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Ausgelöscht

Ausgelöscht

Titel: Ausgelöscht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Ablow
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ihm, das vor langer Zeit zu Eis erstarrt war, zu schmelzen begann. »Also können Sie mich durchaus an Ihren Gedanken teilhaben lassen«, sagte er.
    »In Ordnung …«, sagte sie. »Warum verwenden Sie so viel Energie auf die Frage, was gesehen werden kann und was nicht? Warum interessieren Sie sich so für Radar und wie man ihn umgehen kann?«
    »Es ist etwas, wofür ich eine Gabe besitze«, antwortete er. »Ich habe es mir nicht ausgesucht. Es hat mich ausgesucht.«
    »Aber
warum
?«, fragte sie. »
Warum
haben Sie diese ›Gabe‹?«
    Er sah sie verständnislos an.
    »Gibt es etwas an Ihnen, John Snow, das andere Menschen nicht sehen sollen? Oder ist es eher so, dass Sie nicht bereit sind, sich selbst zu betrachten?«
    In diesem Moment fühlte Snow etwas, das er noch nie zuvor empfunden hatte – als hätte jemand die Tür zu seiner innersten Wahrheit geöffnet, einer Wahrheit, die tiefer ging als seine Genialität, einer Wahrheit des Herzens.
    »Sie kennen die Antwort, aber Sie sind noch nicht bereit, sie zu offenbaren«, sagte sie.
    »Vielleicht«, erwiderte Snow.
    »Sie bestätigen es nicht, und Sie leugnen es nicht.« Sie trank einen Schluck Wein.
    »Erzählen Sie mir mehr über sich.«
    »Ich soll also den Anfang machen. In Ordnung. Was wollen Sie wissen?«
    »Lassen Sie sich von all Ihren Kunden zum Essen einladen?«
    »Oh.« Sie fuhr mit der Fingerspitze am Rand ihres Weinglases entlang. »Sie wollen wissen, ob Sie etwas Besonderes sind.«
    Abermals fühlte Snow eine schier überwältigende Anziehungskraft, die auf seinen innersten Kern einwirkte. »Ja«, gestand er ein. »Ich schätze, das will ich.«
    »Allein um meiner Provision willen wäre ich nicht hergekommen. Geld ist wirklich das Letzte, was ich brauche.«
    Das zumindest hatten sie gemein. »Und was brauchen Sie?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Wir verfügen beide über einen sehr guten Radar, John. Und wir fliegen beide gern darunter.«
    »Sie sind verheiratet«, sagte er.
    »Das bin ich. Und Sie?«
    Er nickte.
    Ihre Miene wurde traurig, und es überraschte ihn, wie sehr ihn ihre augenscheinliche Traurigkeit rührte. Er wusste nie, was er tun sollte, wenn Leute in seiner Gegenwart gefühlvoll wurden, er war außerstande, auszuloten, was sie empfanden oder warum, und dadurch fühlte er sich noch einsamer als ohnehin schon, noch mehr als Geisel seines Verstands. Aber nicht bei dieser Frau. »Ich will nicht unsichtbar sein«, sagte er.
    Sie sah sich im Restaurant um, vergewisserte sich, dass niemand herüberschaute, dann schob sie ihre Hand unter die seine.
    Die Berührung ließ seine Atemzüge und seinen Puls augenblicklich ruhiger gehen. Er wusste nicht, was er tun oder sagen sollte, also zog er ganz langsam seine Hand weg, griff in die Jacketttasche und holte einen Scheck über zweihunderttausend Dollar, ausgestellt auf die Newbury Gallery, heraus. »Ich kaufe das Gemälde«, sagte er. »Aber das hier darf nicht unsere letzte Begegnung sein.«
    »Ich sagte Ihnen bereits, dass ich nicht käuflich bin.«
    Ihre Stimme hatte einen schneidenden Unterton, der Panik in ihm aufsteigen ließ. »So habe ich es nicht gemeint«, sagte er. »Ehrlich. Ich bin einfach nicht gut in solchen Dingen.« Er sah ihr in die Augen, und diesmal war er es, der seine Hand unter die ihre schob. »Was ich sagen wollte, war … ich möchte nicht, dass das Gemälde mich später einmal daran erinnert, dass es uns gelungen ist, uns voreinander zu verstecken.«
    Sie sah ihm in die Augen, sah, dass seine Worte ernst gemeint waren, und strich mit dem Daumen über die Innenfläche seiner Hand.
    Sie trafen sich eine Woche später im Four Seasons, diesmal in einer Suite mit Ausblick auf den Public Garden. Sie hatten seit dem gemeinsamen Abendessen täglich telefoniert, oft mehrmals am Tag, hatten darin geschwelgt, immer mehr über die Welt des anderen zu erfahren – die Kunst, von der Baxter in der Newbury Gallery umgeben war, Snows Erfindungen bei Snow-Coroway Engineering, die langsam Gestalt annahmen.
    Keiner der beiden konnte sich erlauben, dass die Beziehung publik wurde, deshalb störte sich keiner der beiden daran, dass sie ihre Intimitäten in einem Hotel ausleben mussten.
    Snows Chauffeur, Pavel Blazek, ein Mann, dem er blind vertraute, nahm die Reservierung für die Suite vor und bezahlte sie mit seiner eigenen Kreditkarte.
    Snow traf eine Viertelstunde vor Baxter ein. Er ging in das marmorne Badezimmer und betrachtete sich im Spiegel. Er hatte die Haut und das Haar und die

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