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Ausgespielt

Ausgespielt

Titel: Ausgespielt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Rauchmelder und Sprinklerköpfe.
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    An den Spielautomaten war kaum Betrieb, aber weiter drinnen, hinter den Black-Jack-Tischen, gab es eine abgedunkelte Bar, an die sich auf einer Seite eine breite Bühne anschloss. Auf drei grell beleuchteten Plattformen präsentierten sich nackte Tänzerinnen, indem sie sich wanden, hin und her stolzierten und ihre körperlichen Vorzüge darboten. Nichts davon wirkte besonders scharf oder wild. Ich suchte mir einen Tisch ziemlich weit hinten, da ich mich unbehaglich fühlte. Die meisten Besucher waren Männer. Alle tranken, und die meisten beachteten die Brüste und Pos, die vor ihnen paradierten, wenig oder gar nicht.
    Misty war nirgends zu sehen, doch eine Bedienung namens Joy kam an meinen Tisch und legte eine Cocktailserviette vor mich hin. Paillettenbesetzte Plättchen im Format von Pfefferminztalern schützten ihre Brustwarzen vor unkeuschen Blicken, und über dem, was meine Tante Gin ihre »Scham«
    genannt hätte, trug sie ein glitzerndes Feigenblatt. Ich bestellte mir eine Flasche Bass Ale, in der Annahme, dass die
    Geschäftsleitung das nicht verwässern konnte. Als Joy mit meinem Bier und einem Körbchen voll gelb gefärbtem Popcorn zurückkam, bezahlte ich die fünfzehn Dollar, die auf der Rechnung standen, und gab ihr fünf Dollar Trinkgeld. »Ich suche Misty. Ist sie da?«
    »Sie zieht sich gerade um. Ihr Auftritt steht kurz bevor. Sind Sie eine Freundin von ihr?«
    »Nicht ganz, aber beinahe.«
    »Sagen Sie mir Ihren Namen, dann richte ich ihr aus, dass Sie da sind.«
    »Mein Name wird ihr nichts sagen. Eine Freundin einer Freundin hat gemeint, ich soll mich bei ihr melden, wenn ich in der Gegend bin.«
    »Wie heißt die Freundin?«
    »Reba Lafferty.«
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    »Lafferty. Ich sag’s ihr.«
    Ich nippte an meinem Bier und aß ein wenig von dem kalten, zähen Popcorn, froh über die Ablenkung, da ich mich nur minimal für den Anblick nackter Frauen erwärmen kann, die mir ihre Hintern entgegenschwenken, wenn auch nur aus der Ferne.
    Ich hatte mir üppige Körper in der Art von Showgirls vorgestellt, aber nur eine der drei besaß die erforderlichen fußballgroßen Möpse. Wahrscheinlich mussten die beiden anderen noch sparen.
    Misty hatte sich nicht direkt umgezogen, sondern lediglich die Kleider abgelegt, die sie auf dem Weg zur Arbeit getragen hatte.
    Ihre Beine waren nackt, und nur ein String und ihre Stilettos waren geblieben. Sie war groß und schlaksig, hatte
    pechschwarzes Haar, hervorstehende Schlüsselbeine und lange, dünne Arme. Im Gegensatz dazu besaß sie Brüste von geradezu sperrigen Ausmaßen – Brüste, die Rückenschmerzen
    verursachen und einen BH mit so festen Trägern erfordern, dass sie einem dauerhafte Striemen in die Schultern schneiden, die aussehen wie Felsspalten. Nicht dass ich mit einem solchen Schicksal geschlagen wäre, aber ich habe entsprechende Klagen von anderen Frauen gehört. Unvorstellbar, dass man solche Dinger freiwillig mit sich herumschleppte. Mistys Augen waren groß und grün, doch unter ihnen lagen dunkle Schatten, die nicht einmal das dicke Make-up verbergen konnte. Ich schätzte sie auf über vierzig, konnte aber nicht genau sagen, ob sie nun Anfang oder Ende vierzig war.
    »Joy sagt, Sie sind eine Freundin von Reba.«
    Mir war unklar, wie man sich unter Stripperinnen korrekt begrüßte, und so stand ich auf und schüttelte ihr die Hand.
    »Kinsey Millhone. Ich komme aus Santa Teresa.«
    »Genau wie Reba«, bemerkte sie. »Wie geht’s ihr denn immer so?«
    »Ich hatte gehofft, das könnten Sie mir sagen.«
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    »Da kann ich Ihnen nicht weiterhelfen. Ich habe Reba seit Jahren nicht gesehen. Sind Sie auf Urlaub in Reno, oder worum geht’s?«
    »Ich bin auf der Suche nach Reba.«
    Eine von Mistys Schultern wanderte in einem angedeuteten Zucken nach oben. »Soweit ich zuletzt gehört habe, ist sie im Gefängnis. California Institution for Women.«
    »Nicht mehr. Sie ist am zwanzigsten dieses Monats entlassen worden.«
    »Ehrlich? Mann, schön für sie! Ich muss ihr mal schreiben.
    Die reale Welt ist ein richtiger Schock, wenn man nicht mehr daran gewöhnt ist«, erklärte sie. »Ich hoffe, sie schafft es.«
    »Die Chancen stehen schlecht. Zuerst hat sie sich ganz gut gehalten, doch in letzter Zeit ist es nicht mehr so toll gelaufen.«
    »Tut mir Leid, das zu hören, aber warum kommen Sie zu mir?«
    »Nur so eine Idee.«
    »Seltsame Idee. Ich arbeite erst seit einer Woche hier. Es ist mir ein Rätsel, wie Sie mich gefunden

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