Ausgerechnet Souffle'!
nun wirklich verzweifelt an. Statt ihn mit einem beliebigen Kochbuch in ein ungewisses Abenteuer zu entlassen, bugsiere ich ihn kurzerhand in die Küche.
„So mein Freund. Nun erzähle ich dir etwas über die Zubereitung von einem Fischgericht, mit dem du jede köderst. Auch deine eigene Frau.“
Schließlich bin ich ja kein Unmensch. Linda macht nicht gerade einen Hehl aus den Gefühlen, die sie derzeit für ihren lieben Angetrauten hegt. Ich denke, dass Johannes gut ein bisschen Hilfe gebrauchen kann.
„Welche Sorte Fisch mag sie?“
Er hat nicht die geringste Ahnung.
„Nun gut. Dann bewegen wir uns auf der sicheren Seite, indem wir eine Sorte wählen, die nicht zu fleischig und nicht zu aromatisch daher kommt. Und nicht zu fischig.“
„Wieso mache ich dann nicht gleich ein Hühnchen“, murrt Johannes.
Ich ignoriere seine Einwände schmunzelnd.
„Stattdessen legen wir unser Hauptaroma auf mediterrane Kräuter, mit denen wir den Fisch füllen. Die sind universell. Für ein solches Gericht eignet sich beispielsweise eine Dorade oder ein Saibling, notfalls eine Forelle. Ich persönlich bevorzuge die Dorade. Sie schmeckt dezent und zart, außerdem besitzt sie ein festes, gut erkennbares Gerippe. Nichts törnt so ab, wie eine im Hals stecken gebliebene Gräte.“ Jetzt wird Johannes tatsächlich rot.
„Nimm einen ganzen Fisch, er bleibt bei der Zubereitung schön saftig und beeindruckt mächtig, wenn du ihn hübsch garniert servierst.“
Mit sparsamen Handgriffen zeige ich ihm, wie man den Fisch bratfertig macht. Johannes verfolgt aufmerksam jedes Detail des Vorgangs. Wahrscheinlich würde er am liebsten Notizen machen und dazu Elfi zum Diktat verdonnern. Gleichzeitig finde ich ihn eigentümlich rührend, fast schon süß, wie er mit gerunzelten Brauen und unter Überwindung der natürlichen Abscheu vor kalter, glitschiger Fischhaut das Tier in die Hand nimmt. Ich bemerke anerkennend, dass er über ein intuitives Gespür für die richtigen Kräuter verfügt, die er souverän auswählt. Und den Umgang mit dem Messer muss er heimlich zuhause geübt haben. Das wesentliche Element an meinem Fisch besteht in einem großzügigen Schuss hochwertigen Olivenöls aus Griechenland.
Man unterscheidet bei Olivenöl drei Hauptkategorien. Zum einen gibt es das gewöhnliche native Olivenöl, Kategorie 3. Es ist kalt gepresst und besitzt einen etwas höheren Säureanteil. Man verwendet es zum Kochen und Braten bei niedriger Temperatur. Kategorie 2 bezeichnet das native Olivenöl mit einem Säuregehalt unter 2 Prozent. Es ist gehaltvoller mit einem stärkeren Eigengeschmack und daher ein schönes Dressing-Öl. Das beste Öl ist das native Olivenöl Extra. Der Säuregehalt liegt unter 0,8 % und es stammt aus der ersten Pressung. Dieses Öl ist schlichtweg der Renner und zu schade, um von anderen Geschmacksträgern überlagert zu werden. Es dient dem Unterstreichen und Hervorheben. Ein solches Öl gehört demnach weder in eine Salatsauce noch in die Pfanne. Davon abgesehen ist es dafür auch zu teuer. Die weltweit größten Olivenölproduzenten sind übrigens Spanien und Italien, gefolgt von Griechenland und Tunesien.
Nach einer guten halben Stunde schmort der Fisch im Ofen. Johannes sieht richtig glücklich aus und ich fühle mich auch gleich ganz glücklich, weil er so glücklich ist. Es scheint mein Schicksal zu sein, der Helfer und Retter zu sein. Oder ich gefalle mir einfach in dieser Rolle und sollte dringend bei einer Psychologin nachhören, was das über mich aussagt. Zum hundertsten Mal nehme ich mir vor, Britta danach zu fragen.
Johannes jedenfalls kauft das Fischbuch, das ich ihm empfehle, und gibt mir zum Abschied einen Kuss auf die Wange. Mit dem Hinweis, dass das Reisebüro nebenan derzeit günstige Städtereisen für Verliebte anbietet, entlasse ich ihn zu dem anstehenden Date mit seiner eigenen Frau. Tatsächlich wirkt er nervös. Hoffentlich wird sein Essen ein Erfolg. Er beginnt, mir ans Herz zu wachsen, der missverstandene Dr. Hennemann mit den vielen Gesichtern.
Ich betrachte die dampfende Speise und muss plötzlich an eine tief greifende, geschmackliche Grenzerfahrung im Zusammenhang mit Meeresgetier denken.
Gegen dreiundzwanzig Uhr an einem Montag verspürte ich einen unbändigen Appetit auf Fisch. Datum und Uhrzeit sind mir deshalb noch genauestens geläufig, da mein Lieblingsstaatsanwalt den Bösewicht erfolgreich hinter Schloss und Riegel gebracht hatte und sich im Abspann mit seiner
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