Ausgerechnet Souffle'!
läuft bestimmt rot an, während er mit den Teebeuteln hantiert. Schon lasse ich den Laden hinter mir und betrete durch den dunklen Gang das Arbeitszimmer. Ich ignoriere wohlweislich den roten Ordner, in dem ich die Bankunterlagen verwahre, und wende mich meiner Konzeptmappe zu. Zu meiner eigenen Verwunderung bemerke ich, dass ich tatsächlich Dinge sortiere und so etwas wie Sorgfalt an den Tag lege. Ich besaß niemals zuvor für irgendwelche Papiere Sortierverzeichnisse, geschweige denn betätigte ich je privat einen Locher.
Frau Meininger merkte ihren Gatten bereits für den Probekochkurs vor. Sie scheint neuerdings der Auffassung zu sein, man sollte in einer Ehe gemeinsamen Interessen nachgehen. Und da sie gerne kocht, muss ihr Mann das ebenfalls tun. Ich grinse. Ob der sich dafür begeistern kann? Wahrscheinlich bleibt ihm nichts anderes übrig, als nachzugeben. Die resolute Linda macht ihm sonst mit Sicherheit das Leben zur Hölle. Nach einer Stunde steht mein Konzept für acht Kurseinheiten fest. Jetzt hoffe ich nur, dass ein paar Leute kommen. Ich lösche das Licht im Büro und gehe in die Küche.
Frau Krause steht am Herd und rührt in meinem Linseneintopf. Ein bisschen ertappt guckt sie schon, als sie mich bemerkt, und lässt schnell den Kochlöffel los. Ich greife unterwegs in die Besteckschublade und stelle mich vor sie. Man sieht ihr an, dass sie auf ein Donnerwetter wartet, weil sie sich über die Hintertreppe hineingeschlichen hat. Doch ich halte ihr nur den Löffel entgegen.
„Können Sie bitte die Suppe für mich probieren und mir sagen, was fehlt?“
Die Linsen dampfen und Frau Krause pustet vorsichtig, ehe sie die Flüssigkeit probiert. Sie schluckt nicht gleich hinunter, sondern lässt fachmännisch den Geschmack sich auf der Zunge entfalten. Dann denkt sie einen Augenblick nach, wobei ihre buschigen Brauen zucken. Mit geübtem Blick erfasst sie die Gewürze in den aufgereihten Menagen. Um zielsicher nach Zucker zu greifen.
Ich benutze grundsätzlich nur braunen Rohrzucker. Er besitzt eine leicht karamellige Note und schmeckt besonders in Getränken und Süßspeisen viel besser als weißer Raffinadezucker. Gesünder obendrein, da er nicht chemisch behandelt wird. In wohldosierten Mengen regt er die Geschmacksnerven an und macht diese empfänglicher für die verschiedenen Geschmackskomponenten eines Gerichts.
Sie bekommt recht. Ich probiere noch mal. Perfekt. Ich streichle ihr anerkennend den Rücken. Sage danke. Wende mich um und lasse meine verlegene Vermieterin in meiner Küche zurück, als sei ihre Anwesenheit dort selbstverständlich.
Britta sitzt noch immer wie in Öl gemalt auf dem Sofa. Sie unterhält sich mit der Henry-Miller-Frau am Nebentisch. Sie wirken vergnügt und ich registriere, wie Louise von Stettens magere Schultern sich entspannen, als sie sich gelöst in ihrem Stuhl zurücklehnt. Sascha zeigt Julia ein französisches Kochbuch. Ihre Köpfe beugen sich über die bunt illustrierten Seiten. Ein Pärchen diskutiert darüber, ob man ein Fischbuch oder doch lieber das mit den Meeresfrüchten mitnimmt. Dabei balancieren sie drei Bücher abwägend in den Händen. Ein älterer Herr blättert in einem meiner Lieblingswerke: „Schokolade“. Im Geiste mache ich schon die Nachbestellung, während er zielstrebig mit dem letzten Exemplar zur Kasse geht. Linda telefoniert lautstark mittels ihres Mobiltelefons in der Eingangstür. Sie bückt sich nach einem leeren Teller auf der Stufe und schaut etwas verwundert nach rechts und nach links, dann auf die Schüssel in ihrer Hand.
Meine Haut prickelt. In mir wispert tiefe Zufriedenheit. So voll und ganz, so umfänglich. Ich glaube, zum ersten Mal in meinem Leben.
Linseneintopf
Man nehme:
400 g. Rote Linsen,
1 Zwiebel,
150 g. Katenschinken, gewürfelt,
1 Zwiebel,
1 Bund frisches Suppengemüse,
200 g. Kartoffeln,
etwas frischen Majoran,
1 Esslöffel Dijon-Senf,
3 Esslöffel Balsamico-Essig,
Salz, Pfeffer und Zucker.
Zuerst die Zwiebel in Würfel schneiden. Den Schinken im Topf in etwas Butter anbräunen und mit den Zwiebelwürfeln etwa drei Minuten schmoren.
Dann Wasser angießen und zur Seite stellen. Das Suppengemüse putzen und die Kartoffeln schälen, alles in Würfel schneiden. Die Linsen waschen. Die Kartoffeln in den Topf geben, mit etwa zwei Litern Wasser zunächst aufkochen und anschließend zehn Minuten sanft simmern lassen. Anschließend das Gemüse und die Linsen zugeben und weitere
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