Ausgeloescht
gleichen Grund - weil sie eine Frau war - zur Sitte versetzt. Ich garantiere euch, dass sie nicht auf der Schokoladenseite anfing. Man wird sie in einen Minirock und kniehohe Stiefel gesteckt haben, damit sie Freier anbaggert.«
»Stimmt«, bestätigt Callie. »Aber unser Pitbull ließ sich dadurch nicht aufhalten. Sie knüpfte ein Jahr lang Beziehungen zu Prostituierten und baute sie so weit aus, dass sie einen mittelgroßen Menschenhändlerring sprengen konnte. Man wurde auf sie aufmerksam, und sie landete beim Morddezernat.«
»Burns«, sagt Alan.
»Du meinst, durch ihn?«, frage ich.
Er nickt. »Wahrscheinlich war er Heathers Mentor. Sie hatte zwar die erforderlichen Referenzen, aber das reicht fast nie. Man braucht jemanden, der auf einen aufpasst. Der ein gutes Wort einlegt. Jede Wette, dass Burns derjenige war.«
»Wie dem auch sei«, fährt Callie fort, »im Morddezernat läuft Heather zu großer Form auf Sie hatte eine hervorragende Aufklärungsrate.« Anerkennend zieht sie die Brauen hoch. »Innerhalb von sechs Jahren wurde sie wegen ihrer Leistungen zum Detective Second Grade befördert.« Sie blickt auf. »Kurz bevor sie entführt wurde.«
»Wie alt ist sie jetzt?«, frage ich und wundere mich, warum mir das jetzt erst einfällt.
Callie schaut in die Akte. »Vierundvierzig.«
»Wenn sie acht Jahre lang verschwunden war«, sagt James, »war sie bei der Entführung sechsunddreißig. Ihre Söhne waren zwei, das heißt, sie hat mit dem Kinderkriegen gewartet, bis sie vierunddreißig war.«
»Das ist nicht so alt«, bemerke ich.
»Nein«, räumt er ein, »aber es bestätigt, dass die Karriere für sie an erster Stelle kam. Sie wartete noch die ersten vier Jahre im Morddezernat ab, bis ihre Position gesichert war.«
»Was weiß man über ihre Ehe?«, frage ich.
Callie wendet sich wieder der Akte zu. »Ihr Mann heißt Douglas Hollister. Systemadministrator bei einem landesweiten Internetanbieter. Ein Jahr älter als Heather. Sie lernten sich kennen, als Heather sechsundzwanzig war, also noch in Uniform. Sein Wagen war gestohlen worden, und sie war es, die die Meldung aufnahm. Zwei Jahre später haben sie geheiratet.«
»Wurde Douglas Hollister bei den Ermittlungen überprüft?«, fragt James. »Das wäre wichtig.«
Bei allen Verbrechen gegen Personen ermittelt man zuerst innerhalb der Familie. Aus gutem Grund. Traurig, aber wahr.
Callie legt Heathers Personalakte beiseite und nimmt eine von fünf dicken Mappen zur Hand.
»Sind das alles Fallakten?«, fragt Alan.
»Ja«, antwortet Callie.
Er stößt einen leisen Pfiff aus. »Die haben wirklich alle Hebel in Bewegung gesetzt.«
Callie schlägt die Mappe auf und blättert sie durch. Plötzlich stößt sie auf irgendetwas. »Der Ermittler war ...«, sie stockt überrascht. »Sieh mal einer an. Der Ermittler war kein anderer als Detective Daryl Burns.« Sie liest weiter. »Ja, es scheint, dass er sich auf den Ehemann eingeschossen hat... Hollister hat deswegen sogar Beschwerde eingereicht.«
»Warum?«, fragt Alan. »Abgesehen von den offensichtlichen Gründen.«
»Offenbar gab es Ärger an der Heimatfront. Bei seiner ersten Vernehmung sagte Douglas Hollister aus, in ihrer Ehe sei alles bestens. Aber das war gelogen. Burns fand heraus, dass er einen Scheidungsanwalt konsultiert hatte. Und Heather hatte einen Privatdetektiv engagiert.«
»Und? Hat er irgendetwas herausgefunden?«, fragt Alan.
Callie zieht einen großen braunen Umschlag aus der Mappe und breitet den Inhalt auf dem Schreibtisch aus. Wir scharen uns darum. Es sind Schwarz-Weiß-Fotos im Format 20 x 25 cm, fünf insgesamt. Auf den Fotos sieht man einen Mann und eine Frau ein Hotelzimmer betreten. Als sie hineingehen, trägt der Mann eine Krawatte und wirkt verstohlen. Als sie herauskommen, lacht er mit der Frau, und der Schlips steckt in der Jacketttasche.
»Douglas Hollister, nehme ich an«, murmelt Callie.
Ich schaue mir ein Foto an, das ihn von vorne zeigt. Hollister sieht ziemlich gut aus, wenn auch auf unscheinbare Art. Kurzes Haar, gut sitzender Anzug, sportliche Figur. Er hat ein freundliches, ungezwungenes Lächeln. Frauen mögen das, weil es auf einen soliden und vertrauenswürdigen Mann hindeutet.
Die Frau ist ebenfalls attraktiv, aber mehr auch nicht. Ich schätze, sie ist in demselben Alter wie Hollister, ein bisschen pummelig, und die Frisur macht sie fünf Jahre älter. Sie schaut ihn an, während er lacht.
»Sie bewundert ihn«, sage ich. Ich zeige James das Foto.
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