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Ausgelöscht

Ausgelöscht

Titel: Ausgelöscht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Ablow
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den Kindern etwas antun sollte. Aber um ehrlich zu sein, ich weiß nicht mehr, was ich denken oder tun soll. John hat die Welt immer so vorhersehbar und handhabbar erscheinen lassen, beinahe so, als könnte er seine Zukunft – und unsere – eigenhändig erfinden. Offensichtlich hat er sich da geirrt.«

9

    Clevenger hatte schon fast seinen Wagen erreicht, als eine junge Frau seinen Namen rief. Er drehte sich um und sah Lindsey Snow auf sich zulaufen.
    Sie blieb vor ihm stehen. Sie hatte keine Jacke angezogen und hatte die Arme um sich geschlungen, um sich zu wärmen. »Haben Sie eine Minute Zeit?«
    »Natürlich.«
    »Haben Sie meinen Vater gesehen?«, fragte sie leise. »Ich meine … hinterher.«
    Clevenger hatte nicht erwartet, dass Snows Tochter ihm so unvermittelt die Last ihrer Trauer überantworten würde. Er spürte, wie sich seine Atmung und sein Herzschlag verlangsamten, und fragte sich, warum es ihn immer beruhigte, den Schmerz anderer zu teilen. »Ja«, bestätigte Clevenger. »Ich habe Ihren Vater gesehen.«
    »Ich weiß, dass Sie gerade erst am Anfang Ihrer Untersuchungen stehen.« Sie schlang die Arme fester um sich. Tränen schimmerten in ihren Augen.
    »Es ist kalt. Warum unterhalten wir uns nicht im Haus weiter?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Mum will nicht, dass ich überhaupt mit Ihnen rede.«
    »Warum denn nicht?«
    »Lassen Sie uns irgendwo hinfahren.«
    Clevenger hatte nicht die Absicht, mit einer Teenagerin davonzufahren, die er gerade erst kennen gelernt hatte. »Wir können uns in meinem Wagen unterhalten«, schlug er vor.
    »Okay.«
    Er ging mit ihr zu seinem Pickup und hielt ihr die Beifahrertür auf. Sie stieg ein. Er stieg auf der Fahrerseite ein, ließ den Motor an und schaltete die Heizung ein.
    Sie blickte starr nach vorn durch die Windschutzscheibe, so wie Billy es manchmal tat, wenn er durcheinander war. »Ich schätze, was ich wissen möchte, auch wenn Sie es wahrscheinlich noch nicht sagen können oder es mir sowieso nicht sagen würden …« Sie schluckte und kniff die Augen zusammen. »Ich möchte wissen, ob mein Vater Selbstmord begangen hat.« Sie sah ihn an, dann wandte sie den Blick eilig wieder ab. »Ich muss es wissen.« Sie zog die Beine an und legte den Kopf auf die Knie.
    Zum ersten Mal wirkte sie mehr wie ein verstörtes Kind und nicht wie eine Frau. »Ist das die schmerzlichste Frage für Sie?«, wollte Clevenger wissen.
    Tränen liefen ihr über die Wangen.
    »Fragen Sie das, weil Sie die Antwort zu kennen glauben?«
    Sie nickte, und jetzt strömten die Tränen nur so herab. »Ich fühle mich so allein«, brachte sie mühsam heraus.
    Clevenger verspürte den Impuls, sie in den Arm zu nehmen und zu trösten wie ein Vater. Doch das würde die professionelle Grenze auflösen, die er intakt lassen musste. Wenn er anfing, Lindsey als jemanden zu betrachten, der beschützt werden musste, dann würde er vielleicht niemals die wahre Familiendynamik der Snows ergründen.
    Er fragte sich, warum es Lindsey offensichtlich so leicht fiel, hier in seinem Pick-up zu sitzen und sich einem Fremden zu öffnen. Warum hatte sie vorgeschlagen, dass sie zusammen wegfahren sollten? Versuchte sie, ihn zu verführen? »Sie brauchen mir nicht zu erzählen, was Sie denken«, sagte er, um zu sehen, ob sie drängender werden würde, wenn er auf Distanz ging.
    Es wirkte augenblicklich. »Ich muss es irgendjemandem erzählen«, sagte sie. Sie hatte die Arme noch immer um die Knie geschlungen, doch jetzt wandte sie das Gesicht ihm zu.
    Die simple Bewegung, mit der sie ihr Haar über die Wange fallen ließ und die dunkelbraunen, tränenfeuchten Augen und vollen Lippen ins rechte Licht rückte, verwandelte sie – aus dem Mädchen wurde wieder eine Frau. »Ich habe ihn umgebracht«, erklärte sie.
    Clevenger sah ihr in die Augen und entdeckte etwas von der Leere, die er in den Augen von Mördern kannte. Und plötzlich überkam ihn eine andere Sorge. Er drückte das Bein gegen die Tür, um sich zu vergewissern, dass er daran gedacht hatte, sich die Pistole ans Schienbein zu schnallen, bevor er in Chelsea losgefahren war. Während er das tat, sah er, wie ein verzweifelter Ausdruck in Lindseys Augen trat und sie sich wieder von der Frau zum Mädchen, vom Mörder zum Opfer zurückverwandelte. »Wollen Sie damit sagen, Sie hätten Ihren Vater erschossen?«, fragte er sie.
    Sie sah wieder durch die Windschutzscheibe. »Ich habe ihn dazu getrieben, sich zu erschießen«, erklärte sie.
    »Sie haben ihn

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