Ausgesaugt

genug Scheiße am Hals. So wie die Leute momentan drauf sind, fahren die glatt drauf ab, wenn sie von Omen und Zeichen und so was hören. Das Mädchen hat behauptet, ihr Kind wäre Der Einheitsstifter . Was für ein Bullshit. Also hab ich Percy gesagt, sie dürfen bleiben, er soll sie aber außer Sichtweite bringen.
    – Percy war bei ihnen?
    – Der hat sie überhaupt erst zu mir gebracht. Da hab ich ihm gesagt, er soll sie bei sich behalten, bis der richtig wichtige Scheiß geregelt ist. Percy ist Experte darin, Dinge unter Verschluss zu halten. Er denkt alles in Ruhe durch und gibt mir dann Ratschläge, das ist sein Job. Der Ratgeber des Königs, kapiert?
    Ich öffne die Tür und steige aus.
    – Danke.
    Er beobachtet immer noch durch das andere Autofenster seine Leute.
    – Und wo willst du jetzt hin?
    Er hat mich nicht gefilzt, hat mir die Waffen gelassen. Es ist ihm völlig egal, ob ich eine Knarre habe oder nicht. Er ist ein harter Bursche, jedenfalls tut er so. Aber jetzt bin ich ausgestiegen und hab genug Freiraum. Jetzt könnte ich die Pistole ziehen, die mich sowieso schon die ganze Zeit in den Rücken drückt, bevor er seine vom Wagenboden aufheben kann.
    Aber noch ist es nicht soweit.
    – Ich geh jetzt zu Percy.
    Er starrt immer noch aus dem Fenster.
    – Aha. Du kennst den Weg?
    – Ich war schon mal dort.
    – Hmmmm. Vorausgesetzt, er ist nicht umgezogen.
    Spürt ein Fisch, wenn sich der Haken in sein Maul bohrt?
    Ich spüre es ziemlich heftig.
    Ich habe den Haken schon gespürt, als Chubby mir gesagt hat, dass Evie auch will, dass ich seine Tochter finde. Jetzt spüre ich ihn wieder. Ich frage mich, wie viele Haken ich noch schlucken muss, bevor diese ganze Sache vorüber ist.
    – Wenn dem so ist, muss ich mich wohl auf die Freundlichkeit der Fremden verlassen, die mir hoffentlich den Weg zeigen werden.
    Ich beobachte, wie sich sein Hinterkopf bewegt, als er nickt. Seine weißen Zähne spiegeln sich kurz in der Heckscheibe wider. Dann tippt er mit dem Finger gegen das Glas, deutet auf die Anhöhe, die zum Park führt.
    – Joe, ich bin zwar kein Fremder und ganz bestimmt alles andere als freundlich, aber er ist genau da oben.
     
    Die Rhino-Herde schubst drei Männer mit schwarzen Säcken auf dem Kopf vor sich her. Digga und ich bilden die Nachhut.
    – Schon komisch, wie sich gewisse Dinge ganz von selbst regeln.
    Ich lache nicht.
    Was auch Digga auffällt.
    – Du lachst gar nicht, Pitt.
    Ich höre einen Moment damit auf, einer weiteren Zigarette das Lebenslicht auszublasen.
    – Eines frage ich mich.
    – Und das wäre?
    Ich schnippe die Kippe in das erfrorene Gestrüpp am Wegesrand.
    – Jetzt hab ich mich ein Jahr lang verkrochen und nur um meinen eigenen Scheiß gekümmert. Und kaum bin ich wieder aufgetaucht, mach ich wieder genau das, was andere Leute von mir verlangen. Wieso?
    Er zuckt unter seinem Mantel mit den Schultern.
    – Wie gesagt, manche Sachen sind eben verdammt komisch.
    Er schlägt den Mantelkragen hoch.
    – Das hier wird sowieso keine große Sache. Wir haben, wen und was die wollen. Sie haben, wen oder was wir wollen. Außerdem ist Freitagabend und gleich kommt der beschissene Spätfilm. Keiner hat Bock auf Stress, klar? Deswegen ziehen wir das auch hier draußen durch. Im Freien haben die Leute irgendwie größere Hemmungen, gleich loszuballern.
    Ich deute mit dem Daumen auf die Autos am Fuß der Anhöhe.
    – Und deswegen hat Jenks wohl auch versucht, mich plattzumachen?
    – Das hier ist unsere Hälfte des Parks. Wenn sich einer von ihnen so weit vorwagt, dann hat er’s nicht anders verdient.
    Ich habe die nächste Zigarette fertig gerollt und führe sie ihrer Bestimmung zu.
    – Wieso haben sie Percy erwischt?
    Ein tiefes Grunzen steigt aus seiner Brust auf.
    – Weil es unfaire Arschlöcher sind, deswegen. Percy ist mit weißer Fahne gekommen. Wollte über die Regeln verhandeln, nach denen wir uns die Schädel einschlagen. Konventionen, Kriegsrecht und solchen Mist. Predo ist ja ein großer Fan von dieser Geheimscheiße. Aber dieser Motherfucker da oben...
    Er grunzt noch einmal, diesmal etwas tiefer.
    – Dieser Motherfucker ist völlig durchgeknallt. Seine einzige Regel lautet: Mir scheißegal.
    Er wirft mir einen Blick zu.
    – Was auch der Grund ist, warum ich an einem so schönen Abend einen so harten Kerl wie dich dabeihaben will. Neutrales Territorium hin oder her. Der Motherfucker da oben benimmt sich, sagen wir mal, recht exzentrisch.
    Die Zigarette erfüllt