Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ausgerechnet den?

Ausgerechnet den?

Titel: Ausgerechnet den? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Elizabeth Phillips
Vom Netzwerk:
Selbstwertgefühl, der sie als kleines Mädchen gewesen war. Soweit sie sich erinnern konnte, hatte Bert ständig geschimpft, dass sie zu absolut nichts nütze war, und allmählich bekam sie das Gefühl, dass er Recht gehabt hatte.
    Sie war dreiunddreißig, sie war arbeitslos, und sie war nahezu pleite. Arturo war vor sieben Jahren gestorben.
    Die anschließenden zwei Jahre hatte sie sich intensiv der Betreuung seiner Wanderausstellung gewidmet. Als diese jedoch eine permanente Heimstatt im Musee d’Orsay in Paris gefunden hatte, war sie nach Manhattan gezogen.
    Das Vermögen, das Arturo ihr nach seinem Tod hinterlassen hatte, schmolz rasch dahin, da sie damit vielen ihrer homosexuellen Freunde half, die ihre Krankenhausrechnungen nicht mehr bezahlen konnten und am Ende doch an AIDS starben. Sie bereute keinen Penny Jahrelang hatte sie in einer kleinen, exklusiven Kunstgalerie an der West Side gearbeitet, die sich auf die Avantgarde spezialisierte. Doch erst vergangene Woche hatte ihr alter Boss die Türen endgültig schließen müssen, und sie stand nun auf der Straße und musste sich überlegen, was sie jetzt mit ihrem Leben anfangen sollte.
    Ihr kam der Gedanke, dass sie es im Grunde leid war, den Paradiesvogel zu spielen, die Sexbombe, aber sie verfolgte den Gedanken nicht weiter, da sie im Moment zu aufgewühlt und angeschlagen für größere Bestandsaufnahmen war. Sie ging zum Zimmer ihrer Schwester und klopfte an die Tür.
    »Molly, ich bin’s, Phoebe. Darf ich reinkommen?«
    Keine Antwort.
    »Molly, kann ich reinkommen?«
    Stille. Dann hörte Phoebe ein brummeliges: »Wenn’s sein muss.«
    Sich innerlich wappnend, drehte sie am Türknauf und betrat das Zimmer, das früher als Kind ihres gewesen war. Wenn sie es tatsächlich einmal bewohnt hatte, gewöhnlich nicht mehr als ein paar Wochen im Jahr, hatte hier immer ein Saustall geherrscht: Bücherstapel, Musikkassetten und weggeworfene Schokoriegelpapiere. Jetzt sah es hier so adrett und ordentlich aus wie die neue Bewohnerin des Zimmers.
    Molly Somerville, die fünfzehnjährige Halbschwester, die Phoebe kaum kannte, saß mit untergeschlagenen Beinen in einem Sessel am Fenster. Sie trug noch das scheußliche braune, sackähnliche Kleid, das sie zur Beerdigung angehabt hatte. Im Gegensatz zu Phoebe, die als Kind ziemlich pummelig gewesen war, war Molly dürr wie eine Bohnenstange. Das dicke, dunkelbraune Haar hing ihr bis fast zu den Schultern und brauchte dringend einen guten Schnitt. Sie hatte blasse, teigige Haut wie ein typisches Zimmerpflänzchen, das nie an die Sonne kommt. Ihre Gesichtszüge wirkten für ihr Gesicht zu winzig und wenig attraktiv.
    »Wie geht’s dir, Molly?«
    »Prima.« Sie machte sich nicht die Mühe, die Nase aus dem Buch zu heben, das aufgeschlagen auf ihrem Schoß lag.
    Phoebe seufzte innerlich. Molly konnte sie nicht ausstehen und machte kein Geheimnis daraus. Die Jahre über hatten sie so wenig Kontakt miteinander gehabt, dass Phoebe nicht so recht wusste, wieso. Als sie nach Arturos Tod nach Manhattan gezogen war, hatte sie ein paar Mal im Internat in Connecticut vorbeigeschaut, um Molly zu besuchen. Doch war diese stets so abweisend gewesen, dass sie es bald wieder aufgab. Dennoch hatte sie ihr zu Weihnachten und zum Geburtstag regelmäßig Geschenke geschickt und ihr auch geschrieben, aber nie eine Antwort, geschweige denn einen Dank bekommen. Wie ironisch, dass Bert sie zwar enterbt, aber das, was seine wichtigste Verantwortung hätte sein sollen, dennoch ihr aufgehalst hatte.
    »Kann ich dir irgendwas bringen? Etwas zu essen vielleicht?«
    Molly schüttelte den Kopf und schwieg.
    »Ich weiß, das alles muss ganz schön schwer für dich sein, du Armes.«
    Ein gleichgültiges Schulterzucken.
    »Molly, wir müssen miteinander reden, und du könntest es uns beiden leichter machen, wenn du mich dabei anschauen würdest.«
    Molly hob die Nase aus dem Buch und blickte Phoebe duldsam an, was bei dieser das unangenehme Gefühl hervorrief, dass sie das Kind und ihre Schwester die Erwachsene war. Sie wünschte auf einmal, sie würde noch rauchen, denn im Moment hätte sie dringend eine Zigarette gebrauchen können.
    »Du weißt, dass ich jetzt dein gesetzlicher Vormund bin.«
    »Ja, Mr. Hibbard hat’s mir erklärt.«
    »Ich finde, wir sollten über deine Zukunft reden.«
    »Da gibt’s nichts zu reden.«
    Phoebe strich sich ungeduldig eine lästige Haarsträhne hinters Ohr. »Molly, du musst nicht ins Sommerlager zurück, wenn du

Weitere Kostenlose Bücher