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Ausgesetzt

Ausgesetzt

Titel: Ausgesetzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James W. Nichol
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Walker?«
    Walker zögerte.
    »Soll heißen, du bist noch nie Taxi gefahren, stimmt’s, Walker?«
    »Nein.«
    »Und du hast mit Alphonso Piattelli gesprochen, stimmt’s?«
    »Stimmt.«
    »Mit Alphonso Piattelli solltest du lieber nicht sprechen. Alphonso Piattelli ist eine Gefahr für die Allgemeinheit, sich selbst eingeschlossen. Wenn es einen Preis für ›wandelndes Unheil‹ gäbe, hätte Alphonso ihn schon vor Jahren gewonnen. Verstehst du, was ich meine, Neuer?«
    »Walker«, erinnerte er sie. »Aber er ist doch der Boss, der Inhaber, oder?«
    Noch längere Stille.
    »Na, das steht jedenfalls auf dem Schild vorn am Haus«, fügte er hinzu, etwas kleinlaut, wie ihm schien.
    »Wieviel hast du bis jetzt verdient?«
    »Ich habe gerade erst angefangen.«
    »Weißt du, wer ich bin?«
    »Nein«, antwortete Walker, und ich will es auch gar nicht wissen, dachte er, halt einfach die Klappe!
    »Ich bin die Nachtfunkerin. Weißt du, was das für dich bedeutet? Na, es bedeutet alles. Ich bin die, die entscheidet, wer was wann kriegt. Ich überwache den ganzen Funkverkehr. Du kriegst einen Dreck, du kriegst nicht einen müden Cent, dein Funkgerät ist tot, wenn ich das will. Verstehst du, was ich meine, Neuer? Jetzt bring diesen Schrotthaufen zurück, so vorsichtig wie du kannst, dass sie dich nicht schnappen und uns die Lizenz entziehen, nur weil Alphonso denkt, er kann sich ein paar Mäuse extra ergaunern, und ich meinen Job verliere!«
    »Mr. Piattelli hat gesagt, ich soll einfach rumfahren und die Leute von der Straße auflesen.«
    Ein unheimliches Schweigen sickerte aus dem Funkgerät und breitete sich aus. Walker brach es als erster.
    »Na ja, ich könnte ja zurückkommen.«
    »Genau.«
    »Und, hm, nach wem frage ich dann?«
    »Krista Papadopoulos.«
    Walker parkte Nummer Neunzehn äußerst sorgfältig vor der Garage, stieg aus, stieß die schwere Eingangstür auf und ging hinein.
    Die Klimaanlage ächzte noch immer und blies kalte Luft in den Raum, aber anscheinend war niemand da. Dann bemerkte er einen blonden Haarschopf hinter dem Tresen.
    »Hi«, sagte er.
    Ein Kopf wurde sichtbar, und Walker schaute plötzlich in die aufregendsten hellblauen Augen, die er je gesehen hatte. Das Gesicht hatte etwas Puppenhaftes, als wäre sie eine Zeitreisende aus den zwanziger Jahren, mit dem Unterschied, dass sie nicht so stark geschminkt war. Auch trug sie ihr blondes, beinahe weißes Haar nicht kurz und streng onduliert, sondern es umrahmte ihr Gesicht in feuchten Kringeln, als wäre sie gerade aus der Dusche gekommen.
    Walker schätzte sie auf fünfundzwanzig, vielleicht dreißig – älter als er jedenfalls –, und fand, dass sie äußerst ungewöhnlich aussah, sehr attraktiv, fast sexy.
    »Bist du Krista? Ich bin der Neue.« Er lächelte.
    Sie fixierte ihn mit diesen auffallenden Augen. Das Telefon läutete. Sie stieß sich von der Tischplatte unter dem Tresen ab und schwebte wie von Zauberhand getragen davon.
    Walker trat an den Tresen. Jetzt sah er, dass sie im Rollstuhl saß. Sie drehte einen sauberen Kreis mitten in dem vollgestopften Verschlag und rollte zum Telefon.
    »A. P. Taxis«, sagte sie. »O. K.« Sie kritzelte etwas auf einen Zettel. »Zehn Minuten. Danke für Ihren Anruf.« Sie drehte sich zum Funkgerät. »Nick, wo bist du jetzt?« Krächzen. »Hab jemand zum Abholen, Yonge 1225, die stehen vor dem Haus. Genau. Hör mal, wenn du in der Gegend bist, kannst du mal vorbeischauen? Ich hab hier so ’nen Grünschnabel, vielleicht kannst du ihn mitnehmen?« Mehr Krächzen.
    Während sie telefonierte, betrachtete Walker sie, sehr darum bemüht, sie nicht anzustarren, sondern als Ganzes wahrzunehmen. Sie trug ein silberglänzendes Oberteil mit langen Ärmeln, das im einfallenden Licht des Fensters schimmerte. Und graue Hosen mit strengen Bügelfalten und Lackschuhe mit quadratischen Absätzen. Kleine silberne Ohrringe baumelten an ihren Ohren, eine dünne Silberkette lag auf der weißen Haut ihres Halses.
    Von der Taille aufwärts sah sie vollkommen normal aus – weich, ein bisschen pummelig, nett. Aber ihre linke Hüfte stand grausam vor, zog dadurch die andere Hüfte nach hinten und verdrehte ihr die Beine derart, dass es fast so aussah, als säße sie seitlich in ihrem Rollstuhl. Und sie war klein, höchstens einsfünfzig. Eine zerbrochene Puppe, dachte Walker.
    »Zehn-vier.« Sie schaltete das Funkgerät ab, wandte sich Walker zu, stieß sich ein wenig ab und segelte wieder zurück.
    »Das ist das am

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