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Ausgerechnet Souffle'!

Ausgerechnet Souffle'!

Titel: Ausgerechnet Souffle'! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Winter
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dem Mann unmöglich unter die Augen zu treten, nachdem ich mich dermaßen lächerlich gemacht habe. Mit den natürlichen Folgen muss ich eben leben. Ich holte mir quasi den Papiercontainer in die Wohnung und sehe mich seither gezwungen, meinen Hausmüll heimlich nachts woanders zu entsorgen. Ja, ich weiß, dass das nicht die feine Art ist.
    Etwas unschlüssig taste ich nach meinem Schlüssel auf der Anrichte. Der unwiderstehliche Nachbar wird schon nicht mitten in der Woche zur Mittagszeit da unten auftauchen.
     
    *
     
    Fast bin ich ein bisschen enttäuscht. Meine Zeitungen landeten ohne Zwischenfall im Container auf dem Hof. Auf dem Rückweg begegne ich im Hausflur dem zwar freundlichen, aber reizlosen Postboten. Leider überreicht er mir weder Fleurop-Blumen von einem unbekannten Verehrer und auch nicht das ersehnte Päckchen vom Onlineshop. Sondern ein Einschreiben mit persönlicher Zustellung. Noch Minuten später und längst in meiner Wohnung angekommen, drehe ich den schmalen, eleganten Briefumschlag unschlüssig in den Händen. Das Briefpapier ist mir wohlbekannt. Besonders der Geschmack der Klebestreifen beim Anlecken. Ein wenig Vanille vereint mit einem Hauch Mandarine und Fensterreiniger. Mein Blick sucht unauffällig nach einem Ort, wo ich das Kuvert diskret ablegen und vergessen kann.
    Ich bekam noch nie eine waschechte, schriftliche Kündigung. Während meiner Schul- und Ausbildungszeit jobbte ich in diversen gastronomischen Lokalitäten. Man begnügte sich dort, mir mit unbewegter Miene eine Rechnung für das zerschlagene Porzellan auszustellen und mich höflich zu bitten, am nächsten Tag nicht mehr zu erscheinen. Dabei ging ich regelrecht beflügelt ans Werk. Vielleicht habe ich ein kleines bisschen übertrieben. Im Fernsehen funktioniert das stets, wenn der coole Barkeeper die Cocktails meterweit die blank polierte Thekenfläche entlang sausen lässt. Bei mir klappte das leider nicht so gut. Der Maître meinte auch, es sei in einem 4-Sterne-Lokal nicht üblich, dem Gast sein Champagnerglas absichtlich über den Armani-Anzug zu gießen. Ich schwöre, ich hatte den unflätigen Kerl vorgewarnt. Zweimal bat ich ihn freundlich, seine Hand von meinem Hintern zu nehmen, die er dort versehentlich ablegte. Meiner dritten Aufforderung verlieh ich lediglich mittels Inhalts seines Glases etwas Nachdruck. Ich gebe zu, dass diese Methode nur bedingt der Etikette entspricht. War aber sehr wirkungsvoll. Danach stellte ich sowieso fest, dass die Gastronomie nicht mein Ding ist. Der Maître teilte meine Meinung. Ich kam ihm bloß zuvor.
    Ich öffne den Brief der Kanzlei Dr. Hennemann, Frentzen und Partner betont langsam. Beim Herausziehen des Schreibens blinzelt mir der vertraute, großspurige Briefkopf entgegen und treibt mir glatt die Schamesröte auf die Wangen. Meine Handinnenflächen werden feucht und meinem Magen behagt das Ganze auch nicht sonderlich. Ich überlege es mir kurzfristig anders. Der Umschlag samt ungelesenem Schrieb darin fliegt aus Versehen auf den Kühlschrank, um Staub und Spinnweben Gesellschaft zu leisten. Und ich wende mich meinem viel erfreulicheren Milchkaffee zu. Ich halte es da wie der berühmte Vogel Strauß: Nix gesehen. Nix da. Natürlich streift mein Blick nur zufällig den gegenüberliegenden Balkon. Beinahe hätte ich das wohlschmeckende Heißgetränk ausgespuckt.
     
    Ich kannte mal jemanden, der sowohl vitamin- als auch sportresistent war. Er hielt Brokkoli für eine tschechische Biersorte und Aerobic für ein Beatmungsgerät. Todsicher sah dieser Mensch nie in seinem Leben ein Sportstudio von innen. Ich schaute an dem Abend, als ich in den Genuss seiner Bekanntschaft kam, entweder nicht genau hin oder stand unter dem Einfluss alkoholischer Substanzen. Jedenfalls bemerkte er auf mein entgeistertes „Oh!“, das mir entschlüpfte, als ich seines mächtigen Bauches ansichtig wurde (man erspare mir, auszuführen, wieso ich überhaupt in diese prekäre Lage kam):
    „Wozu brauche ich ein Sixpack, wenn ich doch ein Fass haben kann?“
    Und seine Plauze waberte und bebte, als er über seinen eigenen Witz lachte.
    Keine Ahnung, warum mir jetzt dieser Spruch in den Sinn kommt. Das hier ist eindeutig kein Bierfass. Nicht mal ein Kleines. Das ist der Prototyp eines perfekten Abdomens aus einem Lehrbuch der Sportmedizin. Und die passende Brust und Oberarmmuskulatur wird gleich noch der Einfachheit halber exemplarisch mitgeliefert.
    Dieser Nachbar besitzt die Dreistigkeit, mit nacktem

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