Ausgeloescht
haben zu Hause irgendwo eine Mappe versteckt mit Fotos von den Opfern, die Sie sich im Laufe der Zeit wie Rosinen herausgepickt haben.«
Er wurde aschfahl vor Wut, aber ich sah auch Angst in seinem Gesicht. Ich war jetzt wie ein Hai, der Blut witterte und wie rasend war vor Hunger. Der Kerl hatte mich verbal vergewaltigt. Das zahlte ich ihm nun heim, und eine Ohrfeige war nicht genug. Ich wollte ihn ungespitzt in den Boden hauen.
»Sie sind kein Unmensch, Frank, das weiß ich. Ich glaube nicht, dass Sie jemals eine Frau vergewaltigt haben. Aber Sie spüren das Verlangen, nicht wahr?« Ich nickte zu meinen eigenen Worten. »Darum haben Sie das eben zu mir gesagt. Sie haben sich ausgemalt, wie es wäre, mich zu vögeln.«
»Du blöde Fotze!« Es klang, als hätte er einen Schlag in den Magen bekommen.
Ich wette, dein Schwanz ist jetzt schlaff, dachte ich voller Genugtuung.
Er wich zurück und ging zur Tür. Ich sah ihm die ganze Zeit hinterher, grinsend wie ein Halloweenkürbis. Dann drehte er sich noch einmal zu mir um, und plötzlich sah ich einen neuen Ausdruck auf seinem Gesicht. Es war ein kompliziertes Geflecht aus den verschiedensten Gefühlen: Respekt und Wut, Scham und Angst und eine gewisse Nachdenklichkeit, dazu Müdigkeit und Überdruss. Dahinter lugte wie ein Kind um den Türrahmen ein jüngerer Frank hervor, aus einer Zeit, als er noch sauber war. Ich sah, dass er sich an diese Zeit erinnern konnte und dass er sich danach sehnte. Ich hatte ihn daran erinnert, dass er eine Mutter hatte.
Es war das erste Mal, dass ich den Unterschied zwischen einem lasterhaften und einem boshaften Mann erfasste.
Eine Woche später ließ Robinson sich in den Ruhestand versetzen.
Ich kann tief in das Wesen eines Menschen blicken. Das ist meine Gabe und mein Fluch, je nach Blickwinkel und Umständen. Ich bin von einem Mann vergewaltigt worden, aber ich habe die Videoaufnahme des kleinen Mädchens gesehen, das lächelnd eine Katze strangulierte und im Garten vergrub. Die überwältigende Mehrheit der Menschen, die ich verfolge, sind Männer, aber ich habe einmal eine Frau festgenommen, die ihr sechs Monate altes Kind im Backofen gebraten hatte, weil es ihr zu viel schrie.
Ich sehe sehr wohl die Unterschiede zwischen Männern und Frauen, aber ich weiß, dass wir alle die Anlage zur Gewalttätigkeit haben. Doch zwischen einem fehlerhaften und einem bösen Menschen besteht ein himmelweiter Unterschied.
Dank dieses Wissens konnte ich auch nach Sands' Überfall auf mich und meine Familie meine Arbeit weiter tun. Ich hatte befürchtet, dass ich nur noch von blindem Zorn getrieben würde oder von einem unstillbaren Verlangen nach Rache und dass dies mein Urteilsvermögen trübte. Doch ich stellte erleichtert fest, dass mich stattdessen der Wunsch antrieb, die Fehlerhaften zu retten, und nicht das Verlangen, die Bösen zu vernichten. Das sagt sich so leicht, aber der emotionale Unterschied ist gewaltig.
»Gehen wir mal in den Chat«, sage ich. »In welchen?«, fragt Leo.
»Schlampen-Talk. Ich denke, da finden wir Douglas Hollister. Er schien mir kein Mann der philosophischen Sorte zu sein.«
Leo klickt auf das Menüfeld, und eine lange Namensliste erscheint. »Da ist ja mächtig was los«, meint Alan.
Callie beugt sich vor. »Seht euch die Namen an. >USAWomen-Suck<, >Single4life<, >NotYrBalls<. Ich erkenne ein Leitmotiv.«
»Bei manchen Chats muss man sich einloggen, um die Unterhaltung verfolgen zu können. Bei dem hier nicht. Man kann also mitlesen, ohne sich zu beteiligen«, erklärt Leo.
Ich lese verschiedene Erwiderungen, fasziniert von dieser Subkultur gekränkter großer Jungen.
Die Ehe ist nur eine andere Form der Prostitution.
Das hast du richtig erkannt, Kumpel. Meine Frau hatte so was wie ein System. Immer wenn ich etwas von der »Liebling-würdest-du-mal?«-Liste erledigt hatte, rückte Ficken in den Bereich des Möglichen. Aber wenn ich mich hinsetzte und mir ein Spiel ansah, tat sich gar nichts.
Was musstest du denn tun, um einen geblasen zu kriegen?
Eine andere Frau finden!
LOL!
»Charmant«, bemerke ich.
Der Dialog geht woanders weiter.
Ich hoffe noch immer, eine anständige Frau zu finden, mit der ich zusammenleben kann. Heißt das, ich bin ein Weichei? Die Antworten kommen schnell. Ja!
Weichei!
Also, ich finde das nicht. In gewissem Maße hoffen wir alle auf eine solche Frau. Wer etwas anderes behauptet, lügt. Aber die Chancen stehen schlecht, eine Amerikanerin zu finden, die keine
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