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Ausgesaugt

Ausgesaugt

Titel: Ausgesaugt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Huston
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Flüster-flüster. Behauptet, sie weiß, wo die Koalition ihr Blut herhat und so einen Scheiß. Warum sie immer genug davon haben. Wie sie ihre Leute zwischen der 14th und der 110th versorgen können. Dann schieß mal los, hab ich gesagt. Kann ja nicht schaden, dass ich das auch mal weiß, hab ich gedacht. Seit Jahren sind wir ja schon von der Koalition abhängig. Müssen diesen Scheißaußenposten dulden. Haben jeden Preis bezahlt. Weil sie das Monopol haben und mir die Daumenschrauben anlegen können. Dann kommt die daher und flüstert mir, woher sie es haben.
    Er hat aufgehört, an seinen Klamotten zu rubbeln, und zupft sich nun kleine weiße Taschentuchfetzen von seinem Jackett.
    – Erzählt mir was von Queens. Irgendeinen Scheiß von einem Loch im Boden. Fragt mich, so richtig dramatisch: Weißt du, was in diesem Loch ist, Digga? Scheiße!
    Er wirft das Taschentuch auf den Vordersitz.
    – Scheiße, woher soll ich denn das wissen? Und trotzdem tut sie so, als müsste ich das wissen. Motherfucker! Als wollte sie mich aushorchen. Weiß er’s oder weiß er’s nicht? Als ob sich alles nur um die beschissene Frage dreht, ob ich Bescheid weiß oder nicht.
    Er hat die Hände zu Fäusten geballt und schüttelt sie vor seinem Gesicht.
    – Als gäb’s auch nur den geringsten Zweifel, was ich zu der ganzen Sache sagen würde.
    Er rammt die Fäuste in die Hüften.
    – Krieg! Krieg, Motherfucker, das war meine Antwort. Krieg! Krieg! Krieg!
    Inzwischen habe ich die Zigarette fertig gedreht, stecke sie mir in den Mund, zünde sie an, atme den Rauch ein und puste ihn wieder aus.
    – Na ja, genau darauf hatte ich’s ja auch angelegt.
     
    Das Loch.
    Das Loch in Queens. Normalerweise bin ich ja nicht auf den Mund gefallen oder so. Aber darüber rede ich nur ungern. Manche Menschen denken eben nur ungern an bestimmte Dinge.
    Kalbfleisch beispielsweise.
    Manche Menschen denken nur ungern an Kalbfleisch. Sie denken an kleine Kälber, die so dicht gedrängt in ihren Pferchen stehen, dass sie sich nicht mal umdrehen können. Sie werden mit Milch gemästet, haben zarte Muskeln, werden in der Blüte ihrer Jugend geschlachtet und serviert. Die meisten Leute hauen einfach rein, wenn man ihnen einen Teller voll Kalbfleisch hinstellt, reiben sich die Bäuche und schmatzen. Wenn man aber dieser Person denselben Teller vorsetzt und dazu ein paar Takte über die Kälber mit den großen Augen und dem kurzen und elenden Leben erzählt, verlieren sie höchstwahrscheinlich den Appetit.
    Ich will gar nicht weiter ins Detail gehen. Das lenkt mich nur ab. Es lohnt sich nicht, über Dinge nachzudenken, die ich sowieso nicht ändern kann. Aber behaltet mal das eben erwähnte Bild im Kopf, wenn ihr folgende Worte hört:
    Loch im Boden.
    Ketten.
    Stammzellen.
    Gerinnungshemmende Mittel.
    Brutkästen.
    Infusionsschläuche.
    Schlagstöcke.
    Vampyre.
    Kälberzucht.
    Vergewaltigungsfabriken.
    Ein ziemlich deutliches Bild, oder? Das erklärt vielleicht auch die emotionalen Reaktionen mancher Leute. Aber das Beste kommt erst noch.
     
    Wir sind auch nur Menschen. Jedenfalls ist das meine Meinung. Menschen, die mit etwas infiziert wurden, das Blut zum Überleben braucht. Wir sind nicht böse. Jedenfalls nicht mehr als alle anderen. Wir sind auch keine seelenlosen Finsterlinge. Klar, man gewöhnt sich an vieles, um zu überleben. Und wenn man genug Adern angezapft hat, gewöhnt man sich auch daran. Aber wenn ich die Leute um mich herum ansehe, dann denke ich nicht automatisch an Schlachtvieh. Das sind für mich Menschen, ganz klar. Und die Tatsache, dass ich nach denen Ausschau halte, die leichte Beute sind, macht sie nicht weniger menschlich.
    Allerdings muss ich bekennen, dass meine Meinung von der Menschheit insgesamt nicht allzu hoch ist.
    Digga ist ebenfalls ziemlich menschlich. Er ist ein übler Schurke, liebt aber Hunde und Kinder und den ganzen Kram. Kein Wunder, dass er so aufgebracht war, als er erfuhr, dass das Blut, das er trinkt, nicht von vampyrliebenden Freiwilligen oder zumindest von kinderschändenden Ku-Klux-Klan-Mitgliedern stammt.
    Er ist eben ein sensibler Mensch.
    Fragt sich nur, weshalb er so empfindlich reagiert.
    Ich für meinen Teil war in diesem Loch. Ich hab’s gesehen. Und überstanden, ohne mir das verbliebene Auge auszustechen. Und ich hab mich nicht groß darüber beschwert.
    Aber Digga wird schon wissen, was er tut.
     
    – Welche Farbe?
    – Ich kann dir nicht ganz folgen.
    Er deutet mit dem Finger auf mein

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