Ausgerockt - [Roman]
schließlich, dann gingen die Männer weiter.
Jana schaute ihnen einige Sekunden schweigend nach, bevor sie sich zu Linus auf die Steine setzte. Sie rückte dicht an ihn heran. Der Duft ihres blumigen Parfums, gemischt mit einer leichten Alkoholfahne, stieg ihm in die Nase. Ein aufregender Geruch.
Sie hob erwartungsvoll die Augenbrauen. »Krieg ich eins ab?«
Linus hatte keine Ahnung, wie sie das machte, aber sie schaffte eine vertraute Nähe. Er wäre gerne noch dichter an sie herangerückt.
Stattdessen zog er ein Bier aus seinem Rucksack und reichte es ihr.
Sie klopfte mit einem Fingernagel auf die Dose, riss sie auf und schlürfte den Schaum vom Rand. »Hättest du gedacht, dass Werder noch gewinnt?«
»Doch, doch«, sagte er. »Es war schon abzusehen.«
Sie lachte laut auf. Hielt inne, sah ihn an und lachte wieder.
»Was? Haben sie verloren?«
Sie presste die Lippen aufeinander und nickte.
»Okay. Ich hab es nicht gesehen«, gab Linus zu. »Ich dachte, na ja, ich dachte, es ist vielleicht ein bisschen komisch, wenn ich hier einfach nur so rumsitze …«
»Wieso?«
»… mit dem Bier, obwohl ich nicht im Stadion war.«
Jetzt machte sie ein abschätzendes Gesicht. Den Ausdruck kannte Linus bereits aus dem Internet-Café.
»Du hast recht. Ist wirklich komisch«, sagte sie. »Warum sitzt du hier?«
»Ich demonstriere.«
Ihr Blick, ein Lächeln, Zuneigung, vielleicht. »Wofür oder wogegen demonstrierst du denn heute?«
Sie knackte mit der Dose. Ein Spritzer Bier kam oben herausgeschossen. »Ups«, sagte sie und Linus grinste.
»Was ist mit deinen Freunden?«, fragte er. »Ist das okay, wenn du dich einfach aus dem Staub machst?«
Sie zuckte mit den Schultern und kam mit ihrem Gesicht ganz nah an Linus heran. »Die sind heute langweilig. Die wollen nicht so richtig feiern. Sie machen das zu sehr am Fußballergebnis fest.«
Er nickte wissend und hielt ihr seine Dose hin. »Zum Wohl.«
Sie machte den Rücken gerade und setzte ein feierliches Gesicht auf. »Zum Wohl.«
Sie nahmen einen Schluck, dann stieß sie etwas auf und Linus tat so, als sei er empört, und das brachte sie beide zum Lachen.
Sie erzählte von ihren Kollegen, jenen, wie sie sagte, jungen Herren, mit denen sie ab und zu zum Fußball ging. Jana erzählte nicht, für welches Unternehmen sie arbeitete. Marketing, so viel verriet sie.
Also sprachen sie über Fußball, Urlaubsreisen, Plateauschuhe für Männer und diskutierten ansatzweise die Frage, wer die Schuld am zunehmenden Terrorismus trug.
Die Steine unter ihren Hintern wurden kalt. Während die Sonne allmählich hinter der Weser herabsank, wurde Jana unruhig.
Natürlich, dachte Linus, sie hatte schließlich noch eine Verabredung. Er überlegte, ob er nach ihrer Telefonnummer fragen sollte.
Was sollte er sonst tun? In gewisser Weise wäre es angemessen. Sie waren sich immerhin schon dreimal begegnet.
Während er noch überlegte, zog Jana einen Bleistiftstummel und einen kleinen Notizblock aus ihrer Jeansjacke und schrieb seinen Namen darauf.
Sie sah ihn an. Da er nichts sagte, sondern nur guckte, machte sie große Augen und kam mit ihrem Gesicht wieder ganz nah und er roch ihr blumiges Parfum und er atmete es ein und wurde ganz wach.
Sie wich wieder ein Stück zurück und hielt ihm den Notizblock vor die Nase. »Gibst du mir deine Nummer oder ist die geheim?«
Endlich atmete er wieder aus. »Die ist geheim, aber du kannst sie haben.«
Er nahm ihr Stift und Block aus der Hand und schrieb seine Handynummer auf. Im Augenwinkel nahm er wahr, dass sie ihn beobachtete.
»Du kannst unter dieser Nummer anrufen und nach dem Chef fragen.« Er tippte auf den Block und gab ihn ihr zurück.
»Nach dem Chef, ist gut. Und mit dem verbindest du mich dann …?« Jana erhob sich und knüpft ihre Jacke zu.
Linus stand ebenfalls auf. Sie sollte nicht denken, er hätte heute nichts weiter vor, als hier rumzusitzen und sich zu betrinken.
Er hielt ihr die Hand hin. »Mach’s gut.«
Sie lächelte, dann gab sie ihm einen Kuss auf die Wange, etwas überstürzt, als sollte es keiner sehen, drehte sich um und ging.
Er schaute ihr hinterher.
In einiger Entfernung drehte sie sich um und er winkte ihr.
Es wäre an ihr gewesen, den nächsten Schritt zu tun. Doch auch am vierten Tag nach ihrer Begegnung am Osterdeich hatte Jana nichts von sich hören lassen.
Am Nachmittag, während Linus gemeinsam mit Joscha Drink zwei große Warenlieferungen annahm, bewertete er Jana im Stillen als
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