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Ausgeloescht

Ausgeloescht

Titel: Ausgeloescht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cody Mcfadyen
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versuche mit schierer Willenskraft zu erzwingen, dass dieses Miststück abkratzt.
    Das ist ein offensichtlicher Fall. Es gibt subtilere, sogar noch dunklere Beispiel. Wie etwa:
    Gott ging scheißen, und da lag eine Frau. Säue, jede Einzelne von ihnen. Das Miststück, das mir meinen Sohn genommen hat, beobachte ich jeden Abend nach der Arbeit aus meinem Auto. Ich parke irgendwo am Haus und beobachte das Flittchen.
    »Mann, ist das ermüdend«, beklagt sich Alan, steht auf und reckt sich ächzend. »In meinem ganzen Leben habe ich noch keine solche Ansammlung von Jammerlappen gesehen. Was haben die für ein Problem? Du willst ein Mann sein? Dann sei ein Mann! Du willst anders denken als Anführungszeichen unten Feministinnen Anführungszeichen oben? Dann denk anders! Niemand hält dir eine Kanone an den Kopf.«
    »Was ist mit denen, die ihre Kinder verlieren? Meinst du nicht, dass unser System die Mütter bevorzugt, wenn es um das Sorgerecht geht?«, fragt Leo. »Ich meine das rein akademisch, wohlgemerkt.«
    »Es gibt Länder, da geht das Kind automatisch zum Vater. Hältst du das für gerecht?«
    »Nein. Ich finde, das Sorgerecht sollte an den gehen, der für die Erziehung am besten geeignet ist, ohne das Geschlecht zu berücksichtigen. Frauen werden als zuverlässiger bei der Erziehung angesehen. Wieso?«
    »Das ist gut, Leo«, sage ich. »Hört sich ganz so an, als hättest du Gesinnungsgenossen gefunden.«
    Mit seinem Lächeln zeigt er mir, dass seine Kommentare mehr intellektuell als leidenschaftlich gewesen sind. »Ich habe ihre Sichtweise begriffen, aber entschieden ist noch nichts.«
    »Wer hat dich großgezogen?«, fragt Alan.
    »Hauptsächlich mein Vater.« Er wirkt verlegen. »Meine Mutter hat getrunken.«
    »Was hältst du davon, das in deine Legende einzubauen?«, fragt Alan.
    »Von mir aus. Ich bin nicht gerade begeistert, aber es ist okay.«
    »Eine gute Legende muss Wahrheit enthalten, um glaubwürdig zu sein. Wenn du etwas einbauen kannst, auf das du eine emotional unverfälschte Reaktion zeigst, eine Reaktion, die du nicht zu spielen brauchst, ist es umso besser.«
    »Sind wir dann so weit?«, frage ich Alan. »Die Legende aufzubauen?« »Ich glaube schon. Ich habe viel gelesen. Leo?« »Ich habe jetzt einen ziemlich guten Überblick.«
    »Du scheinst heftig auf den Aspekt des Kindersorgerechts zu reagieren«, sage ich. »Tut mir leid, wenn ich persönlich werde, aber im Interesse der Motivation in deiner Legende ... Ich glaube, du wehrst dich gegen die Bevorzugung der Mutter wegen deiner eigenen Erlebnisse als Kind.«
    »Könnte sein. Es war immer Dad, der die Familie zusammengehalten hat, der uns zu essen machte, der uns Kleidung kaufte und dafür sorgte, dass wir zur Schule gingen und unsere Hausaufgaben machten.«
    »Gut. Das ist sehr gut«, sagt Alan. »Genau das, was du für deine Legende benutzen wirst. Du bist ein gerade erst geschiedener, desillusionierter Achtundzwanzigjähriger.«
    »Neunundzwanzig.«
    »Richtig, neunundzwanzig mit einem Babyface«, sagt Alan. »Du bist von einem soliden, verlässlichen Vater und einer alkoholsüchtigen Mutter aufgezogen worden.« »Die dich misshandelt hat«, werfe ich ein. »Meine Mutter hat mich nie misshandelt.«
    »Das freut mich, aber hier weicht unsere Erzählung von der Wahrheit ab und mündet in das Profil, das wir brauchen. Deine Mutter hat dich misshandelt, wenn dein Vater nicht da war, und du hast es vor deinem Vater verheimlicht.«
    »Warum?«
    »Weil du versucht hast, die Familie zusammenzuhalten. Du hast deine Mutter trotz allem geliebt, dein Vater hat oft gesagt, dass er sich von deiner Mutter scheiden lässt, sollte es noch schlimmer werden.«
    Leo wird rot und sieht weg.
    »Das hat wohl einen Nerv getroffen, was?«, fragt Alan.
    Leo reißt sich zusammen. »Mein Vater hat Mom immer >eine Frau aus Kummer und Feuer< genannt.«
    »Was hat er damit gemeint?«, frage ich.
    »Dass sie voller Leben war und zugleich voller Qual.« Er beißt sich auf die Unterlippe. »Ich erinnere mich an einen Samstag. Ich bin aufgewacht, und Mom war nüchtern. Ich muss so um die zwölf Jahre alt gewesen sein. Ich ging in die Küche, und sie war wach. Sie hatte keinen Kater, hatte sogar Frühstück gemacht. Pfannkuchen und Speck und frisch gepressten Orangensaft. Bis zu diesem Morgen hatte ich noch nie frisch gepressten Orangensaft bekommen. Ich hatte noch nie etwas so Leckeres getrunken. Nach dem Frühstück fragte Mom mich unvermittelt: >Kannst du tanzen?< Das

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