Ausgetanzt
die Sieger. Aber natürlich auch von
unterlegenen Kämpfern. Heute fanden vor den erhaltenen alten Säulen Konzerte
oder Theateraufführungen statt. Auf den steinernen Sitzrängen rekelte sich eine
graugetigerte Katze, die bei Berenikes Näherkommen weglief.
Weiter ging es durch die Altstadt, alles war sehr gemütlich.
Plowdiw war die erste Hauptstadt Bulgariens gewesen und ursprünglich von den
Thrakern auf drei Hügeln gegründet worden. Verwinkelte Gassen, holpriges
Pflaster, streunende Katzen, die sich von Berenike willig fotografieren ließen.
Überall befanden sich riesige Holunderbüsche, fast Bäume. Alles wirkte sehr entspannt.
Sie begutachteten das römische Stadion an der Fußgängerzone,
die Moschee daneben und auch das Standbild von Filip Makedonski, dem Vater
Alexanders des Großen, der die Stadt kurzzeitig erobert hatte. Bald nach seinem
Tod hatte sie jedoch wieder den Thrakern gehört. Die alten Häuser mit ihren
roten, blauen, weißen Fassaden begeisterten Berenike, einige gammelten vor sich
hin, viele waren wunderschön renoviert worden. Mit ihren vorspringenden
Veranden waren sie kaum höher als ein Stockwerk.
»Everything is so beautiful and green, amazing for a city«,
schwärmte Berenike, als sie bei den Überresten einer alten Burg hoch über dem
Fluss Maritsa ankamen. Sie sagte es, weil es ihr wirklich gefiel und weil sie
Svens Unfreundlichkeit ausgleichen wollte.
»Oh yes,
green. People like trees.« Von Irina erfuhren sie, dass die Menschen
hier gern Bäume pflanzten. »To make their life worth it.« Und dann erzählte
Irina eine alte Legende: Die Bulgaren seien bei der Verteilung der Natur zu
spät gekommen. Zum Trost gab ihnen
Gott ein Stück vom Paradies. »And that’s what it is: A piece of paradise.«
Sven lächelte kurz. Ellen hielt seine Hand.
»So, how do you feel?«, fragte Irina mit Seitenblick auf
Sven. Einen Augenblick Stille. Er ging weiter, Ellen an der Hand.
»I am so relaxed here«, antwortete Berenike stattdessen.
»You’re on
the Balkan«, lachte Irina. »And now, let’s have some coffee somewhere.«
»Or tea,
maybe? If it’s possible?«
»We’ll see
what we can do.« Irina blieb vor einem Café stehen.
Sven blitzte Berenike an. »Führ dich nicht so auf, du!«
Es war der erste vollständige Satz, den er in einer langen
Zeit sprach. Und damit fing der Horror an.
Dreißig
Mountain Tea
Beim Hotelfrühstück am nächsten Tag war Berenike
zeitig dran. Sie wurde gleich von einer Gruppe junger Leute freundlich
willkommen geheißen. Ob sie auch die Trade Fair, die Messe, besuche, wurde sie
befragt. Ein kurzes Gespräch entspann sich. Zwei Bulgaren hatten bereits in
Österreich gearbeitet.
Berenike bestellte ihr Frühstück, es gab sogar Tee zur
Auswahl, sie nahm English Breakfast Tea, dazu ein Omelette mit Schafskäse und
Tomaten. Lustvoll knabberte sie an der frisch zubereiteten Speise, die mit
frischen Kräutern bestreut war, Bohnenkraut stach geschmacklich hervor. Ellen
und Sven tauchten auf, als Berenike schon fertig war. Sie entschuldigte sich,
dass sie bereits gegessen hatte. Er sah wieder griesgrämig drein, diese
Missstimmung brauchte sie jetzt echt nicht. Sie wollte ein wenig spazieren
gehen, bis Ellen und sie um elf Uhr zu ihrem Ausflug in die Berge aufbrechen
wollten. Sven würde den Tag in der bulgarischen Niederlassung von Koromar
verbringen, da hatten seine Kollegen sicher Freude an ihm, so wie er sich gab.
Den Ausflug hatten die Frauen einiger ausländischer Mitarbeiter von Koromar organisiert.
Entspannt ging Berenike die Gassen entlang. Kleine alte
Häuser wechselten mit moderneren Gebäuden ab. Gras wuchs zwischen
Pflasterritzen, ein Hund kläffte sich, an einer Kette angebunden, die Seele aus
dem Leib. Sie hielt die Augen offen nach einem Supermarkt, fand aber nur einen
Minimarkt und besorgte sich eine Flasche Wasser.
Während sie in der kleinen Rezeption wartete, kam sie mit dem
Portier ins Plaudern. Sie unterhielten sich über Korruption, die schlechten
Straßen, das dafür vorgesehene Geld aus Brüssel, das verschwunden war. Der
›Kauf‹ von Posten in politischen Parteien. Um zehn nach elf kam Ellen, sie sah
ein wenig verunsichert aus, nicht mehr so rosig wie zuvor.
»Ellen, wie geht’s, ist alles ok?«
Ellen zuckte mit den Achseln. »Er ist so eifersüchtig, dass
ich noch wahnsinnig werde«, flüsterte sie Berenike zu und sah sich nach allen
Seiten um. »Stell dir vor, der macht mir eine Szene, weil ich angeblich dem
Kellner schöne
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