Ausgerechnet Souffle'!
denn sein?“ Misstrauisch blickt er in den Linseneintopf. „Der ist ja grau!“ Der kleine Mann schnuppert und verzieht gequält das Gesicht.
Ich verdrehe die Augäpfel. Dieser Mensch macht mich irre. Seit der Ladeneröffnung verschaffe ich ihm für lau eine tägliche, warme Mahlzeit. Und was tut er? Rumnörgeln. Offensichtlich kann ich der obdachlosen Primadonna nichts recht machen. Die Suppe schmeckt zu limonenlastig, das Hühnchen knuspert nicht, der Reis matscht, das Gemüse wässert. Die Pasta ist nur fast al dente, das Salatdressing nicht sämig und die Melone hätte ruhig ein paar Tage länger liegen können. Zumindest Hund meckert nicht und begrüßt mich jeden Mittag freudig und lässt sich willig von mir streicheln. Inzwischen kriegt er ja auch richtiges Hundefutter. Heute fällt sogar ein Rinderknochen für ihn ab. Sein Herr dagegen übt sich in maßloser, divenhafter Undankbarkeit. Ich überlege, ihm den Eintopf über den ungewaschenen Kopf zu schütten. Dafür finde ich meine Suppe jedoch zu schade. Jetzt klopft er mir tatsächlich nachsichtig auf die Schulter und meint gönnerhaft:
„Das wird schon, Mädchen. Ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Oder in den Topf, ha ha.“
Ha ha. Witzig.
Ich drehe mich ruckartig um und würdige ihn keines Blickes mehr. Leider sehe ich auch nicht das kleine Lächeln, welches seine Züge erhellt, während er den Löffel in die Suppe taucht.
Nach reiflicher Überlegung gelange ich zu dem Entschluss, die Dinge so zu lassen, wie sie sind. Ich habe tagelang darüber nachgedacht, was ich bezüglich meiner Kreditgeschichte unternehmen sollte. Da ich weder daran denke, meinem Auffliegen Vorschub zu leisten, indem ich bei der Bank vorspreche, noch bei meinem ehemaligen Arbeitgeber als Bittstellerin auftreten will, werde ich die Angelegenheit auf dem reichlich wackeligen Gewissensstuhl aussitzen. Und hoffen, dass der Kelch an mir vorüberwanken möge. Es gibt ohnehin nur zwei Möglichkeiten, meine Zukunft betreffend. Das Cook & Chill läuft und die Bilanz macht den Umstand der Kreditvergabe völlig nebensächlich, oder es läuft eben nicht. Dann ist mir sowieso alles brause. Also mache ich das, was ich am besten kann. Auf dem Kühlschrank fand sich kein Platz mehr. So habe ich die Urkunde sorgfältig abgeheftet, um das Ganze anschließend zu vergessen.
Britta sitzt, nein liegt, auf der Couch und beobachtet Sascha beim Sortieren der neuen Büchersendung. Allmählich muss ich darüber nachdenken, weitere Regale aufzustellen, damit ich der Flut an Neupublikationen Herrin werde. Momentan werden Unmengen verlegt. Man glaubt es kaum, aber es gibt Hunderttausende von verschiedenen Kochbüchern. Ich bemühe mich schon, nur die Hochwertigsten anzufordern, dennoch treffen beinahe täglich frische Pakete ein. Sascha zuckt ergeben die Schultern und überhört mein Gejammer. Wie sollte er auch anders. Inzwischen bimmelt das Glöckchen munter und unablässig vor sich hin und singt mir von klingender Kasse vor. Britta räkelt sich wie Cleopatra persönlich auf dem Diwan. Das Luder. Mein kleiner Student wirkt extrem beschäftigt. Trotzdem registriere ich seinen schmachtenden Blick. Ich tippe ihre Füße an.
„Runter damit. Wie sieht das denn aus.“
Britta macht mir Platz auf ihrem gemütlichen Kissen und ich sinke neben ihr ins Polster. Die erste Begegnung von Sascha und Britta mündete in heillosem Geschepper. Nicht nur, dass Saschas Augen fast in ihr großzügiges Dekolleté plumpsten. Er rumste gegen die Mittelsäule im Raum, als er den Kopf nach ihr verdrehte. Das Tablett in seiner Hand fiel, das Porzellan splitterte und der gute Kaffee versickerte in den Fugen des frisch geölten Holzbodens. Sascha sah ausnehmend dämlich aus, was mich wiederum beinahe das Leben kostete. Ich erlitt einen Lachanfall, während ich mit vollen Backen kaute. Hustend und prustend würgte ich also an einem Sandwichstück, das in meiner Luftröhre hing, bis mir die Tränen kamen. Britta dagegen trat ungerührt an die Theke und bestellte mit unbewegter Miene einen Pfefferminztee.
Ungeachtet des belanglosen Details, dass Britta an ihrem Finger einen sündhaft teuren Ehering trägt, ist Sascha natürlich viel zu jung für meine Freundin. Britta weiß das wohl, ich bezweifle nur, ob mein Engelchen sich an dem Altersunterschied stößt. Sie hingegen macht sich einen Spaß daraus, den armen Burschen völlig irrezumachen. Gerade unterzieht sie seinen Rücken einer hypnotischen Musterung und ich
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