Ausgerockt - [Roman]
zieht sich zusammen, sie weicht zurück und sieht ihn an. Ein oder zwei Sekunden.
Ihre Pupillen rollen den Lidern entgegen, er küsst sie, sie küsst zurück, behutsam, dann vollmundig.
Sonnenstrahlen durchströmen die Hälfte des Zimmers, in der sich das Sofa und die Tür zum Bad befinden. Die andere Hälfte, in der Schreibtisch und Bett stehen, liegt im Schatten, und mit fortschreitendem Nachmittag breitet der Schattenanteil sich aus wie ein transparenter dunkler Fächer. Die Zimmerfenster sind einen Spalt breit geöffnet. Nur ab und zu strömt ein wenig frische Luft herein.
»Bin ich zu schwer?«
Ihr Kopf liegt in der Mulde seiner rechten Schulter. Er genießt es. Sie zieht ihr rechtes Bein an, bis es auf seinem Schritt liegt. Er schiebt es wieder ein Stück zurück.
»’Tschuldigung«, flüstert sie.
Seine Augen werden schwer. Er lauscht ihrem Atem und bald wechselt er wieder in einen Parallelzustand, in dem er schläft, sich dessen aber auf seltsame Weise bewusst ist, passiv und nicht in der Lage, es zu ändern. Er will es auch gar nicht ändern.
Ihr Geruch, der Druck ihres Kopfes auf seinem Körper, ihr leiser, regelmäßiger Atem. Sie ist bei ihm.
Der Druck auf seiner Schulter lässt nach. Oder bildet er sich das ein? Irgendwann schlägt er die Augen auf. Sie stützt ihren Kopf auf die Hände und sieht ihn an.
»Hast du mich beobachtet?«
Sie nickt.
»Beim Schlafen?«
»Ja«, flüstert sie. »Ist schön, wie du schläfst.« Sie legt ihre Hand an seinen Hals. »Sieht so friedlich aus.«
Er lächelt. Er ist friedlich.
Sie streichelt seinen Arm.
»Wollen wir aufstehen?«, fragt er.
»Ist gut«, sagt sie. Er will sich aufrichten, doch sie legt ihren Kopf schnell auf seine Brust und macht sich schwer.
»Nur noch ganz kurz.«
Er bleibt liegen, doch bald beginnt seine Handfläche zu kribbeln. Er macht Fingerübungen.
»Hm?«, macht Jana.
»Nichts.« Linus spürt, wie sich das Kribbeln auch in seinem Arm ausbreitet.
Sie hebt den Kopf, damit er seinen Arm darunter hervorziehen kann. Sie rollen sich auf die Seite, einander zugewandt. Sie sehen sich an, lange, nachdenklich und konzentriert, bis ihm die Augen zufallen.
Als er sie eine Weile später wieder öffnet, klebt sein T-Shirt am Rücken fest. Auf seiner Stirn steht der Schweiß. Er will aufstehen, sich am offenen Fenster recken und etwas trinken, aber er bleibt liegen.
Sie schläft. Ihr Atem ist hörbar und gleichmäßig, die Lider zucken ab und zu, die Lippen ruhen entspannt aufeinander.
Sein Blick verschleiert sich. Eine Träne löst sich aus dem Augenwinkel, rollt an seiner Schläfe entlang und zerplatzt an seinem Ohransatz.
Als sie das nächste Mal erwachen, ist es bereits halb sieben am Abend. Sein aufgeheiztes Zimmer liegt vollkommen im Schatten der Hauswände.
Jana blickt auf die Uhr auf seinem Schreibtisch. Ein paar braune Strähnen kleben an ihrer Stirn.
»Oh Gott«, murmelt sie. »Es ist schon so spät.«
»Was machen wir?«, fragt er. Er kann die Augen nicht lange geöffnet halten. Seine Lider sind schwer und es fühlt sich an, als wäre sein Körper mit der Matratze verbunden.
Sie liegen seit Mittag im Bett, mal wach, mal schlafend. Jana robbt sich zum Fußende des Bettes und fischt die Fernbedienung vom Teppich. Dann lässt sie sich wieder neben ihn in die Kissen fallen, schaltet den Fernseher ein und sieht sich ein Promi-Magazin an. Das macht ihn wach. Bald verfolgt auch er die Nachrichten über Paris Hilton und Verona Pooth.
Neuigkeiten über Hollywoods Promis, Deutschland sucht den Megastar, Das Perfekte Dinner – mit Jana macht ihm das alles Spaß. Alleine hat er beim Konsum üblicher Volksunterhaltungsformate immer das Gefühl, isoliert zu sein und das Leben draußen zu verpassen. Jetzt passt es auf einmal in seine Welt, weil er sie mit jemandem teilt.
»Asiatisch?«, fragt er, seinen Blick auf die gleichen Bilder gerichtet, die auch Jana verfolgt.
Robin Williams auf einem roten Teppich, freundlich lachend für die Kameras und mit einigen Reportern über seinen Sieg gegen den Alkohol sprechend.
Jana grinst zufrieden den Fernseher an. »Okay. Asiatisch. Aber nur noch dieses Mal. Nächste Woche gibt’s Brot.«
Linus ruft den Lieferservice an. Sie entscheiden sich für Bratnudeln mit Hühnerfleisch und Ente mit Satesoße.
»Hunger«, sagt er.
Sie nickt. »Ich auch.« Jetzt richtet sie ihren Blick vom Fernseher auf ihn: »Was hast du eigentlich vor?«
Er zieht die Augenbrauen hoch, und obwohl er ahnt, worauf
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