Ausgerechnet Souffle'!
sei ein kalter Fisch. Linda wiederum verfügt über so viel Geld und solche Unmengen Zeit, dass sie weder mit dem einen noch dem anderen Sinnvolles anzufangen weiß. Und Louise ... ja, Louise findet das ganze Leben grässlich.
Gemessen am Durchschnittsbürger besitze ich nahezu alles, was man sich wünschen kann. Ich habe Familie, Freunde und das Cook & Chill verhilft mir zu einem angemessenen Auskommen. Ich bin eine kluge, gut aussehende Frau mit einer ordentlichen Portion emotionaler Intelligenz und Wärme. Ich wäre selbst sogar gern mit mir befreundet. Trotzdem streckt mir mein Spiegelbild jeden Morgen die Zunge heraus. Ich erwische mich immer häufiger dabei, meine eigenen Witze dämlich zu finden. Das ist bedenklich. Meine kleinen Alltagspannen unbeschwert zu meistern und mit Leichtigkeit darüber hinwegzusehen, fällt mir schwerer als gewöhnlich. Ich seufze vor dem Einschlafen und komme morgens nicht mehr recht in Schwung. Etwas Gewichtiges drückt mich nach unten. Es hat seinen Ursprung irgendwo in meiner Brust. Oder darunter.
„Katta, ich brauche den Fisch. Jetzt!“
„Hä?“
Prompt werde ich in meinen Gedanken unterbrochen. Ich balanciere völlig losgelöst auf der höchsten Stufe der Leiter und erkenne leider überhaupt nicht, wer da so kopflos in den Laden stürmt. Die Stimme kommt mir vage bekannt vor, doch da sich mein Kinn auf das oberste Buch meines Stapels stützt, bin ich unfähig, den Kopf in Richtung der Person zu drehen. Jemand klettert die Sprossen gegenüber hinauf und die Stiege schwankt beträchtlich. Unversehens stehe ich regelrecht Nase an Nase mit Johannes, der mich bittend ansieht und netterweise einen Teil des Bücherstoßes aus meinen Armen nimmt. Ich verkneife mir die Feststellung, dass er sich am helllichten Nachmittag nicht in der Kanzlei befindet. Der Dr. Hennemann, den ich meine, sitzt dort normalerweise rund um die Uhr. Ich beschließe, lieber gar nicht erst zu fragen. Da steht nämlich wieder der Herr Anwalt und nicht der Johannes - und wenn es Ersterem eilt, so liefert man besser keinen Grund zum Ärgernis. Da kann ich nicht aus meiner Haut. Er beeindruckt mich immer noch.
„Was für einen Fisch?“, hake ich stattdessen nach und begebe mich an den Abstieg.
„Wie? Was für Fisch?“
Johannes macht eine lapidare Geste
„Fisch eben.“
Typisch Mann. Geht es um Grillfleisch, wird gefachsimpelt, bis die Cholesterinwerte explodieren. Ob Rind oder Schwein, lieber Filet oder Rumpf, Lamm, Strauß, Känguru ... davon haben sie Ahnung. Lediglich Geflügel gilt nicht, weil es nicht ordentlich blutet. Fisch bestellen die Jungs allenfalls im Restaurant oder hauen ihn in rechteckigen Stäbchen paniert und tief gefroren in die Pfanne.
Ich setze mein Dozentengesicht auf. Mein Stichwort. Fisch ist schließlich nicht Fisch.
Bei den Meeresbewohnern gibt es enorme Unterschiede, die vor allem vom Lebensraum abhängen. Süßwasserfische sind etwas anderes als die Arten aus salzhaltigem Gewässer. Der natürliche Salzgehalt wirkt sich auf das Fleisch aus. Manche Sorten schmecken äußerst zart und nach Algen. Andere sind intensiv oder von fast fleischiger Konsistenz und können jeglichen Fischgeschmack vermissen lassen. Je nach Zucht und Haltung variiert die Qualität. Das Fleisch des wild gefangenen Lachses beispielsweise ist viel dunkler und geschmacksintensiver als das seines gezüchteten Artgenossen. Und teurer. Nebenbei rate ich dem Liebhaber, ruhig tiefer in die Tasche zu greifen, und ein qualitativ hochwertiges Produkt zu bevorzugen. Fische sind der Wasserqualität über ihre Kiemen direkt ausgesetzt und reagieren empfindlich auf Verschmutzungen. Ein sachgerecht gelagerter Frischfisch wird zwischen 0 und 2 Grad Celsius gekühlt zum Verkauf angeboten. Frischer Fisch riecht angenehm, die Augen glänzen klar und die Kiemen leuchten innen dunkelrot. Auf leichten Druck fühlt er sich elastisch an. Der Fisch gilt im Allgemeinen als sehr gesund und fettarm, da er neben wertvollen, bekömmlichen Proteinen und mehrfach ungesättigten Fettsäuren auch Jod, Vitamine und Spurenelemente liefert.
„Bist du jetzt fertig?“ Johannes schaut ungeduldig auf seine Uhr, „Linda kommt in vier Stunden nach Hause.“
Ich mache erst eine Wegwerfende, dann eine ausholende Geste und meine boshaft:
„In diesem Regal befinden sich schätzungsweise 250 Fischbücher. Viel Spaß beim Suchen.“
Letztendlich erbarme ich mich Johannes im Zuge unserer neu definierten Beziehung. Er sieht mich
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