Ausgelöscht
gleich nach dir verlassen.«
»Was ist mit Vania?«
»Sie müssen dich den ganzen Weg bis zu seinem Haus beschattet haben. Sie haben seine gesamte Soft- und Hardware mitgenommen, einschließlich der Disketten. Aber ihm ist nichts passiert – körperlich. Er hat gerade seine kleine Tochter in den Kindergarten gebracht, als sie sein Haus auseinander genommen haben.«
»Wo ist er jetzt?«
»Er hat zusammengepackt und ist Segeln gegangen.«
»Ach, komm schon.«
»Ehrlich. Der Bursche muss so ’ne Art Zen-Meister sein. Er hat gesagt, es gäbe nicht viel, was er tun könnte, bis das FBI ihm sein Eigentum zurückgibt. Er ist noch immer auf dem Wasser.«
»Wo bist du?«
»Im Büro. Sie sind hierher gekommen, nachdem sie im Loft waren.«
»Haben Sie die Computer mitgenommen?«
»Die Computer. All unsere Disketten. Sie haben die Akten durchgesehen, aber anscheinend nichts Interessantes gefunden. Sie wollten auch Kims BlackBerry haben, aber sie hat ihnen recht unmissverständlich gesagt, dass sie sich das abschminken können. Sie haben einen Blick darauf geworfen, und dann den Schwanz eingezogen.«
»Ich kann es ihnen nicht verübeln«, bemerkte Clevenger. Er schmunzelte unwillkürlich, was einen scharfen Schmerz von seinem Schädelansatz in die Stirn schießen ließ. Er schloss die Augen.
»Bist du noch dran?«
»Ich bin noch dran.«
»Kannst du fahren, oder soll ich hinkommen und dich abholen?«
»Ich kann fahren. Ich werde mir Coady vorknöpfen. Er muss gewusst haben, dass das passieren würde. Danach steht immer noch mein Gespräch mit Kyle Snow im Suffolk-County-Gefängnis an.«
»Ich kümmere mich weiter um die Namen der Vorstandsmitglieder und den ganzen Rest.«
»Warum treffen wir uns nicht nachher im Büro? Passt dir ein Uhr?«
»Bestens.«
Der wachhabende Sergeant des Polizeipräsidiums brachte Clevenger zu Coadys Büro und verschwand, als Coady hinter dem grauen Metallschreibtisch aufstand, der sich förmlich unter Ermittlungsakten bog.
Clevenger trat vor den Schreibtisch. In seinem Schädel hämmerte es. »Wussten Sie, dass das passieren würde?« Er klammerte sich an die Schreibtischkante, um sich Halt zu geben.
»Ob
ich
es wusste?«
»Haben Sie mich dazugeholt, um mich auf Abstand zu halten? Haben Sie sich Sorgen gemacht, dass Theresa Snow mich anheuern könnte, um den Fall richtig zu untersuchen?«
Coady antwortete nicht.
»Hat jemand Sie bezahlt?«, setzte Clevenger nach. »Coroway?«
Coady blitzte ihn wütend an. »Sie haben zu lange mit Verrückten zu tun gehabt, das muss abgefärbt haben.«
»Wann haben Sie das FBI dazugerufen?«
An Coadys Hals zeigten sich rote Flecke. »Ich bin von Anfang an ehrlich mit Ihnen gewesen. Wie können Sie es wagen …?«
»Warum versuchen Sie nicht noch mal, mir die Doppelselbstmord-Theorie zu verkaufen? Oder vielleicht können Sie sich ja auch mit einem Mord-Selbstmord abfinden.«
»Ich versuche nicht, Ihnen irgendetwas zu verkaufen. Was für eine Show veranstalten Sie hier eigentlich? Wenn überhaupt, dann haben Sie mich verraten und verkauft.«
»Klar doch. Ich untergrabe Ihre grandiosen Ermittlungen.«
»Ich bin hier nicht derjenige mit Kontakten in Washington«, wütete Coady.
»Wovon, zum Teufel, reden Sie?«
»Sie wissen genau, wovon ich …« Er verstummte und sah zur Tür.
Clevenger drehte sich um, und es verschlug ihm augenblicklich die Sprache. In der Tür stand die wunderschöne Whitney McCormick, die forensische Psychiaterin des FBI, die Frau, die alles aufs Spiel gesetzt hatte, um mit ihm zusammen den Highway-Killer, alias Jonah Wrens, zu fassen. Die Frau, die ihn noch immer in seinen Träumen heimsuchte.
Coady ging an ihr vorbei hinaus auf den Flur und schloss die Tür hinter sich.
»Ich habe North gefragt, wo ich dich finden kann«, erklärte Whitney McCormick mit sanfter, fast verletzlicher Stimme. »Er musste mir versprechen, dir nichts zu sagen.«
»Hat er auch nicht.« Er konnte den Blick nicht von ihr losreißen. Sie war sechsunddreißig, schlank, hatte lange, glatte blonde Haare und dunkelbraune Augen. Jeder hätte sie als hübsch beschrieben. Doch für Clevenger war sie mehr als schön. Sie war der Schlüssel zu etwas in ihm, das normalerweise eingeschlossen war.
Er bemerkte, dass sie den gleichen blassrosa Lippenstift trug wie bei ihrer ersten Begegnung vor einem Jahr. Er erinnerte sich daran, wie erstaunt er an jenem Tag gewesen war, dass sie nicht ein Quäntchen ihrer Weiblichkeit aufgab, während sie ihm eine
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