Ausgerechnet Souffle'!
Klöße aus waschechten Kartoffeln. Dabei dachte ich, er könne nur Schachteln aufreißen. Abgesehen von Frauen. Er selbst fand sein Essen so gelungen, dass er auch gleich zu seiner unvermeidlichen Kamera griff und den Braten fotografierte.
Andererseits wundere ich mich über gar nichts mehr. Inzwischen gelange ich zu dem Schluss, dass Frank Sander weniger ein Problem im Allgemeinen, als respektive das Symptom meines Problems darstellt. Erinnern Sie sich, dass ich einmal erwähnte, ich hätte nicht nur einen Mann in meinem Leben, sondern viele drum herum? Richtig. Ich bin eigentlich die harte Nuss. Oder vielmehr das faule Ei. Ich suche mir solche Versager absichtlich aus. Darauf brachte mich Julia. Ich habe sie eindrücklich studiert. Die ist nämlich ich in Reinform. Verglichen mit einem Soufflé, das nicht aufgegangen ist. Wäre ich nicht ich, wäre ich genauso ängstlich und verzagt, ein halb angebranntes, reichlich plattes Törtchen halt. Aber weil ich nun mal ich bin, kleckse ich ein Sahnehäubchen Humor auf meine Furcht, setze noch einen Klecks Ignoranz darauf und Voilá, heraus kommt das, was andere ein Sahneschnittchen nennen. Und dabei bewundernd „Ach“ und „Oh“ rufen. Sich jedoch nicht trauen, reinzubeißen, da es eben trotzdem ein misslungenes Soufflé ist. Können Sie mir folgen? Gut. Ich mir nämlich nicht wirklich.
*
Louise von Stetten und Linda Meininger verbringen ihr mittägliches Plauderstündchen. Den Dialog finde ich ausnehmend interessant, zumal es um Linda selbst geht. Also irgendwie auch um Herrn Dr. Hennemann, dem ich nach wie vor äußerst ambivalente Gefühle entgegen bringe. Jede Information, die zur Klärung meiner Lage beitragen kann, ist von erheblichem Interesse für mich. Linda sieht ausgesprochen unglücklich aus.
„Ich fühle mich wie ein bulemischer Teenager. Mich quälen Übelkeit, Brechreiz und Heißhungerattacken und zwar alles gleichzeitig. Furchtbar!“
Linda Meininger beugt sich etwas vor und flüstert Louise ins Ohr: „Wenn ich nur im Mindesten geahnt hätte, dass diese Sache dermaßen unerquicklich ist, hätte ich es mir nochmal überlegt.“
Ich verstehe Linda gut. Nicht dass ich glaube, dass schwanger sein eine Krankheit sei. Schließlich haben das ganz andere schon hingekriegt. Aber es muss eine ziemlich mühsame Angelegenheit sein. Wenn ich mir vorstelle, in permanente Zwiegespräche mit meiner Toilettenschüssel verstrickt zu sein ... ich kann gut nachvollziehen, dass Frauen wie Angelina und Madonna ihre Kinder nur noch käuflich erwerben. Durchaus. Mich fragt allerdings keiner. Stattdessen bemühe ich mich, mir nicht anmerken zu lassen, dass ich dem Gespräch der beiden aufmerksam folge. Unter dem Vorwand, ungemein sorgfältig den Kalkflecken auf der Kaffeemaschine zu Leibe zu rücken. Falls Louise es verdächtig findet, mit welcher Hingabe ich das Gerät reinige, so lässt sie es jedenfalls nicht erkennen. Unseligerweise sieht sie mir so wachsam zu, dass ich nach einigen Minuten meinen Lauschposten verlasse. Irgendwie rettet Louise mich ungewollt aus meiner Situation, ehe sie für mich peinlich wird. Ihre würdevolle Haltung vergessend, klatscht sie begeistert in die Hände. Zu meinem Schrecken und zu Frau Meiningers Entsetzen, die wohl auf etwas mehr Diskretion zählte. Louise strahlt über das ganze faltige Schildkrötenantlitz.
„Sie sind schwanger!“
Das verkündet sie so laut, dass wirklich jeder im Raum die freudige Botschaft vernimmt. Linda hält den Zeigefinger an ihre Lippen und wirft einen raschen Blick zum Nebentisch. Doch Louise kennt kein Pardon.
„Katta, geschwind! Bring uns ein Stück von diesem großartigen Aprikosen-Käse-Kuchen! Wir sollten Linda füttern.“
Ich schaue auf, froh, nicht länger so tun zu müssen, als starre die blitzsaubere Theke vor Schmutz. Lächelnd lege ich den Lappen beiseite, öffne die Kuchenvitrine und hole das Prachtstück nach Großmutters Rezept aus der Kühlung.
Spezialitäten wie Muttis „Cook & Chill Spezial“, mein Espresso Nocciola und eben dieses Backwerk machen mein Geschäft zur Anlaufstelle derer, die Gutes zu schätzen wissen. Während meiner Kindheit krönte der zart schmelzende Käsekuchen mit den süßen Früchten die Wochenendbesuche bei meinen Großeltern. Wenn ich die Backofentür lüfte und mir dieser warme, unverkennbare Geruch entgegen strömt, werde ich acht Jahre alt und sitze mit Mohrle, der Katze, auf der Küchenbank. So ein Nachmittagskaffee wird erst vollkommen
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