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Ausgerechnet Souffle'!

Ausgerechnet Souffle'!

Titel: Ausgerechnet Souffle'! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Winter
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Bilder nicht mag. Brittas Nichte beispielsweise malt tolle Bilder. An meinem Kühlschrank sind sogar zwei ihrer Werke mit Tesafilm angeklebt. Und das, obwohl ich auf der wenig schmeichelhaften Kinderzeichnung mit einem melonengroßen Wasserkopf und riesigen Glubschaugen abgebildet bin. Mein Problem fußt vielmehr darin, das ich mit der Persönlichkeit des Künstlers an sich nichts anzufangen weiß. Natürlich sind mir Größen wie Miró, Hundertwasser oder Dali durchaus ein Begriff. Der eine durchgeknallter als der andere. Dessen ungeachtet sind die alle tot und hinterließen letztlich das, was zählt. Hübsche Bilder eben. Die jeder kennt, aber kein Normalsterblicher bezahlen kann. Ich meine, worin liegt der Sinn, Tausende von Euros für ein Stück Stoff mit Farbe hinzublättern? So ein Gemälde kann man nicht mal essen. Noch sich hineinsetzen wie in einen Designersessel oder in ein Oldtimer-Cabriolet, wobei einem der Sommerwind um die Nase weht. Das Gemälde hängt an der Wand und gibt an. Die winzige, kaum lesbare Signatur am rechten Bildrand benutzt das Ding dann als Rechtfertigung dafür, dass ich es mir nicht leisten kann.
    Die Kunst ist heutzutage doch nur ein Vorwand ungewaschener Menschen, sich wichtig zu machen. Tatsächlich gibt es Leute, die ehrfürchtig zusammenbrechen, wenn ein langhaariger Öko in Jesuslatschen vor ihnen steht und betont bescheiden sagt:
    „Ich bin Künstler.“
    Dabei brannte er nur darauf, diesen Satz versehentlich fallen zu lassen. Ich mag diese Profilneurotiker nicht, denen eigentlich ihr Kontostand sagen müsste, dass sie nicht in der Liga einer der oben genannten Berühmtheiten spielen. Eine Vernissage stellt sozusagen die finale Sprosse auf der vermeintlichen Karriereleiter eines solchen Verlierers dar. Um unsterblich, reich und wirklich berühmt zu werden, muss ein Maler nämlich entweder sterben, sich in die Psychiatrie einweisen lassen oder sich der kultivierten Welt durch Auswanderung in den tiefsten Dschungel entziehen. Eine Vernissage dient also nicht dem großen Opening eines Malers, sondern vielmehr der Verabschiedung desselben. Das weiß aber niemand. Nicht einmal der Künstler selbst.
    Auf einer so gearteten Veranstaltung tummeln sich Freunde, Intellektuelle und Gönner des Möchtegern-Picassos. Als auch jede Menge Parasiten, die sich in erster Linie dort hineinschummeln, um das Häppchenbüffet abzuräumen. Zu letzterer Sorte gehören Britta und ich. Das geben wir frei von Skrupel und gerne zu. Blenden gehört hier ebenso zum üblichen Gebaren, wie die bewusste Auswahl der Kleidungsfarbe, vornehmlich schwarz, grau oder creme. Bunt sind ja schon die Bilder. Sehr bunt. Trotz des neuen Rauchergesetzes geht der Raum mit blauem Dunst schwanger. In diesen Kreisen ist die Zigarette so untrennbar mit dem Kunstkenner verbunden wie das Werk mit dem Künstler.
    Ein kleiner, unscheinbarer Mann mit ungesunder Gesichtsfarbe doziert vor einer Gruppe bierernst dreinblickender und immerwährend mit dem Kopf nickender Herren über „die gewagte und ausdrucksstarke Peinture“ eines fürchterlichen, zweimalzwei Meter großen Bildes. Aus reiner Neugierde schließe ich mich dem Grüppchen an, während Britta herausfindet, wo wann das Buffet eröffnet wird. Dass wir ungeschoren mit der gefälschten Vip-Karte am Empfang des edlen Hotels durchgerutscht sind, noch ehe der schlechtgelaunte Concierge die Namensliste eingehend studiert hat, hatte mit mehr Unverfrorenheit als Glück zu tun. Und dass keiner meine unaufgeforderte Anwesenheit bei der privaten Führung durch die Ausstellung merkwürdig findet, spricht für sich. Ich finde, der Künstler hätte ebenso gut einen Eimer Schweineblut über den liegenden Keilrahmen gießen können, um denselben scheußlichen Effekt zu erzielen. Doch anstatt meine Meinung kundzutun, nicke ich wie ein Dodo im Takt mit den anderen und werfe ab und an bewundernde Blicke in Richtung des Machwerks.
    Das kleine Männlein verstummt Beifall heischend. Dessen gewahr werdend, dass mich plötzlich alle abwartend mustern, komme ich in echte Bedrängnis. Offensichtlich stellte man mir eine Frage. Ich suche fieberhaft nach Worten und mit ebensolcher Verzweiflung nach Rettung. Die leider ausbleibt. Britta ist weit und breit nicht zu sehen. Wahrscheinlich macht sie sich schon über das köstliche Fingerfood her, während ich hier darbe. Ich schließe die Augen und bastele schnell einen Universalkunstkennersatz zusammen.
    „Nun. Es gibt ja auch faktisch keine Kunst, nur

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