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Ausgesaugt

Ausgesaugt

Titel: Ausgesaugt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Huston
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Nonne erinnern, die’s mir beigebracht hat. Hat mir die Knöchel ungefähr hundertmal mit dem Lineal zu Klump geschlagen und ich konnt’s immer noch nicht richtig buchstabieren.
    Er seufzt.
    – Das war vielleicht ein Miststück. Hab sie umgebracht, jawohl. Ist für ihre Sünden gestorben, weil sie so gemein zu uns Kindern war.
    Er knufft mir mit dem Ellbogen in die Rippen. Ich muss tief Luft holen. Immerhin hat er mir keine weiteren gebrochen.
    – Kapiert, Joe?
    Er lacht.
    – Ist für ihre Sünden gestorben. Oh Mann, wenn’s einen Herrgott gibt, wird er jetzt bestimmt sauer sein auf mich wegen dem Spruch.
    Sein Lachen wird leiser.
    – Also, ungestüm war er. Montaigne und seine Leute stürmten rein, haben ’nen Streit vom Zaun gebrochen, und dann wurde es etwas ungemütlicher. Erst war’s eine Rauferei, dann eine Schlägerei, dann ein Tumult.
    Er schüttelt den Kopf.
    – Und dann ein Massaker.
    Er schiebt sich mit dem Hammerstiel die Hutkrempe aus der Stirn.
    – Die Revolverblätter zu jener Zeit, die haben sich wie die Geier draufgestürzt. Gangstermorde im Sündenpfuhl. Das hat ihnen gefallen. Hatten ja keine Ahnung, was das erst für Schlagzeilen gewesen wären, wenn sie nur ein bisschen nachgebohrt hätten. Aber nein, die waren mit dem Offensichtlichen zufrieden, weil nämlich alle Reporter stinkfaul sind. Montaigne jedenfalls hatte von denen oder von den Cops nichts zu befürchten. Aber echte Gangster, die gab’s auch. Typen mit .45ern in der Hose und ’nem Geigenkasten unterm Tisch, wenn du mir folgen kannst.
    Er hält den Vorschlaghammer wie ein Maschinengewehr und bewegt den Oberkörper hin und her.
    – Rat-a-tat-tat-tat-tat.
    Er reibt sich den Magen.
    – ’n Bauch voll Blei ist keine schöne Sache. Hätte Montaigne aber viel Ärger erspart.
    Er runzelt wieder die Stirn.
    – Stattdessen haben ich und Terry uns um ihn gekümmert. Er hatte damals ’ne Bude in der Mott Street. Kleines Liebesnest mit ’nem Flittchen namens Eileen, wenn ich mich recht erinnere.
    Er zwinkert mir zu.
    – An die Hübschen kann ich mich immer erinnern, Joe. Egal, wie lang es schon her ist.
    Er hebt die Schultern und lässt sie wieder sinken.
    – Ein Jammer, dass wir sie zusammen mit Montaigne um die Ecke bringen mussten. Ging aber nicht anders, musste ja authentisch wirken und so.
    Er legt sich den Hammer auf die Schultern und trabt neben mir her.
    – Er hat wohl eine Arschbombe zu viel hingelegt. Hätte er ein bisschen langsamer gemacht, wär’ er heute vielleicht noch unter uns. Is’ nicht wahrscheinlich, aber möglich. Und obwohl keiner spitzgekriegt hat, was er und seine Kumpels in Wahrheit waren, haben sie einfach zu viel Lärm gemacht. Zu viele Revolverblattgeschichten, zu viele Schlagzeilen. Früher oder später hätten die Bullen eingreifen müssen. Die hätten angefangen, Fragen zu stellen, und damit wär’ ja keinem gedient gewesen. Ich und Terry hatten ja auch paar Geschäfte am Laufen, und Montaigne war einfach nur lästig. Das war ja das Gute damals: Man konnte ’nem Kerl ein paar Kugeln verpassen und ihn einfach im Rinnstein liegen lassen. Die Presse hatte ihre Schlagzeile und Ende der Geschichte.
    Er macht einen schwungvollen Schritt und erzeugt damit eine kleine Flutwelle.
    – Aber heute, Joe, heute nehmen die Geschichten kein gutes Ende mehr.
    Er deutet mit dem Hammer auf mich.
    – Du willst wissen, was es Neues gibt? Kann ich dir sagen. Im Fernsehen heißt es, Serienkiller würden in Manhattan umgehen. Nicht nur einer, sondern ein ganzes Team. ’ne Serienkillergang. Solche Geschichten müssen sie sich ausdenken, weil sich die Bullen auch keinen Reim drauf machen können. Von den Schlagzeilen in der Post will ich mal gar nicht anfangen.
    Er schüttelt den Hammer in Richtung der gewölbten Tunneldecke.
    – Mann, diese Spannungen, dieser Stress, das bringt jeden an seine Grenzen. Wir schaffen’s einfach nicht mehr, alle Leichen verschwinden zu lassen und alle Zeugen zum Schweigen zu bringen. Das ist ’ne Riesensauerei. Diese Story wird kein gutes Ende nehmen, nicht, solange es nicht ’ne bessere gibt. Jetzt sag mir, Joe.
    Er tippt mit dem Hammer gegen meine Schulter.
    – Jetzt sag mir, Joe, was ist ’ne bessere Story als ’ne Serienkillergang ? Wir, Joe. Wir sind die einzige Story, die noch besser ist. Diese Story stirbt nicht so schnell. Jedenfalls keines natürlichen Todes.
    Er schlägt mit der Hand durch die Luft.
    – Das gibt’s Neues, Joe. Heulen und Zähneklappern. Aber

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