Ausgesetzt
Sperrholzplatte gab langsam nach.
Walker warf den Hammer zu Boden, packte mit beiden Händen die Platte an und zog und zerrte daran. Die Platte, an einer Seite noch immer durch verbogene Nägel am Türrahmen befestigt, klappte mit lautem Gekreisch auf und hing jetzt schief herunter.
Nun sah sich Walker einer massiv aussehenden fensterlosen Holztür gegenüber. Sie war mit einem großen Vorhängeschloss und einem rostigen Riegel verschlossen.
Er blickte um sich. Ein kreisförmiges Sammelsurium von Steinen und Felsbrocken markierte die Grenze dessen, was früher einmal ein Hochbeet gewesen war. Er nahm den größten Stein, den er tragen konnte, auf den Arm, rannte auf die Tür zu und schleuderte ihn auf das Schloss.
Die Tür erbebte verheißungsvoll, aber das Schloss hielt stand. Walker hob den Brocken noch einmal hoch, diesmal nach Art der Kugelstoßer, und rannte noch einmal auf die Tür zu. Als der Stein gegen das Schloss krachte, lösten sich die unter dem Riegel verborgenen Schrauben. Die Tür schwang nach innen und knallte mit herzerfrischendem Getöse gegen die Wand.
Im Haus war es dunkel. Die Sonne malte einen hellen Fleck auf die verblichene Fußmatte vor der offenen Tür. Eine Windjacke und ein Strohhut hingen von den Kleiderhaken an der Wand.
Walker betrat das Haus. Vor sich sah er eine schmale Diele, die sich anscheinend zur Front des Hauses hin verbreiterte. Durch das Oberlicht über der zugenagelten Vordertür fiel Licht schräg in den Raum.
Er lauschte. Das Haus knarrte im Wind. Er spähte in ein Zimmer zu seiner Rechten.
In dieses Zimmer kam mehr Licht. Durch Schlitze zwischen den Brettern, mit denen die Fenster vernagelt waren, und um diese Bretter herum stahl sich Sonnenlicht herein. Ein großer gusseiserner Herd stand am anderen Ende des Raums neben einem kleineren weißen Elektroherd neueren Datums. Ein langer Holztisch mit Stühlen füllte die Mitte des Raums aus. Auf dem Tisch standen eine Teekanne und eine Kaffeekanne, und neben der Spüle standen zwei gespülte Gläser kopfüber zum Trocknen auf einem Geschirrtuch.
Alles in diesem Raum – auch der Raum selbst, wegen des grauen Lichts – erinnerte Walker an eine Szene aus einem Schwarzweißfilm.
Er drückte auf einen Lichtschalter. Nichts geschah. Er ging hinüber zur Spüle und berührte das Geschirrtuch, nur um sich zu vergewissern, dass es nicht feucht war. Es fühlte sich steif und trocken an.
Der Raum gegenüber der Küche war kleiner und hatte einen Kamin. Stöße von Zeitschriften stapelten sich auf Beistelltischen, die Regale waren voller Bücher. An den Wänden hingen Aquarelle von Städten und Seen und wildwachsenden Blumen. Und auch das erinnerte an einen Schwarzweißfilm. Ohne seine Fantasie groß anzustrengen, sah Walker die vierzehnjährige Lennie ins Zimmer kommen. Sie ließ sich auf das Korbsofa fallen, nahm eine der Zeitschriften zur Hand und blätterte darin.
Er wandte sich ab und ging durch die Diele zur Vorderseite des Hauses.
In einem der beiden vorderen Zimmer war ein Esstisch formell für acht Personen gedeckt. Leere Servierschalen und -schüsseln, angelaufene Silberplatten, Teller und Besteck lagen und standen an ihrem Platz. Saubere, vom Alter vergilbte Leinenservietten lagen hübsch gefaltet neben jedem Gedeck.
Das andere Zimmer sah so aus wie etwas, das Großmutter Devereaux Empfangszimmer genannt hätte. Die Einrichtung war hier zwar formeller als in dem Zimmer ohne Kamin, trotzdem wirkte es angenehm zwanglos, ja richtig sommerlich. Die Dame des Hauses schien das Kunststück vollbracht zu haben, ein gewisses Faible für das Viktorianische und den Wunsch nach Wärme und Gemütlichkeit unter einen Hut zu bringen.
Das war das Zimmer seiner richtigen Großmutter, dachte Walker, Großmutter Nuremborski.
Er schritt das ganze Zimmer ab, ging um die staubigen Tische, die Stühle mit den hohen Lehnen und die Sofas herum, um die Blumenständer aus Korbgeflecht mit ihren längst verdorrten Pflanzen. Spinnweben hingen in schmutzigen Schnüren von der hohen Decke. Spinnweben bedeckten Spiegel und Lampenschirme wie zarte Spitzen.
Namenlose Trauer erfüllte Walker.
Ein Telefon auf einem Beistelltisch erregte seine Aufmerksamkeit. Er hob den Hörer ab und hielt ihn sich ans Ohr. Stille. Ein abgerissenes Stück Zeitungspapier lag neben dem Telefon. Jemand hatte, wie in höchster Eile, eine Nummer daraufgekritzelt. Walker nahm den Fetzen Papier und steckte ihn in die Hemdtasche.
Er stand in der Diele und sah die
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