Ausgespielt
vor.«
»Wahrscheinlich.« Beinahe hätte ich ihm das Gerücht
anvertraut, das ich gehört hatte – dass Beck auf dem Sprung war und vermutlich in den nächsten Tagen verschwinden würde.
Doch die Vermutung war nie bestätigt worden, und ich hatte nicht das Recht, die Information weiterzugeben. »Natürlich ist immer noch denkbar, dass die Sache mit der Telefongesellschaft völlig korrekt war …«
»Nee, nee. Das glaube ich nicht.«
»Tja, tut mir Leid, dass ich Ihnen nicht helfen kann.«
»Was ist mit Reba? Ich versuche schon den ganzen Tag, sie zu erreichen.«
»Wahrscheinlich zu Hause. Sie hatte vorhin einen Termin bei ihrer Bewährungshelferin, aber jetzt könnten Sie es noch mal probieren.«
»Wenn Sie sie sprechen, sagen Sie ihr, sie soll mich anrufen.
Die Sache schlägt mir schon auf den Magen. Ich bin total durch den Wind.«
299
»Wissen Sie was? Ich spreche mal mit einem Freund von mir.
Mal sehen, was ich rausfinde.«
»Da wäre ich Ihnen dankbar. Aber passen Sie auf, was Sie sagen, wenn Sie bei mir anrufen. Und falls Sie inzwischen von Reba hören, richten Sie ihr aus, dass ich sie sprechen muss. Ich arbeite nicht gerne mit einer Schlinge um den Hals.«
»Lassen Sie sich nicht hängen«, sagte ich und zuckte angesichts meiner Wortwahl zusammen.
Nachdem er aufgelegt hatte, rief ich bei Cheney zu Hause und im Büro an und hinterließ jeweils eine Nachricht. Ich versuchte es auch auf seinem Pager, wo ich in der Hoffnung auf einen Rückruf meine Privatnummer eingab. Marty geriet langsam in Panik, was ihn ebenso unberechenbar machte wie Reba, nur noch verletzlicher.
Den Abend verbrachte ich auf dem Sofa, wo ich vor mir ein Buch aufgestellt hatte und zu lesen vorgab, während ich auf Cheneys Anruf wartete. Ich fragte mich, wo er war, und ob er immer noch wütend auf mich war. Ich musste unbedingt mit ihm über Marty reden, aber noch mehr sehnte ich mich nach Körper-kontakt. Mein Körper erinnerte sich mit einem unterschwelligen Verlangen an seinen, das jegliche Konzentration unmöglich machte. Bevor er auf der Bildfläche erschienen war, hatte ich in einer Art Neutralmodus gelebt – ich sprühte nicht gerade vor Lebensfreude, war aber sicher nicht unglücklich. Jetzt fühlte ich mich wie eine junge Hündin, die zum ersten Mal läufig wird.
Eines der Probleme mit der Enthaltsamkeit ist, dass einmal wieder erwachte sexuelle Gefühle fast unmöglich zu
unterdrücken sind. Ich ertappte mich dabei, wie ich in Erinnerungen an das schwelgte, was zwischen uns geschehen war, und mir ausmalte, was als Nächstes passieren würde.
Cheney hatte eine Trägheit am Leib, eine natürliche
Geschwindigkeit, die etwa die Hälfte der meinen betrug.
300
Langsam begann ich zu begreifen, dass das ständige Laufen auf Hochtouren ein Mittel war, um mich selbst zu schützen. In beschleunigtem Tempo zu leben erlaubte mir, nur die Hälfte von allem zu empfinden, da die Zeit nicht reichte, um mehr zu fühlen. Ich liebte genauso, wie ich aß – begierig, den unmittelbaren Hunger zu befriedigen, ohne dem tiefer gehenden Verlangen gerecht zu werden, nämlich mich von innen heraus verbunden zu fühlen. Der Wahrheit auszuweichen war leichter, wenn man immer in Eile war. Bei schnellem Sex gab es genau wie bei Fast Food kein Auskosten einzelner Momente. Es gab nur den ungestümen Drang, es hinter sich zu bringen und sich der nächsten Aufgabe zuzuwenden.
Als um zehn das Telefon läutete, wusste ich, dass er es war.
Ich wandte den Kopf und lauschte, bis der Anrufbeantworter seine Stimme aufzuzeichnen begann. Dann nahm ich den Hörer ab. »Hey«, sagte ich.
»Selber hey. Du hast bei mir angerufen.«
»Vor Stunden. Ich dachte schon, du gehst mir aus dem Weg.
Bist du noch wütend?«
»Weswegen?«
»Gut.«
»Und du? Bist du sauer?«
»Ist nicht meine Art«, erwiderte ich. »Jedenfalls nicht auf dich.
Hör mal, wir müssen über Marty sprechen. Wo bist du denn?«
»Bei Rosie’s. Komm rüber.«
»Du willst mich einen halben Block allein zu Fuß gehen lassen? Es ist stockfinster draußen.«
»Ich wollte dir auf halbem Weg entgegengehen.«
»Warum gehst du nicht den ganzen Weg und kommst zu mir?«
»Das machen wir später. Fürs Erste finde ich, sollten wir uns hinsetzen und einander in die Augen schauen, während ich dir eine Hand unter den Rock schiebe.«
301
»Gib mir fünf Minuten. Ich ziehe solange die Unterwäsche aus.«
»Drei müssen reichen. Du hast mir gefehlt.«
»Du mir auch.«
Als ich die Tür
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