Ausgeloescht
»sondern die ganze Visage. Es stand in einigen Zeitungen. Er hat sie fürs ganze Leben entstellt.« Er grinst höhnisch. »Sie ist danach nie mehr zur Arbeit gekommen.«
Es ist erstaunlich, wie schnell er sein wahres Gesicht zeigt, weil er sich dank Alans Verhalten sicher fühlt und keine Maske mehr tragen muss. Was wir jetzt sehen, ist nicht der Douglas Hollister, wie er geworden ist, sondern wie er immer schon war. Er hat Heather nie geliebt. Er ist zur Liebe gar nicht fähig. Wahrscheinlich hat er Heather geheiratet, weil er hoffte, ihre Stärke bezwingen zu können. Als das nicht klappte, hat er sich eine unterwürfige Frau gesucht.
»Da haben Sie ihn dann ernst genommen?«, fragt Alan.
»Ja. Hätten Sie das nicht getan?«
»Doch, vermutlich.«
»Ein paar Tage später, als ich wieder im Chatroom war, meldete er sich bei mir. >Hast du meinen Beweis erhalten?<, fragte er. Ich bejahte.« Er stockt, zieht an der Zigarette. Sein Blick ist nicht mehr höhnisch oder gemein. »Haben Sie mal Faust gelesen? Den Handel mit Mephisto?«
»Sicher.«
Hollister erzählt uns die Geschichte trotzdem. »Da ist dieser Kerl, Faust, ein Alchemist oder Naturwissenschaftler, etwas in der Richtung. Ein Wahrheitssucher. Er ist verzweifelt, weil er an seine Grenzen gestoßen ist und nichts mehr über das Leben, das Universum und das alles herausfinden kann. Der Teufel sieht das und bietet Faust einen Handel an. Er will ihm dienen, bis er das größtmögliche Glücksgefühl erlebt. Als Gegenleistung bekommt er Fausts Seele. Faust sagt: >Klar, warum nicht. < Denn er ist sicher, dass solch ein Augenblick niemals kommt. Er will die Hilfe des Teufels, um die Geheimnisse des Universums zu ergründen, und glaubt, die Zeche nie bezahlen zu müssen. Das Problem ist, er muss es doch.« Er seufzt. »Dali ließ mich wählen, aber er zwang mich nicht zu dieser Entscheidung. Die habe ich allein getroffen.«
Aber Gott rettet Faust am Ende, denke ich, weil er den Wert in seinem Bemühen sieht. Faust ist den Handel wegen eines guten und lobenswerten Bestrebens eingegangen: der Erlangung von Wissen. Hollister hingegen hat seine Seele für etwas viel Geringeres verkauft.
»Er sagte, er lässt mir einen Tag Zeit, um über alles nachzudenken«, berichtet Hollister weiter. »>Wenn du dich erst einmal dazu entschieden hast, gibt es kein Zurück mehr. Wir werden zu einer Abmachung kommen. Du wirst mir gewisse Dinge versprechen. Wenn du dieses Versprechen brichst, hat das Konsequenzen. < Dann meldete er sich ab.«
»Haben Sie darüber nachgedacht?«, frage ich mit ehrlicher Neugier.
Er betrachtet mich, aber diesmal liegt keine Verachtung in seinem Blick. »Nicht viel«, gesteht er. »Ich wollte sie nur weg haben. Wahrscheinlich hat er das längst gewusst. Er wusste, er hatte mich in dem Moment am Haken, als er mir das Angebot machte. Alles andere diente nur dazu, den Fisch einzuholen.«
Da hat er vermutlich recht. Manche Psychopathen durchschauen ihr Gegenüber sofort, erst recht ihresgleichen.
»Was hat er Ihnen angeboten?«, fragt Alan.
Hollister wird allmählich müde. Die Aufgedrehtheit der letzten Tage fordert ihren Tribut. Er blickt jetzt in die Zukunft, stelle ich mir vor. Auf Jahre in einer Gefängniszelle mit Erinnerungen an die Augen seines sterbenden Sohnes, der um sein Leben fleht. Er zieht noch einmal an seiner vierten Zigarette; dann drückt er sie auf dem Sofatisch aus. Er zündet keine neue an.
»Er wollte Heather und ihren Freund verschwinden lassen. Sie entführen. Er hat nicht gesagt, ob er sie umbringen wird oder nicht, nur dass niemand sie je finden wird.«
»Ich nehme an, Sie sollten ihn dafür bezahlen?«
»Das war das Geniale an der Sache. Ich sollte sieben Jahre warten und Heather dann für tot erklären lassen, ohne Leiche. Dann sollte ich die Lebensversicherung kassieren, und er würde Verbindung zu mir aufnehmen, um seinen Anteil zu holen -die Hälfte der Versicherungssumme in bar. Sieben Jahre ist eine lange Zeit. Heather wäre dann fast schon in Vergessenheit geraten.
>Du brauchst nur drei Dinge zu tun<, sagte er zu mir. >Du musst mir garantieren, dass du dein Leben sieben Jahre lang normal weiterführst und mir dann die Hälfte der Versicherungssumme gibst.<« Hollisters Lächeln ist ekelhaft, seine Blässe erschreckend. Er sieht beinahe blutleer aus. »Also sagte ich Ja. Eine Woche später waren Heather und ihr Lustknabe verschwunden. Dali nahm nur noch einmal Kontakt zu mir auf, um mich zu warnen. >Denk an die
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