Ausgerechnet Souffle'!
schmecken nie so, wie zuhause bei Mutti. Vergleiche ich jedoch meine selbstbewusste Mutter mit der Schattenfrau von damals, die nur für Mann und Kind lebte, finde ich es in Ordnung, den Rouladenteil meiner Jugend nur in guter Erinnerung zu behalten. Muttis Finger sprechen weiter. In meinem Kopf werden ihre Zeichen zu Buchstaben. Ich muss aussehen wie eine Kuh, während mir klar wird, was ich da lese. Und mit einem Mal habe ich den Geschmack von Rouladen im Mund.
Wie auf Wolken verlasse ich am Spätnachmittag die kleine Wohnung einer einfachen Frau. Soll ich weinen oder lachen? Meine Mutter ist soeben um 50.000 Euro ärmer und eine Teilhaberschaft reicher geworden. Zuhause habe ich Mühe, die Tür zu öffnen. Ich hatte heute Morgen die Wochenzeitung achtlos auf den Altpapierstapel im Gang gelegt, der wohl damit sein Maximum erreichte und entkräftet zusammenbrach.
Muttis Rouladen (3 Portionen)
Man nehme:
3 Rinderrouladen,
6 Scheiben Speck,
3 TL Senf,
3 Gewürzgurken,
3 Möhren,
Pflanzenfett zum Braten,
1 Bund Suppengemüse,
Knoblauch, Lorbeer,
1 große Zwiebel,
1 viertel Liter Rotwein (nicht den Billigsten, denn Qualität schlägt sich auch in der Soße nieder),
etwas Brühe oder Fleischfond nach Bedarf.
Die Rouladen ausrollen, leicht salzen und pfeffern. Dann mit jeweils einem Teelöffel Senf bestreichen und mit je 2 Scheiben Speck und in Scheiben geschnittener Gewürzgurke belegen. Zu Rouladen rollen und mit Metallspießen gut zustecken. Mutti nahm immer Faden. Ist aber lästig zu öffnen. Entweder verbrennt man sich die Finger beim Aufdröseln oder das Röllchen glitscht aus den Händen.
In Pflanzenfett kurz sautieren, dann das Fleisch herausnehmen und warmstellen. Das Gemüse waschen und klein schneiden und mit dem restlichen Fett im Topf (oder Bräter) anbraten. Die Rouladen auf das Gemüse geben und den Rotwein angießen. Das letzte Drittel der Flasche selbst austrinken und jeden Schluck genießen. Offen aufkochen, bis etwas Flüssigkeit verdampft ist. Knoblauch und Gewürze hinzugeben. Anschließend das Ganze bei niedrigerer Temperatur und geschlossenem Deckel etwa 1 ½ Stunden schmoren. Die Rouladen herausnehmen und das Gemüse pürieren. Eventuell mit etwas Brühe verdünnen. Das Fleisch in der Sauce erwärmen.
Dazu servierte Mutti immer Salzkartoffeln und Rotkohl.
Der ganze Flur ist von alten Zeitungen, Zeitschriften und sonstigem Schriftkram überflutet. Auch wenn mir der Gedanke äußerst missfällt: Ich komme womöglich nicht umhin, den Müll zu den Papiercontainern hinunter tragen zu müssen. Warum ich das unangenehm finde?
Kennen Sie den Film, der in den 80ern durch alle Frauenherzen seufzte? Richtig. Dirty Dancing. Natürlich fällt Ihnen dazu unwillkürlich jene Szene ein, in der die süße, unschuldige Jennifer Grey dem scharfen Patrick Swayze begegnet. Der tolle Typ wirbelt ihre pubertären Hormone dermaßen durcheinander, dass von ihrem Verstand nicht viel mehr übrig bleibt als folgende Worte: „Ich hab´ eine Melone getragen.“
Jede Frau um die Dreißig kennt diesen Satz. Ich hab ihn erlebt.
Es war ein Freitag. Das weiß ich genau, da ich nämlich üblicherweise an Olgas Putztag immer meinen Papiermüll runter trage. Ich stolperte also auf dem Weg zu den hausgemeinschaftlichen Tonnen über leere Umzugskisten und allerlei Gerümpel, das an diesem Tag überall da rumlag, wo es nicht rumliegen sollte. Ich rieb mir fluchend das Schienbein und setzte an, die Person, welche da ungerührt ihre Kisten ablud, verbal ordentlich zusammenzufalten. Ich sah das Meer. Türkisblau. Mit Spiegelungen von goldenem Sonnenlicht darin. Es verschlug mir nicht nur den Atem. Gleichzeitig saugte ein überdimensionaler Gefühlsstaubsauger fein säuberlich sämtliche Gehirnzellen aus meinem Kopf. Ich starrte in diese wunderbaren Augen, dachte ans Vögeln und stammelte im Geiste den Satz aus meinem Lieblingsfilm:
„Ich hab´ eine Melone getragen.“
„Wie bitte?“
Oh mein Gott. Hatte ich das etwa laut gesagt?
Ich drehte mich um und ergriff mit hochrotem Gesicht die Flucht.
Später stellte ich fest, dass das Objekt meiner Begierde genau gegenüber, mitsamt Panoramablick von meinem in sein Küchenfenster, eingezogen war. Mutti bewunderte kurz darauf das Muster meiner blickdichten Vorhänge und fragt sich bis heute, wie ich im Dunkeln arbeiten kann. Für meinen Balkon fiel mir noch nicht die optimale Lösung ein.
Nun. Seitdem meide ich auch den Hinterhof. Ich vermag
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