Ausgespielt
Hotelklotz überragt. Abgesehen von den Spielkasinos schienen die meisten Läden darauf spezialisiert, Bargeld flüssig zu machen. Das vorherrschende Thema waren billiges Essen und Leihhäuser, und das Wort
»WAFFEN« stand groß auf zwei von sieben Schildern.
Ich quartierte mich in einem wenig reizvollen Motel im Herzen der Stadt ein, dessen Hauptattraktion darin bestand, dass es direkt neben einem McDonald’s lag. Nach dem Einchecken suchte ich mir den Weg zu meinem Zimmer im ersten Stock und stellte meine Reisetasche aufs Bett. Bevor ich wieder ging, schnappte ich mir das örtliche Telefonbuch, das in der Nachttischschublade lag. Ich ging nach unten, legte das Telefonbuch ins Auto und marschierte zu McDonald’s, wo ich mir einen Fensterplatz suchte und mir zwei doppelte
Cheeseburger gönnte.
Dem Straßenatlas vom Automobilclub zufolge lag Carson City
– der letzte bekannte Wohnsitz des verflossenen Robert Dietz –
nur dreißig Meilen weit weg. Wegen Cheney dachte ich ohne 350
Bitterkeit an Dietz, aber auch ohne großes Interesse. Während ich in Ketchup getunkte Pommes aß, schlug ich die Seite mit dem Stadtplan von Reno auf und suchte die Straße, in der Misty Raine angeblich zurzeit wohnte. Es war nicht weit weg, und so beschloss ich, als Nächstes dort vorbeizufahren.
Ich entsorgte meinen Müll und kehrte zum Wagen zurück. Den Stadtplan aufs Lenkrad gestützt, suchte ich mir den Weg. Er führte mich durch ärmliche Viertel mit Kiefern, Maschendrahtzäunen und einstöckigen Häusern mit Gips- oder
Backsteinfassade. Obwohl es schon sieben war, war das Licht noch ausreichend. Die Luft war heiß und trocken und roch nach Kiefernharz und den in den kalifornischen Waldbränden verkohlten Eichen. Die Temperaturen würden fallen, sobald die Sonne untergegangen war. Die Rasenflächen, an denen ich vorüberkam, waren vertrocknet und die Grashalme zu einem weichen Gelbbraun verdorrt. Dagegen waren die Bäume
erstaunlich grün, und ihr dichtes, gesundes Laub wirkte im unbarmherzigen, verwaschenen Beige der umliegenden Landschaft geradezu erfrischend. Vielleicht war all das darauf angelegt, die Spieler drinnen zu halten, wo einen grelle Farben blendeten, die Lufttemperatur stets konstant blieb und alles rund um die Uhr hell erleuchtet war.
Ich fand das Haus, das ich gesucht hatte – ein einstöckiger gelber Bungalow in Holzbauweise mit drei mickrigen Fenstern an der Vorderseite. Er hatte braune Zierleisten, und die Tür zu der Einzelgarage war mit Dreiecken in drei vertikalen Reihen verziert, mit Gelb auf Braun gemalt. Zerzauste immergrüne Eichen markierten die Hausecken, während aus den
Blumenbeeten entlang der Einfahrt vertrocknete Pflanzenstängel ragten. Ich parkte am anderen Ende der Straße, etwa vier Häuser weiter, von wo aus ich eine gute Sicht auf die Einfahrt hatte.
Wenn man jemanden überwacht, besteht immer die Gefahr, dass ein Nachbar bei der Polizei anruft und sich über ein verdächtiges Fahrzeug beschwert, das vor seinem Haus parkt. Um von mir 351
abzulenken, holte ich zwei orangefarbene Baustellenkegel aus dem Fußraum, ging nach hinten und machte die Motorhaube auf. Dann stellte ich die Kegel daneben, was für den Fall, dass jemand neugierig wurde, Motorprobleme vortäuschen sollte.
Neben dem Auto blieb ich stehen und musterte die anderen Häuser. Keine Menschenseele weit und breit. Ich überquerte die Straße und klingelte bei Misty. Nachdem drei Minuten lang nichts passiert war, klopfte ich. Keine Reaktion. Ich lehnte den Kopf an die Tür. Stille. Schließlich ging ich die Einfahrt entlang und inspizierte die mit einem Vorhängeschloss gesicherte Garage, die durch einen kurzen, überdachten Durchgang mit dem Haus verbunden war. Beide Garagenfenster waren
geschlossen und die Scheiben mit Farbe zugepinselt. Ich kehrte zur Vorderseite des Hauses zurück. Ein hölzerner Zaun auf der anderen Seite führte in einen deprimierend kahlen Garten.
Keinerlei Hinweise auf Haustiere, kein Kinderspielzeug, keine Gartenmöbel und kein Grill. Die Fenster zum Garten waren dunkel. Ich hielt die gewölbten Hände gegen die Scheibe und sah ein Arbeitszimmer vor mir, wie üblich ausgestattet mit Schreibtisch und Drehstuhl, Computer, Telefon und
Kopiergerät. Keine Spur von Misty oder Reba. Das enttäuschte mich, nachdem ich mir so sicher gewesen war, dass Reba bei ihr wohnte. Was nun?
Ich setzte mich wieder in meinen Käfer, richtete mich auf eine Wartezeit ein und vergnügte mich damit, die Gelben
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