Ausgerechnet den?
September fand an der malerischen Flusspromenade traditionell ein Kleinkunstmarkt statt, wo örtliche Künstler wie Maler, Bildhauer, Goldschmiede, Schmuckhandwerker und Glasbläser ihre Arbeiten ausstellen konnten. Schmuckanhänger in leuchtenden Farben baumelten in der leichten Herbstbrise, Gemälde, Keramiken und Glaswaren sorgten für bunte Tupfer in der malerischen Flusslandschaft.
Das Publikum gehörte zur wohlhabenden Mittel- bis Oberschicht. Junge Pärchen schoben teure Kinderwagen vor sich her oder trugen wohlgenährte Babys in robusten Gestellen auf dem Rücken, während die ältere Generation in der bunten Kleidung, die sie zuvor auf dem Golfplatz getragen hatte, zwischen den Ausstellungsständen herumschlenderte. Den Gesichtern der Jugendlichen merkte man die sündteure dermatologische Behandlung an und auch die Tausende von Dollars, die in die Korrektur ihrer makellos weißen Beißerchen gesteckt worden war. Zwischen all den hellen Gesichtern tauchten hin und wieder afroamerikanische, hispanische und asiatische Menschen auf, allesamt ebenfalls schick gekleidet und wohlhabend.
Phoebe kam es vor, als wäre sie direkt in den amerikanischen Traum hineingestolpert, wo Armut und rassisches Wohlstandsgefälle keinen Platz hatten. Sie wusste, dass auch diese Stadt ihre Probleme hatte, doch erschienen sie ihr, die die letzten sieben Jahre in Manhattan gelebt hatte, vergleichsweise unbedeutend. Jeder hier hatte einen vollen Magen, und es herrschte ein Einvernehmen, das rar geworden war in einer Gesellschaft, die zunehmend unter ihrer Zerrissenheit litt. Ist es denn so falsch, dachte sie, wenn man jeder Gemeinde in Amerika saubere Straßen, unbewaffnete Bürger, Familien mit zwei Komma vier Kindern und eine Flotte von Chevy Broncos in den Garagen wünscht?
Dan musste wohl ihre Gedanken gelesen haben, denn er verlangsamte seine Schritte und sagte: »Besser geht’s wohl kaum.«
»Ja, ich glaube auch.«
»Ist jedenfalls eine ganz andere Welt als die, in der ich aufgewachsen bin.«
»Kann ich mir vorstellen.«
Molly war mit Pooh ein Stückchen vorausgegangen. Die Hundedame warf das Köpfchen elegant in die Luft und tänzelte an ihrer Leine, um bei der Menge Eindruck zu schinden. Dan setzte sich eine Ray-Ban-Sonnenbrille auf und zog sich den Schirm seiner Baseballmütze tiefer ins Gesicht. »Das ist die beste Verkleidung, die ich bieten kann, fürchte ich. Nicht, dass es funktionieren wird. Besonders nicht mit dir und diesem Hut.«
»Was stimmt nicht mit meinem Hut?« Phoebe griff sich an die pinkfarbene Rose, mit der sie die weite Hutkrempe hochgesteckt hatte.
»Dein Hut ist schon in Ordnung. Gefällt mir sogar, muss ich gestehen. Ist nur so, dass es ohnehin schwer für uns werden wird, anonym zu bleiben, und mit diesem Ding da auf deinem Kopf wird’s nicht gerade leichter.«
Sie verstand, was er meinte. »Vielleicht war dieser Ausflug doch keine so gute Idee.«
»Eine tolle Idee sogar. Jetzt wird die Presse nicht wissen, was sie von uns halten soll. Ich persönlich finde, sie sollen uns doch den Buckel runterrutschen.«
Molly, die vor ihnen ging, riss auf einmal scharf an Poohs Leine und blieb wie angewurzelt stehen. »Ich will nach Hause.«
»Wir sind doch gerade erst angekommen«, widersprach Phoebe.
»Ist mir egal. Ich will wieder nach Hause.«
Phoebe fiel auf, dass Molly zu einer Mädchengruppe hinsah, die auf einer grasbewachsenen Anhöhe ein Stück weiter den Weg entlag saß. »Sind das Freundinnen von dir?«
»Es sind richtige Biester. Alles Pompons, halten sich für was Besseres. Ich hasse sie.«
»Ein Grund mehr, den Kopf hochzuhalten.« Dan nahm seine Sonnenbrille ab und musterte die Gruppe einen Moment lang. »Kommen Sie, Miz Molly Wir wollen denen zeigen, aus welchem Holz Sie geschnitzt sind.« Er nahm Poohs Leine und reichte sie Phoebe. »Hier, nimm mal deine Ratte. Miz Molly und ich haben was zu erledigen.«
Phoebe war so besorgt um Molly, dass sie nicht daran dachte, sich Dan vorzuknöpfen, weil er Pooh eine Ratte genannt hatte. Sie beobachtete, wie er ihre Schwester zu den Mädchen hinsteuerte. Es war nicht zu übersehen, dass Molly nicht wollte, aber mit Dans Pranke am Ellbogen blieb ihr keine Wahl. Erst als er seine Kappe abnahm, merkte sie, was er vorhatte. Neben Bobby Tom und Jini Biederet war er das bekannteste Gesicht im ganzen DuPage County, und offenbar wollte er sich für die noble Aufgabe opfern, Molly mit seiner Person zu steigendem Ansehen zu verhelfen.
Doch während
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