Ausgelacht
Nauheim.»
«Ach, Sie übertreiben.» Frau Winkler wurde rot.
«Doch, doch, es ist so.» Er nickte. «Sie haben ein gutes Herz.»
«Wie romantisch», sagte Britt und knäulte ihr Taschentuch zusammen.
«Ich begreife nicht, dass ein junger Mensch so negativ eingestellt sein kann», überlegte der Professor laut.
«Ich kann Ihnen sagen, warum.» Frau Winkler deutete mit dem Zeigefinger auf Britt. «Weil ihr nie jemand gesagt hat: ‹Bis hierhin und nicht weiter.› Stimmt’s, oder hab ich recht?»
Britt antwortete nicht.
«Wollen Sie nun, dass Ihnen jemand hilft?», fragte der Professor.
«Weiß nicht.»
«Was wissen Sie denn überhaupt?»
«Weiß nicht.»
Britts Handy klingelte. Schnell nahm sie ab, nachdem sie Tante Doras Nummer auf dem Display gesehen hatte.
«Na endlich! Tante Dora!»
«Was höre ich da? Emil hatte einen Darmverschluss, und jemand hat die süßen kleinen neugeborenen Opossums ins Klo gespült?»
Britt schloss die Augen. Das war hier keine Stadt, sondern eine wandelnde Klatschzeitung.
«Emil geht es schon wieder besser, und die Opossums leben auch noch. Wie geht es dir denn? Ich habe von Nana gehört, dass einiges passiert ist. Bist du noch in der Türkei?»
«Ich sage dir, hier war was los. Aus welchen Gründen auch immer war ich mit Nana im selben Flugzeug und dann auch in der Türkei, ja kann man sich das vorstellen? Dabei dachte ich, ich fliege nach Übersee. So eine Weltreise kann manchmal ganz schön verwirrend sein. Jedenfalls wurde das arme Ding verhaftet, aber die haben nicht mit deiner Tante Dora gerechnet. Ich hatte ja diverse Utensilien dabei, du erinnerst dich?»
«Ja. Natürlich.»
«Ich habe Nana da rausgeboxt, aber frag nicht wie! Aber dann habe ich mit Frau Helfrich telefoniert, und was ich da erfahren habe, hörte sich gar nicht gut an. Kommst du nicht klar? Soll ich abbrechen und zurückkommen?»
«Nein, das ist nicht nötig.» Britt stand auf und schaute durchs Fenster nach draußen in den Hof. «Ich bin ja kein kleines Kind mehr.»
«Um ganz ehrlich zu sein, manchmal denke ich das schon.» Tante Dora war skeptisch. «Frau Helfrich hat gesagt, dass du nicht mehr alle Tassen im Schrank hast und dich unmöglich benimmst.»
«Das hat wohl eher sie. Sie hat mir eine Torte ins Gesicht geklatscht.»
«Ach! Ihre Schwarzwälder Kirsch?»
«Ja. Genau die. Also wer hat dann hier nicht mehr alle Tassen im Schrank?»
«Na, du natürlich. Frau Helfrich wird schon ihre Gründe haben. Sie macht das nicht einfach so. Weißt du, wie kompliziert die Herstellung einer solchen Torte ist?»
«Nein.»
«Natürlich nicht. Woher auch. Na ja, ich habe Rosel gesagt, sie soll ein Auge auf dich werfen. Gerade vorhin hab ich noch mal mit ihr telefoniert. Nana hat sich übrigens auch über dich beschwert. Sie hat gesagt, du hättest dich nicht wie eine Freundin benommen. Ganz ehrlich, richtig war es nicht, dass du dich überhaupt nicht um ums gekümmert hast. Du hast doch gewusst, was los ist.»
Britt kamen schon wieder die Tränen, auch weil Tante Doras Stimme so traurig klang. Alles war so traurig. Und ihr war alles so was von zu viel.
Sie zog die Nase hoch, und währenddessen klingelte es an der Tür des Antiquariats. Frau Winkler verließ den Raum.
«Ach, Tante Dora, ich weiß gar nicht, was ich tun soll. Vielleicht solltest du doch besser nach Hause kommen. Da ist ja auch noch Harald.»
«Richtig. Der gute Harald. Sei bloß nett zu ihm. Er ist ein Goldstück. Nein, Britt, ich komme nicht zurück. Damit musst du jetzt mal fertig werden. Es ist niemand tot oder schwer krank.»
«Doch, Emil», rief Britt.
«Dem geht es doch schon wieder besser, hast du gesagt. Außerdem ruf ich noch mal beim Doktor an. Nein, ich bleibe, du bleibst, und du wirst jetzt einfach mal erwachsen und übernimmst Verantwortung.»
«Das kann ich nicht.»
«Du meinst, das
konntest
du bislang nicht. Ich verlasse mich auf dich, Britt.»
«Du bist total gemein, Tante Dora, ich … hallo? Hallo? Tante Dora? … Sie hat aufgelegt», sagte sie zu Professor Peukert.
«Richtig so», meinte der und begann, in einem Buch mit Goldschnitt zu blättern, das er aus dem Regal genommen hatte.
Im Flur wurde es laut. Jemand heulte, und Frau Winkler machte «Pscht, pscht».
Britt spitzte die Ohren. Es war ganz offensichtlich die Moni. «Es ist alles so schrecklich», greinte sie. «Ich wollte doch so gern nach Frankreich. Buhuuu!»
«Nun warte doch mal ab, Moni, und vor allen Dingen erzähl doch erst mal, was
Weitere Kostenlose Bücher