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Ausgesaugt

Ausgesaugt

Titel: Ausgesaugt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Huston
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einen Vergleich?
    In Wahrheit treibe ich mitten auf offener See, klammere mich mit letzter Kraft an ein Stück Treibholz und suche verzweifelt nach einem Segel am Horizont. Aber sobald man mir ein Seil zuwirft und mich an Deck holt, werde ich die Mannschaft umbringen, das Steuer übernehmen und genau dorthin fahren, wo ich hinwill.
    In der Zwischenzeit halte ich mich gut fest, peile die richtige Richtung an und schwimme drauflos.
    Volle Kraft voraus.
    Der Wurm kann schwimmen. Habt ihr das nicht gewusst?
     
    – Was gibt’s Neues, Hurl?
    Er krempelt das Hosenbein noch weiter rauf.
    – Was es Neues gibt? Die Welt ist hart und ungerecht, Joe. Nix für Leute wie dich und mich. Nix für Gentlemen.
    Meine Hose bleibt unten. Schließlich bin ich nicht so ein Sensibelchen wie Hurley.
    – Nein, ich meine, wie ist die Lage? Ich bin ja erst seit ein paar Stunden wieder hier. Ich blick noch nicht richtig durch.
    Er steht auf. Er hat die Hose bis über die Knie gekrempelt. Braune Socken spitzen aus seinen dicksohligen Lederstiefeln.
    – Tja, wundert mich nicht. Selber schuld, hast dich ja auch lange nicht blicken lassen.
    Terry marschiert die Formation entlang, drängt sich an seinen und Lydias Leuten vorbei, klopft auf Schultern und verliert ein paar aufmunternde Worte. Bereitet die Truppe auf das große Gemetzel vor.
    – Joe.
    – Terry.
    Er schaut auf die Uhr.
    – Du hast gesagt, Predo würde nach Mitternacht losschlagen.
    – Hat er zumindest behauptet.
    – Jetzt ist es Mitternacht.
    – Dann sollten wir uns lieber beeilen.
    Die Keller der Lower East Side sind ein Labyrinth aus illegalen Ausschachtungsprojekten, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreichen. Die Keller wurden ausgehöhlt, erweitert, unerlaubterweise und unter Missachtung jeglicher Sicherheitsvorschriften über Grundstücksgrenzen hinweg ausgedehnt. Egal, durch welche der maroden Ziegelmauern man bricht, man gerät mit Sicherheit in ein weiteres Labyrinth. Ist die Wand allerdings feucht, gelangt man entweder in einen alten Abwasserkanal – oder man wird von einem Wasserstrahl glatt in der Mitte zersägt. Dann hat man ein Rohr erwischt, in dem genug Druck herrscht, um Tausende von Litern Wasser sechs Stockwerke hochzupumpen. Um das zu vermeiden, ist es ratsam, das Ohr an die Mauer zu legen und auf das Dröhnen des Wassers in der Leitung zu lauschen. Wenn kein Rauschen zu hören ist, kann man anfangen, die Wand einzureißen.
    Hinter der Wand vor mir ist nichts als ein leises Gurgeln zu vernehmen. Ich könnte mich aber auch täuschen, immerhin bin ich gesundheitlich nicht ganz auf der Höhe. Daher trete ich einen Schritt zurück und mache eine einladende Geste.
    – Nach dir, Hurl.
    Er tätschelt den Kopf seines Vorschlaghammers.
    – Ich bin ja nicht von der schüchternen Sorte, Joe, aber die Ehre gebührt ganz dir.
    Terry tritt zurück.
    – Das ist deine Show, Joe.
    Ich betrachte die Wand, zu der ich sie geführt habe, nachdem wir in einen Keller neben dem Society-Hauptquartier durchgebrochen und dann mit Hilfe eines Kompasses, den Terry mir geliehen hat, Richtung Osten marschiert sind.
    – Meine Show. Und nicht mal ein Bühnenvorhang, den man aufziehen könnte.
    Ich stelle mich vor die Wand, strecke die linke Hand aus und stoße mit der Brechstange in der rechten zu, als würde ich den ersten Stoß beim Billard machen.
    Alles bleibt trocken.
    Ich deute auf das kleine Loch in der Wand.
    – Du kannst loslegen.
    Hurl schwingt den Vorschlaghammer, der in seinen Händen geradezu zerbrechlich wirkt, und lässt ihn gegen die Wand krachen. Ziegel fliegen durch die Gegend, wir werden in einen Regen aus Steinsplittern und trockenem Mörtel gehüllt, und schon bald hat er ein Loch von der Größe eines Mülltonnendeckels in das Mauerwerk geschlagen.
    Hurley deutet auf das Wasserrohr, das jetzt in der rechten Ecke des Lochs zu sehen ist.
    – Das war verdammt knapp, oder?
    Ich betrachte eine Delle im Rohr.
    – Viel hat nicht gefehlt.
    – Seid ihr beiden Bauingenieure jetzt endlich fertig oder was? Wir müssen weiter.
    Wir drehen uns zu Lydia um, die sich das Schauspiel wohl ebenfalls nicht entgehen lassen wollte.
    Ich deute mit dem Daumen auf das Loch.
    – Wollten nur ausmessen, wie knapp wir am Tod vorbeigeschrammt sind.
    Sie schüttelt den Kopf, tritt gegen ein paar Ziegelsteine und steigt dann durch das Loch in den knöchelhohen Schlamm der Überlaufrinne dahinter.
    – Das solltest du dir lieber nicht zur Gewohnheit machen, Joe, sonst kommst du aus dem

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