Ausgetanzt
gemeinsam?«
Sieglinde nickte Peri zu, die folgsam einen Schreibblock und
bunte Stifte aus der Tasche zog.
»Hm. Sie sind unabhängig«, Berenike stützte die Hand grübelnd
auf, »sie haben Karriere gemacht. Aber sonst …«
»Das könnte es sein. Ein Täter, der sich selbst wie ein armes
Würschtl fühlt. Einer, der mit Frauen nicht kann – der nicht will, dass Frauen
sich wehren können. Dass sie ins Frauenhaus flüchten können. Dass sie Karriere
machen.«
»Aber Caros Karriere war vorbei.«
»Trotzdem. Sie war mal richtig gut und hat sicher einiges
verdient. Man müsste herausfinden, weshalb sie aus L.A. weg ist.«
»Ja, ich habe mich auch immer gewundert.«
»Hat schon jemand in Amerika nachgeforscht?«
»Nicht, dass ich wüsste.« Horst hatte sich nicht mehr
gemeldet. Alles Blenderei, seine angebliche Quelle im Land der Cowboys.
»Wenn du einverstanden bist«, Peri schlürfte genüsslich am
Tee, »mhm, lecker, hätte ich gar nicht erwartet. Also, dann werden wir in
Amerika nachbohren.«
»Gute Idee.« Sollte der Mörder auf amerikanischem Boden gefunden
werden, umso besser. Wenngleich dann ein anderer Selma und Frau Starkmann auf
dem Gewissen haben musste. Berenike seufzte.
»Nach Amélie halten wir auch Ausschau und natürlich versuchen
wir, Denise aufzutreiben.«
»Ja. Danke. Fahrt ihr bitte auch bei Rita vorbei?
Wahrscheinlich hat sie ein Engagement als Tänzerin, aber ich mach mir Sorgen.«
»Klar, dass man es mit der Angst zu tun bekommt. Bei drei
ermordeten Frauen.«
Müde schloss Berenike bald darauf
den Salon ab, nachdem die Detektivinnen sich verabschiedet hatten. Ihr Blick
fiel auf die Kuckucksuhr, die sie immer noch nicht repariert hatte. Sie ging um
die Ecke zu ihrem Motorrad und erstarrte. Etwas Rotes war da an der Fassade
ihres Lokals. Brennend rote Buchstaben. ›Wir ficken euch alle‹, hatte jemand an
die Wand gemalt. Die Farbe tropfte noch ein wenig. Was für eine Sauerei. Ebenso
rot flammte die Wut in Berenike auf, dass sie glaubte, gleich zu zerspringen.
Dazu gesellte sich … nein, Angst würde sie nicht mehr zulassen. Jetzt nicht!
Das hier musste getan worden sein, während sie seelenruhig nur ein paar Meter
weiter mit den Privatdetektivinnen gesprochen hatte. Sie hatte sich endlich ein
wenig sicherer gefühlt, ein bisschen nur. Damit war es sofort wieder vorbei.
Sie stolperte rückwärts, zu ihrem Motorrad, konnte die Augen nicht von der
Fassade lenken. Jemand berührte sie von hinten, sie kreischte und dann …
Dann packte sie jemand gewaltsam an der Schulter. »Ja,
schau’s dir nur an!«, raunte eine Stimme an ihrem Ohr. Sie versuchte den Kopf
zu drehen, doch der Typ hielt sie zu fest gepackt. Eine vermummte Gestalt, die
Stimme eindringlich, aber undeutlich durch den schwarzen Schal zu vernehmen.
»So wird es euch allen gehen!«
Sie stand und starrte, während dieser Mensch sie plötzlich
losließ. Sie taumelte und hörte Schritte, der Übeltäter lief weg! Und lachte!
Das erinnerte sie doch an wen …
Berenike rannte zum Motorrad, startete. Sie fühlte sich ganz
durcheinander. Sven – ihn hatte sie mit einer Spraydose in der Hand in Ischl
gesehen! Dann war er also wieder im Lande. Sie sah sich um, konnte aber
niemanden mehr auf der Straße sehen.
Sie war so müde. Ihr Weg führte sie wie üblich durchs
Ortszentrum den Berg hinauf. Niemand außer den Katzen würde sie daheim
erwarten. Sie dachte an Jonas, ob er und sie … ob sie sich wiedersehen würden.
Nach einem dermaßen intensiven Tag spürte sie die Einsamkeit. Jonas anrufen,
natürlich. Vielleicht ließ sich die Sache bereinigen, bereden und neu beginnen.
Sie spürte das dringende Bedürfnis, ihm von diesen ekelhaften Schmierereien,
von dem Vermummten zu erzählen.
Etwas gefasster fuhr Berenike weiter Richtung Lichtersberg.
Gleich war sie da, gleich würde sie die Haustür aufsperren, sich an Frau
Gasperl vorbeidrücken, dann die Katzen begrüßen, die Dusche aufdrehen und …
Berenike stutzte. Irgendwas hatte sie an dem alten Holzhaus
irritiert, an dem sie meist achtlos vorbeifuhr. Es war etwas verwahrlost, die
Äste eines hohen alten Baumes verdeckten den Blick zu einem großen Teil. Auch
der Garten insgesamt wirkte verwildert. Die meiste Zeit des Jahres sah das
Grundstück unbewohnt aus, aber das war im Ausseerland auch nicht so
ungewöhnlich, schließlich gab es hier viele Zweitwohnbesitzer. Zum Verkauf
stand das aber nicht, so viel wusste sie. Die Bremsen quietschten, sie drehte
um, fuhr ein
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