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Ausgeloescht

Ausgeloescht

Titel: Ausgeloescht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cody Mcfadyen
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einen Arm in die Höhe. »Let's Rock!«
    Dann geht das ungleiche Paar - ein Killer, der nicht reden kann, und eine Killerin, die zu viel redet. Ich sehe ihnen hinterher, bevor ich wieder zu Alan und Burns gehe.
    »Interessanten Bekanntenkreis haben Sie«, bemerkt Burns. »Das Mädel macht mir Angst, aber sie ist wenigstens hübsch. Der Leichenbestattertyp macht mir eine Gänsehaut.«
    »Mir auch«, gebe ich zu.
    Hoffentlich wirken sie auf den Täter genauso.
    Heather Hollisters Augenbewegungen haben sich beruhigt. Ihr Blick springt nicht mehr hin und her wie eine vollgekokste Ballerina. Stattdessen starrt sie vor sich hin. Die Arme verschränkt, liegt sie auf dem Rücken und starrt an die weiße Decke. Ihr Mund ist geschlossen. Nur am Heben und Senken der Brust und dem gelegentlichen Blinzeln sieht man, dass sie am Leben ist.
    Burns steht mitten im Zimmer und betrachtet sie mit offenem Mund und einer Mischung aus Schmerz und Erschöpfung. Ich glaube, er denkt an sie, wie sie mit zwölf gewesen ist, wie sie ihn mit ernsten Augen angeschaut und ihm gesagt hat, er soll den Mann fangen, der ihren Daddy erschossen hat. Er hat ein Versprechen gegeben, das er nicht halten konnte, und alles ist noch viel schlimmer geworden.
    Er geht an ihr Bett, zieht sich einen Stuhl heran und setzt sich, alles mit den Bewegungen eines Greises. Er nimmt ihre Hand in seine. Alan und ich bleiben abseits stehen, sehen zu, fühlen uns wie Fremde auf einer Beerdigung.
    »Heather, Liebes, ich bin's, Daryl Burns.« Er drückt ihre Hand. »Kannst du mich hören?«
    Ich glaube zu sehen, dass ihre Augen reagieren.
    Burns seufzt. »Ich fürchte, ich habe dich im Stich gelassen, Liebes. Das macht mir sehr zu schaffen, glaub mir. Aber eines kann ich dir wenigstens sagen: Wir haben den Hurensohn geschnappt, der sich als dein Mann bezeichnet hat. Douglas hat bis zu den Ohren dringesteckt.«
    Diesmal bin ich sicher: Ich sehe ein leises Zittern auf dem tiefen, stillen See, in den Heather sich verwandelt hat. Auch Burns entgeht es nicht. Er beugt sich vor.
    »Du hast verstanden, was ich gesagt habe, nicht wahr? Komm schon, Heather. Ich weiß, du hast Schlimmes durchgemacht, weiß Gott mehr, als andere ertragen könnten, aber du darfst dich nicht verschließen. Wir brauchen deine Hilfe, wenn wir den Kerl schnappen wollen, der dir das angetan hat.« Er drückt ihre Hand, streichelt sie und erscheint mir väterlicher denn je. »Wir müssen den Scheißkerl erwischen, der dir die schönen Haare abgeschnitten hat, Liebes. Weißt du noch, wie du zu mir gesagt hast, du hättest die Haare deines Vaters?« Seine Stimme bricht. Ich halte Burns für einen Mann der alten Schule, dem anerzogen wurde, seine Tränen zurückzuhalten, doch er wirft nicht mal einen verlegenen Blick in unsere Pachtung. Sein Kummer macht ihm viel zu sehr zu schaffen.
    Das leise Zittern hört jetzt nicht mehr auf. Es ist wie das Flimmern der Pappeln im Wind, ziellos, aber kräftig und auf seine Art schön. Es ist ein Zeichen von Leben, wie deformiert es auch sein mag, und Burns greift verzweifelt danach.
    »Heather? Bitte, Heather, komm zurück. Ich bin hier. Hier ist es sicher.«
    Sie blinzelt ein paar Mal. Ihre Wangen zucken. Sie dreht den Kopf zu Burns. Es ist die Bewegung eines Totenschädels auf staubtrockenen Halswirbeln, bei der man damit rechnet, ein Geräusch wie bei einer knarrenden Tür zu hören. Unvermittelt öffnet sie den Mund und lacht. Es ist ein schrilles, entsetzliches Keckem. Es jagt mir Schauder über den Rücken.
    »Sicher?«, krächzt sie. Dann lacht sie wieder. Doch gleich darauf folgen Tränen, laufen ihr in Strömen über die Wangen. Unwillkürlich frage ich mich, wie aus diesem pulvertrockenen Mumienschädel Tränen kommen können. Ihr Gesicht glänzt, verzerrt von Gelächter, das nur eine andere Form des Weinens ist.
    Burns starrt sie sprachlos an. Er weiß nicht mehr, was er tun soll, fasst sich aber rasch. Er macht ein grimmiges Gesicht, doch es wirkt gekünstelt - ein Mann, der eine Maske aufsetzt.
    »Lassen Sie den Unsinn, Detective Hollister!«, schnauzt er sie an. »Sie sind nicht mehr dort, sondern hier, und wir brauchen Ihre Hilfe, um den Kerl zu fassen, der Sie festgehalten hat. Reißen Sie sich zusammen!«
    Ich kann es kaum glauben, aber es hat die gewünschte Wirkung. Das schreckliche Lachen verstummt. Die Tränen strömen weiter, hinterlassen wässerige Spuren auf der Bettdecke. »Daryl ...«, bringt sie mühsam hervor. »Mir geht es so beschissen ... so,

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