie so gut vorbereitet sind, wie Sie tun, dann werden Sie das ja wissen. Die Frau ist krankhaft ehrgeizig. Und Baumann: Sie war neidisch auf seinen Erfolg. Wahrscheinlich wollte sie selbst Fernsehköchin werden, das würde ihr ähnlich sehen. Außerdem kann ich mir gut vorstellen, dass er sie mit seiner Falschheit gereizt hat, dieser Lieblingsschwiegersohn der Nation. Hat sich schon die Fernsehkarriere erschlichen, wer weiß, was sonst noch.«
»Falschheit?«
»Wie würden Sie das nennen, wenn jemand Gerüchte in die Welt setzt, Unwahrheiten verbreitet?«
»Über Sie?«
»Warum über mich?«
»Und meinen Sie, Billy Winter hat auch mit den Vorfällen im Offen zu tun?«
»Allein dieser blödsinnige Name sagt alles. Blanke Effekthascherei. Kein Handwerk mehr dahinter. Was weiß ich, ob sie damit zu tun hat. Ich glaube sofort, dass dieser Capriati salmonellenverseuchte Hühner hatte.«
»Die beiden scheinen sich sehr gut zu verstehen.«
»Das passt. Vor Urzeiten hat er bei mir ein Praktikum gemacht, alle sind sie durch meine Hände gegangen. Jetzt kennt er mich nicht mehr. Glaubt sogar, mich schulmeistern zu können.«
»Es hat ein Wettkochen gegeben.«
»Ein Schaukochen! Es war peinlich, wie er sich lächerlich gemacht hat. Mehr will ich dazu gar nicht sagen.«
Der Oberarm tut mir weh, Demetz hält ihn noch immer umklammert. Sein Griff ist so fest, er könnte mich mit einer Hand erwürgen.
»Gibt es eigentlich auch Kollegen, die Sie mögen?«
»Natürlich. Aber es stimmt schon, was Sie gesagt haben: Ganz oben ist man allein.«
So habe ich das zwar nicht gesagt, aber ich nicke. »Wenn Ihnen noch etwas zu Winter, Capriati oder anderen Kollegen einfällt, dann lassen Sie es mich bitte wissen.« Ich versuche aufzustehen. Er drückt mich wieder nieder.
»Hören Sie, was ich über die erzählt habe, haben Sie nicht von mir. Jedes Wort ist wahr, aber zitieren dürfen Sie mich nicht.«
»Geht in Ordnung.«
»Ich muss Ihnen noch eine Speisekarte mitgeben, wenn Sie ein Porträt machen … Brauchen Sie nicht mehr Informationen? Kochrezepte?« Jetzt bettelt er fast.
Ich sehe zu, wie er ungeduldig die Blätter einer Speisekarte aus den Klarsichthüllen zieht. Seine Bewegungen wirken fahrig.
»Fürs Erste reicht das. Ich melde mich.«
Er hat sich wieder gefangen. »Ich muss in die Küche. Unsere verdammte Küchenhilfe hat gekündigt. Die vierte in diesem Jahr. Die Jungen halten nichts mehr aus.«
Wo habe ich das schon gehört? Ach ja, im Rosa Flieder. Von einem anderen Veteranen der Kochkunst. Demetz hat also vor zu bleiben. Ob er die Scherben schon aufgekehrt hat?
Ich überlege, ob ich Frau Flieder von dem Streit und meinem anschließenden Gespräch mit Demetz erzählen soll. Ihre Einschätzung hätte mich interessiert. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sie irgendjemandem gegenüber den Mund halten kann. Noch viel weniger, wenn ihr ein Stammgast gegenübersitzt. Also beschließe ich, ihr bloß ein paar gezielte Fragen zu stellen.
Diesmal ist die Tür zur Bar geschlossen, ich drücke dagegen. Sie ist auch versperrt. Pech gehabt, Mira. Offiziell ist erst ab fünf Uhr am Nachmittag geöffnet. Ich bin auf dem Weg zurück zu meinem Auto, als ich Frau Flieder die Straße heraufkommen sehe. Sie hat scharfe Augen, erkennt mich und winkt schon von weitem. Diesmal trägt sie ein hellblaues Kostüm, Pastellfarben scheint sie zu schätzen. Ihr Mund ist sorgfältig rosa geschminkt, sie wirkt dadurch etwas halbseiden, und ich beginne mich zu fragen, womit sie das Lokal und die Wohnung darüber finanziert hat.
»Ich wollte Sie besuchen«, sage ich.
»Neuigkeiten?«
»Nein. Zum Glück, muss man inzwischen schon sagen. Aber ein paar Fragen hätte ich.«
»Kommen Sie mit, ich mache uns einen türkischen Kaffee. Mögen Sie so etwas?«
Ich nicke.
Während sie auf einer Herdplatte hinter der Bar den Kaffee braut, frage ich: »Wie sind Sie eigentlich zu diesem Lokal und der Wohnung gekommen?«
»Womit ich das bezahlt habe, meinen Sie? Sind Sie gekommen, um mich das zu fragen?«
»Ist mir nur so eingefallen.«
»Ganz einfach. Ich habe nie Geld ausgegeben. Ich war Buchhalterin, dann sogar Oberbuchhalterin. Ich verstehe etwas vom Geld. Ich habe es gut angelegt, und als mein Mann gestorben ist, gut
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