Ausgesaugt
blutigen Strängen. Die Säuglinge. Die Männer, die ich töte und mir wünsche, ich könnte die Kugeln zurück in die Waffe stopfen, um sie nochmal umzubringen. So richtig schön langsam. Denn tot ist tot, und sie hatten so viel mehr verdient als ein schnelles Ende durch meine Hand. Ich stehe vor diesem Loch und höre ein Keuchen aus der Tiefe, ein Atmen zwischen den Bissen. Der Wurm ist da unten in diesem Loch, frisst sich selbst und verbreitet seinen Wahnsinn wie eine Krankheit. Und dann denke ich: Es gibt gar keine Monster auf dieser Welt. Nur uns.
Beim fünften Finger denke ich an Amandas Büro und ihre kleine Diashow. Wie sie mir den Ursprung allen Lebens erklärt hat. Das Vyrus vereinigt sich mit einem Bakterium. Wie lange so eine Idee in meinem Kopf rumspuken muss, bis ich mir endlich einen Reim darauf machen kann. Bis ich begreife, was die Konsequenzen daraus sind. Ihr Gerede von diesem ERV-Zeug, dass unsere DNA teilweise aus Viren besteht, aber wir nicht alle das Vyrus in uns tragen. Jetzt kapier ich’s langsam. Wenn alles mit dem Vyrus angefangen hat, dann ist es nicht nur in uns, in den Menschen, sondern in allem Möglichen. Dann könnten in jeder DNA inaktive Vyruszellen sein, die nur drauf warten, aktiviert zu werden. Und wer weiß, was dabei rauskommt. Experimente, hat Phil gesagt. Die kleine Amanda steht also in ihrem Labor und aktiviert das Vyrus in allem, was da so kreucht und fleucht. Sie erschafft Monster, denke ich.
Und das war der letzte Finger.
Wir umrunden die Ecke und stehen vor dem langen, L-förmigen Korridor mit den Türen, von denen ein paar geöffnet sind. Das Ding, das ich umgebracht habe, liegt an der Wand gegenüber einer der geöffneten Zellen, das Ding unter dem Leichenberg zuckt noch im Licht der Minitaschenlampen, die sich Predos Männer unter die Läufe ihrer Waffen geklemmt haben. Bis auf das Geräusch unserer Schritte und unseres hektischen Atems ist es totenstill. Der Weg zum Loch ist frei, und wir können einer nach dem anderen in die Kanalisation hinuntersteigen. Klar, dass keiner der Letzte sein will, der durch das Loch klettert. Jeden Moment kann die Sirene wieder ertönen und die nächste Zellentür aufspringen.
Für einen Augenblick glaube ich tatsächlich das Vibrieren der Alarmglocke zu spüren, doch es sind nur unsere Herzschläge. Wir kommen näher und näher. Gleich kann ich mich hinlegen, den Kopf durch das Rohr stecken und Terry irgendwie klarmachen, dass er bloß nicht das Feuer auf Predos Leute eröffnen soll: Im Moment können wir jede zusätzliche Hand gut gebrauchen, Ter. Je mehr, desto besser. Noch ein paar Schritte, und ich kann ihnen Bescheid geben. Hoffentlich finde ich die richtigen Worte. So was wie: Nicht schießen! Monster!
Währenddessen rammt mir mein persönliches Monster, das Vyrus, die Zähne in die Eingeweide. Ich taumle, und der Typ hinter mir läuft in mich rein. Predo packt mich am Kragen.
– Pitt!
Ich versuche ja, die Füße zu bewegen, aber es fühlt sich an, als hätte mir etwas die Beine abgebissen und ich würde meine Eingeweide hinter mir herschleifen.
Dann lassen die Zähne von mir ab, ich spüre meine Beine wieder und ich bin fast an der Abflussröhre, als etwas unter uns explodiert. Hurley bricht in einem Regen aus Steinen, Mörtel und rostigem Eisen durch den Kellerboden, Vorschlaghammer in der einen, .45er in der anderen Hand. Die Öffnung der Röhre ist jetzt viel größer, so dass man die anderen dahinter erkennen kann. Er landet auf den Beinen und fängt an zu schreien.
– Verrat! Beschissener Verräter!
Die fast greifbare Spannung in der Luft entlädt sich endlich, als die Sirene erneut ertönt. Türen öffnen sich, und aus einer schießt ein gelber Schatten direkt auf Hurleys Brust zu. Das Ding hat die Ausmaße eines großen Hundes und wird ein Loch in seine Lunge reißen, wenn es auf ihn trifft. Was nicht geschieht – denn Hurley schlägt es mitten im Sprung mit seinem Hammer aus der Luft. Ein gewaltiger Hieb, der den Hammer zerbrechen lässt und die Kreatur glatt halbiert. Die Teile werden durch den Keller geschleudert und verspritzen dabei gelbes Blut, das nach krankem Vyrus stinkt, sie klatschen gegen die Wand und fallen auf den Boden.
Hurley schwingt den zerbrochenen Hammergriff.
– Heilige Scheiße!
Dann greifen weitere Monster an.
Und alle schießen auf alles.
Durch die Kamera über dem kleinen roten Punkt kann Amanda Horde das ganze Spektakel beobachten. Wir sind nicht wehrlos, hat sie gesagt.
Ich
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