Ausgerechnet Souffle'!
vorhandener Orientierungssinn verheddert sich haltlos in dem eingezeichneten Straßennetz. Wieso können die diese Dinger nicht so gestalten, dass auch ich damit klarkomme. Würden die statt Straßennamen einfach „Starbucks“, „kleines Jeanslädchen“ oder „Bioladen, der den leckeren Joghurt hat“ da drin verzeichnen, riefen Hunderttausende meiner Spezies erleichtert: „Ja natürlich, ich weiß genau, wo das ist!“ Unsereins kann mit klassisch männlichen Raumangaben wie „Antwerpener Straße westwärts, Ecke Brüsseler“ eben nichts anfangen. Wir biegen im belgischen Viertel an dem blauen Haus links ab, fahren an dem Fahrradladen vorbei und nehmen die Nächste rechts, an der die große Levisreklame hängt. So finden Frauen sich zurecht. Ich werfe einen Blick auf das Logo des Herstellers. Heute Abend werde ich denen per Email meine innovative Frauenstadtplan-Idee unterbreiten. Dann bemühe ich mich, das riesige Papier richtig zusammenzufalten. Ein unfruchtbares Unterfangen. Ich habe noch nie einen entfalteten Plan wieder korrekt in die Falz bekommen.
„Warum macht er das?“
Tock. Tock.
„Was?!“
Ich gebe auf und zerknülle den Stadtplan. Heutzutage besitzt man ein Navigationsgerät. Und ich werde mir gleich, nachdem ich mich bei den Stadtplanfritzen beschwert habe, eines im Internet bestellen.
„Mag die fremde Frau ihn auch?“
Tock.
Erst jetzt wird mir bewusst, dass die ungewaschene Rotznase unverändert an derselben Stelle steht und rosafarbene Kaugummiblasen platzen lässt.
„Was hast du gesagt?“
Unschuldig sieht er mich an.
„Na, wenn er die Frau fotografiert, dann mag er sie doch. Sonst würde er ja kein Foto von ihr brauchen. Und bestimmt mag sie ihn auch. Das ist ziemlich blöd für dich.“
Haben Sie einmal im Dunkeln eine Taschenlampe angeknipst und den Lichtstrahl auf den einen, kleinen, bislang unsichtbaren Punkt gerichtet? Nachdenklich schaue ich den Bengel an, während meine Hand nach den Taschentüchern in meiner Handtasche sucht. Ein silbernes Päckchen funkelt mir entgegen.
„Ja, ich glaube die fremde Frau mag ihn tatsächlich ...“
Ich gebe ihm das Schnäuztuch mitsamt dem Schokoriegel und lächle ihn wohlwollend an.
„... und ich dachte zuerst auch, dass das ganz schön blöd für mich ist.“
24. Soufflé für Anfänger
Es fällt so leicht, anderen gute Ratschläge zu erteilen. Kompliziert wird es immer dann, wenn es einen selbst betrifft. Julia sitzt jetzt vermutlich zuhause und formuliert einen Brief an ihre Schwester. Sie geht ihre Probleme an. Meine Sache würde sich durch einen einfachen Anruf lösen lassen. Das immerhin ist mir durchaus bewusst. Es hakt an der Umsetzung. Felix Sanders Telefonnummer haftet seit Tagen an meinem vermaledeiten Kühlschrank, der sich zum Hüter meiner unerledigten, leidigen Angelegenheiten erklärte. Das Schreiben der Kanzlei Hennemann und Partner habe ich inzwischen von Spinnweben und Staub befreit, gelesen und abgelegt. Harmloser als angenommen und letztlich als Missverständnis entlarvt. Allein der Umstand an sich, dass ich Felix Nummer tatsächlich gegoogelt, aufgeschrieben und verwahrt habe, sollte mir Aufschluss über mein Begehren geben. Leider obsiegt wie üblich meine Verleugnungstaktik. Die Rufnummer hängt dieser zufolge nur dort, falls ich jemanden brauche, der meine Pflanzen gießt, wenn ich in den Urlaub fahre. Schließlich hat mein Nachbar ein Händchen für Grünzeug. Na ja, den ertrunkenen Philodendron ausgenommen. Wobei ich natürlich Britta, meine Mutter und in absteigender Reihenfolge alle anderen Anwohner zuerst fragen würde.
So tigere ich eine Weile vor meiner Kühlschranktür auf und ab, um zu dem Entschluss zu gelangen, dass ich zunächst Britta kontaktiere und Gebrauch von der „Ruf-ihn-bloß-nicht-an-Hotline“ mache. Diese Übereinkunft herrscht zwischen uns, seitdem wir herausfanden, dass Männer nicht das sind, wovon wir im Barbiepuppenalter träumten. Übrigens hat Mutti letzte Woche den seit Jahren vermissten Ken vom Grund ihrer Regentonne gekratzt. Er hatte einen Streit mit meiner blonden Glamour-Barbie, woraufhin diese gemeinsam mit Brittas brünetter Glitzer-Barbie beschloss, ihn um die Ecke zu bringen. Also ertränkten sie ihn kurzerhand im See. Die beiden Barbies schworen, immer zusammenzuhalten und kein Sterbenswörtchen über den Verbleib von Ken zu verraten. Wir vergaßen ihn dann ziemlich schnell. Immerhin blieb das Verbrechen sechzehn Jahre lang unentdeckt. „Bevor du ihn
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