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Ausgespielt

Ausgespielt

Titel: Ausgespielt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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hinter mir abgeschlossen hatte und am Gartentor angelangt war, wartete er bereits auf der anderen Seite von Henrys schmiedeeisernem Zaun. Der Gehsteig auf seiner Seite lag eine Stufe tiefer als der Weg auf meiner, so dass ich mir groß vorkam. Die Nachtluft war kalt, und die Dunkelheit legte sich um uns wie ein Schleier. Ich schlang die Arme um seinen Hals. Er neigte den Kopf und fuhr mir mit den Lippen über Hals und Schlüsselbein. Die Zaunpfähle pressten sich wie kalte, stumpfe Speere gegen meine Rippen. Cheney rieb mir mit den Händen die Arme. »Du bist ganz kalt. Du hättest eine Jacke anziehen sollen.«
    »Ich brauche keine. Ich habe ja dich.«
    »Allerdings«, bestätigte er lächelnd. Er schob eine Hand durch die Zaunpfähle, fuhr mir mit den Fingern unter den Rock und zwischen die Beine. Er hielt den Atem an und stieß dann einen kehligen Laut aus.
    »Hab’s dir doch gesagt.«
    »Ich dachte, das war eine Metapher.«
    »Was wissen wir zwei schon von Metaphern?«, entgegnete ich und legte mein Gesicht an sein Haar.
    »Ich weiß das hier.«
    Nun stöhnte ich auf. »Wollten wir nicht zu Rosie?«, flüsterte ich.
    »Wollen wir nicht lieber reingehen und uns ins Bett legen, bevor wir uns noch an diesem Zaun aufspießen?«
    Um Mitternacht machten wir uns gegrillte Käsesandwiches –
    der einzige Moment im Leben, wo Schmelzkäse gar nicht so verkehrt ist. Ich ließ mich von der Kruste sogar ablenken. Sie 302
    war knusprig und mit Butter getränkt. »Ich frage das nicht gern«, begann ich, während ich noch kaute, »aber was hat Vince denn gesagt, als du ihm das von Reba und mir erzählt hast?«
    »Er hat sich die Finger in die Ohren gesteckt und laut gesummt. Die Neuigkeiten über den Zählraum haben ihn richtig begeistert. Er hat gemeint, er vermerkt es in den Akten und schreibt den Hinweis einem anonymen Anruf zu. Das Treffen mit Reba hat er für Donnerstag angesetzt.«
    »Schafft er es denn nicht früher? Er ist doch derjenige, der uns gesagt hat, dass Beck sich demnächst aus dem Staub machen will. Reba hat Angst, dass sie ihm über den Weg laufen könnte.«
    »Ich kann Vince darauf ansprechen, aber große Hoffnungen würde ich mir da keine machen. Der Nachteil bei einem Einsatz wie dem hier ist eben, dass er verdammt unflexibel ist. Reba muss sich nur unauffällig im Hintergrund halten.«
    »Sag du ihr Bescheid. Ich darf ja nicht mit ihr sprechen.«
    »Genau. Weil ich auf dich aufpasse.«
    »Was ist mit Marty? Für ihn ist das alles noch viel riskanter.
    Langsam bekommt er den Druck massiv zu spüren. Er ist überzeugt davon, dass sein Telefon abgehört oder eine Wanze in sein Haus geschmuggelt worden ist.«
    »Kann gut sein. Sag ihm, er soll uns anrufen, dann handeln wir etwas aus.«
    »Dazu ist er noch nicht bereit. Er sucht noch immer nach einem Ausweg aus der Klemme, in der er steckt.«
    »Was bilden sich diese Typen eigentlich ein? Halten die sich für so schlau, dass sie nie gefasst werden?«
    »Bis jetzt sind sie ja auch nicht gefasst worden.«
    303
    23
    Der Dienstagmorgen zog wie ein langer, langweiliger
    Nebelschwaden an mir vorüber. Egozentrisch, wie der Mensch ist, dachte ich, da mir nichts Besonderes passierte, würde auch niemand anderem etwas Besonderes passieren. Doch in
    Wirklichkeit spielten sich Dinge ab, von denen ich erst erfuhr, als es zu spät war, um etwas an Ursache oder Wirkung zu ändern. Mein Telefon klingelte um elf. Cheney bat mich, in der nächsten halben Stunde nicht wegzugehen, da ich mir etwas anhören sollte.
    »Hast du einen Kassettenrekorder?«, wollte er wissen.
    »Einen alten, aber er funktioniert mit normalen Kassetten.«
    »Der tut’s.«
    Eine Viertelstunde später kam er zur Tür herein. Während der Wartezeit hatte ich im Wandschrank nach dem Kassettenrekorder gesucht und eine frische Packung AA-Batterien aufgemacht. Als Cheney eintraf, war das Gerät betriebsbereit.
    »Was gibt’s denn?«
    Er legte die Kassette ein. »Das hier hat das FBI heute Morgen aufgeschnappt. Teilweise ist es schwer verständlich, aber die Techniker haben ihr Bestes getan.« Er drückte auf »Play«, und als Erstes ertönte diffuses Rauschen, unterbrochen vom Klingeln eines Telefons. Ein Mann nahm den Hörer ab, ohne sich mit Namen zu melden. »Ja?«
    Der Anrufer sagte: »Problem.«
    Sowie ich die Stimme hörte, warf ich Cheney einen Blick zu.
    »Beck?«
    Er drückte die Pausetaste. »Der Kerl, mit dem er spricht, ist Salustio Castillo. Es war der erste Anruf, den er getätigt hat, als er

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