Ausgelöscht
O’Connor.
Clevenger stieg die schmale Betontreppe zu O’Connors Reich hinab, sah, dass er über eine Tastatur gebeugt dasaß und tippte. Der gleißende Schein des Monitors vor ihm war das hellste Licht im Raum. Clevenger war schon gut ein Jahr nicht mehr hier gewesen, doch die einzige Veränderung war, dass der Keller jetzt mit noch mehr Computern, Büchern und Software voll gestopft war, die sich auf jeder verfügbaren Oberfläche türmten.
Clevenger trat hinter O’Connor und sah auf den Computerbildschirm, der mit Zahlen, Buchstaben, Asterisken, Pfeilen und Et-Zeichen übersät war. Er stellte den Kaffee neben die Tastatur. »All das bedeutet tatsächlich etwas?«, fragte er.
»Das ist das Problem. Im Moment will es einfach keinen Sinn ergeben.« Er griff nach dem Becher, nahm den Deckel ab und trank einen Schluck.
»Scheint ansteckend zu sein.«
O’Connor lächelte ihn an. »Du klingst müde, Mann.« Er streckte ihm die Hand hin.
Clevenger schüttelte sie. »Und du siehst müde aus.« Das stimmte nicht. O’Connor sah energiegeladen aus, jünger als vor einem Jahr.
»Wie geht’s Billy?«
»Gut.«
»Vergiss nie, dass ich eine falsche Programmierungszeile von der anderen Seite des verdammten Zimmers aus erkennen kann«, sagte er und sah Clevenger forschend an. »Was ist los?«
»Nichts ist los. Er ist eine ständige Herausforderung. Das ist los.«
»Hättest du dir vorstellen können, ein Kind aufzunehmen, das keine Herausforderung gewesen wäre?«
Clevenger überlegte. »Nein.«
»Siehst du. Ein Kind, bei dem alles glatt läuft, wäre in deinem Fall die reinste Verschwendung.«
O’Connor hatte Recht. Aber Clevenger fragte sich, warum es so sein musste. Warum hatte ihn das Überleben seines eigenen Kindheitstraumas so unlösbar an andere kaputte Menschen gekettet? »Aber es wäre trotzdem nett, wenn wenigstens ab und zu etwas glatt laufen würde.«
»Glaub mir, du würdest es nicht ertragen. Du bist ein Vollzeit-Heiler. Ob’s dir gefällt oder nicht.« Er deutete mit einem Nicken auf die Disketten in Clevengers Hand. »Was für Probleme haben wir denn, Partner?«
»Das sind die Dateien, von denen ich dir erzählt habe. Sie stammen von John Snows Laptop. Dem Erfinder.«
»Der Typ, der ermordet wurde oder sich selbst erschossen hat oder was auch immer.«
»Ja.«
»In den Nachrichten berichten sie ja über kaum was anderes.« Er deutete abermals mit einem Nicken auf die Disketten. »Du denkst doch nicht, dass er wegen dem, was auf den Dingern da ist, umgebracht wurde, oder?«
»Keine Ahnung. Aber ich habe keiner Menschenseele erzählt, dass ich sie dir gebe.« Er sah, dass O’Connors Miene etwas von ihrer Unbekümmertheit verlor. »Du brauchst es nicht zu tun.«
O’Connor starrte einen Moment lang auf die Disketten. »Ich hab bereits deinen Kaffee getrunken«, sagte er. »Erzähl mir alles.«
Clevenger erzählte ihm von Vortek.
»Wir reden hier also von Technik, Physik, Kraft, Impuls. All dies Zeug.«
»All dies Zeug.«
»Dann lass uns mal eine einlegen.«
O’Connor schob die Floppydisk in das Laufwerk seines Computers und rief das Verzeichnis auf. Er öffnete VTK1.LNX und starrte lange stumm auf das Feld aus Zahlen und Buchstaben. »Gut«, sagte er schließlich.
»Verstehst du das?«
»Nein. Aber ich kann dir sagen, warum. Es ist stark verschlüsselt, C++, Visual Basic Language.«
»Du meinst, noch verschlüsselter als deine Erklärung?«
O’Connor lachte.
»Kannst du es entschlüsseln?«, fragte Clevenger.
»Wenn ich Glück habe. Aber selbst wenn, einhundertsiebenundfünfzig Dateien brauchen eine Weile.«
»Und Geld.«
»Das auch. Genug, um es unter die Leute zu bringen. Ich kenne einen ehemaligen NASA-Typen, der jetzt auf einer Farm in Rowley lebt. Ich brauche möglicherweise seine Hilfe bei einigen der Codes.«
»Was immer du brauchst«, sagte Clevenger. »Aber an deiner Stelle würde ich bei diesem Typen nicht gleich alle Karten auf den Tisch legen. Wie ich schon sagte, ich weiß nicht, ob Snow für das gestorben ist, was in diesen Dateien steht. Und ich kenne deinen Freund nicht – und weiß auch nicht, wen er kennt.« Er griff in die Tasche und gab O’Connor zwanzig Einhundert-Dollar-Noten.
»Damit lässt sich schon mal ein Anfang machen«, sagte O’Connor. »Aber ich brauche noch mehr.«
»Betrachte das hier als Vorschuss. Das ist alles, was ich im Moment bei mir habe.«
»Kein Geld«, winkte O’Connor ab. »Informationen. Snows Geburtsdatum,
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